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© German LNG Terminal
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Erst der Überfall Russlands auf die Ukraine hat in Deutschland ein Umdenken bewirkt. Das jahrelange Hin und Her um ein deutsches Importterminal für LNG ist beendet. Drei Standorte an der Nordsee bewerben sich, zwei haben die Nase vorn[ds_preview]

Zuletzt hatte die Diskussion um deutsche LNG-Terminals an den Standorten Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Stade an Dynamik verloren, zu oft hatte es in den vergangenen Jahren große Ankündigungen gegeben, wichtige Partnerschaften waren geschlossen und wieder gelöst worden, Absichtserklärungen blieben ebensolche. Abgesehen von wirtschaftlichen und genehmigungstechnischen gab es auch klimapolitische Fragezeichen angesichts des fossilen Energieträgers Erdgas.

Als einziges europäisches Land mit Meereszugang blieb Deutschland ohneLNG-Import-Terminals, die Bundespolitik setzte lange Zeit lieber auf Pipeline-Gas aus Russland. In Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine Ende Februar soll Deutschland nun unabhängiger von Gasimporten aus Russland werde.

Gleich zwei LNG-Terminals sollen deshalb an der Küste entstehen, wie Bundeskanzler Olaf Scholz kurz nach Kriegsbeginn in einer Regierungserklärung ankündigte.

Als mögliche Standorte nannte er Brunsbüttel und Wilhelmshaven. Stade blieb ohne Erwähnung, die Landespolitik in Niedersachsen hält aber auch an dieser dritten Option fest.

Vor allem in Brunsbüttel setzt sich der Bund nun für eine schnelle Realisierung ein. Die Bundesregierung beteiligt sich über die staatliche Bank KfW mit 50 % an dem Projekt. Das unterstreiche »wie an keinem anderen Standort den Willen der Bundesregierung das LNG-Terminal in Brunsbüttel zu realisieren«, heißt es bei Brunsbüttel Ports. Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck führte kürzlich bereits vor Ort Gespräche mit den anderen Investoren des LNGTerminals, Gasunie (40 %) als Betreiber und RWE (10 %) als Projektpartner.

Der Bau des Terminals in Brunsbüttel soll nach Aussage von Habeck und nach dem Willen der Bundesregierung schnellstmöglich begonnen und umgesetzt werden. Die normalerweise langen Genehmigungs- und Bauphasen für ein solches LNG-Terminal sollen nach Aussagen von Robert Habeck so weit wie möglich verkürzt werden.

Geplant ist in Brunsbüttel ein Schiffsanleger mit zwei Anlegemöglichkeiten für Schiffe bis zur QMax-Größe sowie Anlagen zur Verteilung des LNG mit Tanklastern, Eisenbahnkesselwagen und kleineren Schiffen. Das Terminal soll über zwei Tanks mit einer Kapazität von jeweils 165.000 m3 sowie eine LNG-Regasifizierungsanlage verfügen. Insgesamt sollen jährlich bis zu 8 Mrd. m3 Erdgas in das Netz eingespeist werden.

2026 könnten hier die ersten LNG-Tanker anlegen. Eine Absichtserklärung mit Shell sieht vor, dass der Energiekonzern einen »substanziellen Teil« der Kapazität des Terminals in Brunsbüttel für den Import von LNG langfristig bucht. Perspektivisch soll die Anlage für den Import »grüner« Wasserstoffderivate wie Ammoniak umgerüstet werden.

Wilhelmshaven setzt auf FSRU

In Wilhelmshaven gibt es bisher keine staatliche Beteiligung, dennoch ist man auch hier weiterhin fest entschlossen, ein LNG-Terminal zu bauen. Projektpartner Uniper hatte das Vorhaben zuletzt auf Eis gelegt, wegen der eigenen Beteiligung an der Pipeline Nord Stream 2 schien der LNG-Import unwirtschaftlich. Mit dem Aus der Pipeline und der nun drängenden Diversifizierung der deutschen Gasversorgung hat sich das geändert. Uniper hat daher die Planung für ein LNG-Terminal in Wilhelmshaven wieder aufgenommen.

Uniper plant einen Anleger für eine Floating Storage and Regasification Unit (FSRU), die als schwimmendes Terminal, Lager und Regasifizierungsanlage dienen würde. Vorausgesetzt, ein solches Schiff steht zur Verfügung, ließe sich diese Lösung schnell realisieren. Ursprünglich sollte die japanische Reederei MOL die FSRU bestellen, die Partnerschaft wurde allerdings mittlerweile wieder gelöst.

Benötigt würde neben dem Anleger landseitig eine Leitung bis zu den Gaskavernen in Etzel, von wo aus Anschluss an das deutsche Gasnetz bestünde. Ende 2023 könnte man hier für den LNG-Import bereit sein, die angestrebte Kapazität wurde zuletzt mit rund 9,8 Mrd. m3 angegeben. Uniper will Wilhelmshaven zu einer »grünen Energiedrehscheibe« machen, mit grünem Ammoniakimport und einer Wasserstoffproduktion.

