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Die Zukunft ist blau – In der litauischen Hafenstadt Klaipėda entsteht ein Innovationszentrum der »Blue Economy«

Gastbeitrag von Gesine Meißner – Vorsitzende des nationalen Komitees der UN-Dekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung

Unserem Planeten geht es nicht gut.[ds_preview] Und es könnte ihm – und damit auch der Menschheit – in Zukunft noch deutlich schlechter gehen, wenn sich nicht bald etwas daran ändert, wie wir unsere Erde bewirtschaften. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei unseren Meeren zu. Sie bedecken rund 71% der Erdoberfläche und beinhalten 97% der weltweiten Wasserressourcen.

Wichtig ist deshalb eine nachhaltigere wirtschaftliche Nutzung dieses Ökosystems. In der Fachwelt hat sich dafür der Begriff »Blue Economy« etabliert. Gemäß der Weltbank entspricht sie der »nachhaltigen Nutzung der Meeresressourcen für wirtschaftliches Wachstum, Verbesserung der Lebensgrundlagen und Beschäftigung bei gleichzeitiger Erhaltung eines gesunden Meeresökosystems«.

Die litauische Hafenstadt Klaipėda will bei der Lösung dieser Zukunftsfragen eine entscheidende Rolle spielen. Schon heute ist der Standort ein wichtiger Player im Baltikum, wenn es um Themen wie nachhaltige Fischerei, moderne Aquakultur und innovative Nutzung von Bioressourcen geht. Mit dem Wissenschafts- und Technologiepark verfügt man zudem über ein in der Region wegweisendes Innovations-Zentrum für die »Blue Economy«.

Spezialisiert auf Dienstleistungen im blauen Technologiebereich, arbeitet man dort auf nationaler wie internationaler Ebene eng mit akademischen Einrichtungen, Unternehmen, öffentlichen Organisationen, Start-ups und Innovatoren zusammen. Konkret geht es den litauischen Initiatoren um die Förderung und Umsetzung neuer Cluster-Initiativen, innovativer Geschäftsmodelle und Prototypen sowie der Inkubation neuer Unternehmen.

Maritimes Wissenszentrum

Damit den Plänen möglichst schnell Taten folgen, hat Klaipėda viel Geld in solide Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und in sein maritimes Wissenszentrum investiert. Den Nukleus dieses Wissenszentrums bildet die Universität Klaipėda. Mit einem Drei-Stufen-Plan will man zum Gelingen beitragen. Im Kern geht es um die Bereiche »Bildung & Training«, »Wissenschaft & Innovation« sowie um »Kooperation mit Industrie und Stakeholdern«. Die damit einhergehenden Programme reichen von Trainingsangeboten für Führungskräfte aus der Blue Economy, die Einbindung von Industrie-Partnern in den Lehrbetrieb, das Aufsetzen von bis zu 100 themenbezogenen nationalen und internationalen Forschungsprojekten pro Jahr bis hin zur Entwicklung konkreter Problemlösungen bei der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung.

Dass Klaipėda mit seiner »Blue Economy«-Strategie auf das richtige Pferd setzt, beweist eine Studie des World Wide Fund For Nature. Der WWF taxiert die aktuellen Vermögenswerte der »Blue Economy« auf 24,2 Bill. $. Davon entfallen 6,9 Bill. $ auf direkte Leistungen, etwa aus der Seefischerei, und 17,3 Bill. $ auf indirekte Leistungen, wie die Bereitstellung von Schifffahrtswegen und produktiven Küstenlinien sowie den Schutz des Klimas durch die CO₂-Speicherung. Die wirtschaftliche Wertschöpfung der Blue Economy beträgt demnach mindestens 2,5 Bill. $ pro Jahr. Wäre sie eine eigene Volkswirtschaft, so stünde sie in Bezug auf ihre Größe weltweit an achter Stelle.

Rasantes Wachstum

Schätzungen der Europäischen Union zufolge könnte die »Blue Economy« bis zum Jahr 2030 doppelt so schnell wachsen wie herkömmliche Volkswirtschaften. Der überwiegende Anteil der Investitionen in diesen Bereich stammt bislang aus dem öffentlichen Sektor und wurde auf gesetzlichem Wege eingeführt. Es gibt jedoch zunehmend Forderungen, bei der Finanzierung der nachhaltigen Nutzung der Meeresressourcen stärker auf den privaten Sektor zu setzen, um Innovationen zu gewährleisten. Denn allein die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ozeane könnten 2050 weltweit wirtschaftliche Kosten von 428 Mrd. $ pro Jahr verursachen; 2100 könnten es schon 1,98 Bill. $ sein.

Netzwerke für die »Blue Breakthrough Strategy«

Klaipėda baut bei seinen ambitionierten Plänen auf starke Netzwerke. Ziel der Macher ist es, ein zentraler Ansprechpartner für alle im maritimen Business tätigen Unternehmer, Politiker, Forscher und Multiplikatoren zu werden. Darüber hinaus geht es um die Chance, mit Experten aus ganz Europa zu arbeiten und so Teil einer weltweiten »Blue Economy«-Plattform zu werden. Partnerschaft bietet sich auch an mit zwei internationalen Initiativen: der »Mission Starfish 2030 / Restore our Oceans and Waters« der Europäischen Union und der »Dekade Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung« (»Decade of Ocean Science for Sustainable Development«) der Vereinten Nationen. Bei beiden Projekten ist es das Ziel, die Bedeutung der Meere für die Zukunft unseres Planeten mehr in den Fokus der gesellschaftlichen Debatte und des politischen und wirtschaftlichen Handelns zu bringen – ganz im Sinne der »Blue Economy«.