In Wilhelmshaven könnten sogar drei Terminals entstehen, drei Firmen sind hier auf dem Weg. Ein weiterer Akteur in Wilhelmshaven ist Nordwest-Ölleitungen (NWO). Das Unternehmen betreibt ein Ölterminal, das für den Gasimport umgerüstet werden müsste. Auch hier ist eine FSRU-Lösung angedacht.

Über die vorhandene Pipeline-Trasse könnte die Anlage an die Kavernen angeschlossen werden. Ein Planfeststellungsbeschluss liegt noch nicht vor, man rechnet in Wilhelmshaven aber damit, dass das schnell gehen würde.

Der dritte Akteur an der Jade ist Tree Energy Solutions TES. Das belgische Unternehmen plant ein Terminal für den Import von Wasserstoff, der in Form von LNG angeliefert wird, aus welchem dann Kohlenstoff abgeschieden wird, um wiederum Wasserstoff zu erzeugen. Was die Importanlagen angeht, ist es aber ein LNG-Terminal.

Hans-Joachim Uhlendorf aus dem Vorstand der Wilhelmshavener Hafenwirtschaftsvereinigung (WHV) erklärt: »Es sind drei Akteure, die aber nicht gegeneinander antreten, Bedarf besteht für alle, selbst wenn Brunsbüttel und Stade mit jeweils 8-12 Mrd. m3 Kapazität noch dazukämen.«

Stade bleibt im Rennen

In Stade will man ebenfalls möglichst schnell zur Umsetzung der Terminalpläne kommen. Bis Ostern sollen die Planungsunterlagen eingereicht werden.

Angesichts der »veränderten Marktsituation« hat die Projektgesellschaft Hanseatic Energy Hub (HEH) am 21. März auch ein »Expression of Interest«-Verfahren für LNG-Kapazitätsbuchungen gestartet. Der Gesellschafterkreis besteht aus Fluxys, der Partners Group und der Hamburger Buss-Gruppe.

Mit der geplanten Regasifizierungskapazität von 12 Mrd. m3 pro Jahr könnte das LNG-Terminal in Stade etwa 10 % des deutschen Gasbedarfs decken. Der Hub ist zunächst für LNG und kohlenstoffarme Energieträger wie Bio-LNG und synthetisches Methan ausgelegt. Im Zuge des wachsenden globalen Angebots soll er später auch für den Import von klimaneutralen Energieträgern wie Ammoniak zur Verfügung stehen. Ab Ende 2026 soll die erste Ausbaustufe fertig sein. Das Konzept sieht auch eine Lkw-Verladeanlage und einen Schiffsanleger zum Bunkern vor. Wegen der Nähe zum Fernleitungsnetz sieht sehen die Verantwortlich den Standort strategisch im Vorteil. Zudem gebe es durch den Industriepark

Stade mit den hier ansässigen Chemieriesen Dow bereits Erfahrung im Umgang mit verflüssigten Gasen.

Auch in Stade sieht man sich als Teileiner Lösung, die mehrere LNG-Importterminals umfassen müsste. Eine Sprecherin von HEH betont gegenüber der HANSA: »Jedes Projekt, das zügig einen Beitrag zur Sicherung und Diversifizierung der deutschen Energieversorgung leisten kann, ist jetzt wichtig. Russische Gaslieferungen nach Deutschland machen ca. 50 Mrd. m3/Jahr aus. Wenn wir davon unabhängig werden wollen, benötigen wir in Deutschland mindestens drei große LNG-Terminals und eine erhebliche Beschleunigung der Anstrengungen bei Energieeffizienz und Erneuerbaren-Ausbau.«

Reichen drei Terminals?

Deutschland hat nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums einen Gasbedarf von ca. 95 Mrd. m3 pro Jahr, russische Importe machten zuletzt mehr als 50 % aus. Die erst noch zu bauenden LNG-Terminals können also nur einen kleinen Teil des benötigten Volumens abdecken.

Zwar gibt es in direkter Nachbarschaft Deutschlands, in den Niederlanden, in Frankreich, Belgien und Polen, bereits LNG-Terminals und auch Möglichkeiten, dort angelandetes Gas nach Deutschland weiter zu transportieren.

Allerdings sind die Terminals mit zusammengenommen 40 Mrd. m3 durch die eigene Nachfrage der betreffenden Länder bereits gut ausgelastet. Freie Kapazitäten für Deutschland bestehen derzeit nicht.

Am besten mit LNG-Terminals ausgestattet ist in Europa die iberische Halbinsel, hier gibt es zwar noch freie Importkapazitäten, allerdings wären für eine Anbindung nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums »sehr umfassende und langwierige Verfahren« nötig, um eine Gasfernleitung über die Pyrenäen zu bauen. Gegen diese gebe es unter anderem in Frankreich starke Widerstände.

»Eine solche Anbindungsleitung ist daher kurzfristig nicht umsetzbar«, heißt es in Berlin. Mittelfristig müsse daher auf europäischer Ebene und gemeinsam mit Frankreich und der EU-Kommission eine Lösung gefunden werden. fs