Print Friendly, PDF & Email

Die Sicherheit im Schiffsbetrieb spielt seit Beginn der Idee autonomer Schiffe eine entscheidende Rolle. Beim Vorzeigeprojekt »Yara Birkeland« wurden die besonderen Herausforderungen an der Feuerlösch-Batterie-Technik deutlich

Die emissionsfreie, vollelektrische »Yara Birkeland« hat kürzlich ihre erste – teil-autonome – Fahrt gesta[ds_preview]rtet und soll bald unbemannt in See stechen. Dafür verfügt das Schiff auch über ein automatisches und ferngesteuertes Feuerlöschsystem. Der Auftrag war an das Unternehmen Survitec gegangen. Zum Lieferumfang gehörten ein Novenco XFlow-Wassernebelsystem für die acht separaten Batterieräume des Schiffes, ein Inergen-Feuerlöschsystem für die Schaltanlagenräume, Pumpenräume, Kontrollräume und Elektrik-Räume sowie ein NFF XFlow-Deluge-System für die Laderäume, die offenen Decks, die Aufbauten und andere Abteilungen. Ein Test des Systems verlief erfolgreich. Eine breite Palette an Brandschutz- und Rettungsausrüstung, darunter Leuchtraketen, Funkgeräte, Atemschutzgeräte, Taucheranzüge und Rettungswesten, wurde vor Jahresfrist ebenfalls geprüft.

Finn Lende-Harung, Commercial Director, Fire, sagt gegenüber der HANSA, die Systeme seien sowohl für Neubauten als auch für Nachrüstungsprojekte anwendbar: »In beiden Fällen führen wir eine Risikobewertung und eine Analyse des Schiffstyps, des Betriebsprofils und der Kategorien geschützter Räume durch.« Es gebe keine Beschränkungen hinsichtlich der Schiffsgröße oder des Schiffstyps, aber »jedes Schiff erfordert eine individuelle Lösung.« Im Fall der »Yara Birkeland« überwacht die Crew das System von einer virtuellen Brücke und einem Maschinenkontrollraum an Land, dafür war eine umfangreiche Systemanpassung nötig. Bei der Entwicklung musste die unterschiedliche Herangehensweise an das Löschen eines Feuers an Bord eines Schiffes ohne Besatzung beachtet werden. Normalerweise sind Feuerlöschsysteme für den manuellen Betrieb ausgelegt. Das System musste nun so umgestaltet werden, dass es automatisch aktiviert wird, basierend auf den Signalen von Hitze-, Flammen- und Feuersensoren, die sich überall auf dem Schiff befinden. Die Feuerlöschsysteme mussten auch Signale an Seewasserpumpen, Gasflaschen und Ventile senden, um die Betreiber an Land zu alarmieren.

Keine Sorge um Stabilität

Das System kann jedoch bei Bedarf manuell oder ferngesteuert abgeschaltet werden. Größere Sorgen, dass das Schiff durch zuviel Löschwasser seine Stabilität zu verlieren droht, macht sich Lende-Harung nicht: »Das ist unwahrscheinlich. Das System erzeugt einen feinen Nebel, der die Sauerstoffzufuhr unterdrückt und die Wärme absorbiert, um die Verbrennungskette zu unterbrechen, was bedeutet, dass weniger Wasser zum Löschen eines Brandes benötigt wird.« Zu den größten Herausforderungen bei der Anpassungen zählte seinen Angaben zufolge, die Rolle der Besatzung bei der Brandbekämpfung zu berücksichtigen beziehungsweise zu ersetzen. Alle Abläufe müssen im Voraus geplant werden, etwa Entscheidungen darüber, wie/wann Systeme im Falle eines Brandes aktiviert werden, damit Entscheidungen aus der Ferne über die virtuelle Brücke getroffen werden können. Normalerweise wird ein Löschsystem aktiviert, um ein Feuer einzudämmen, damit die Besatzung Zeit hat, den Brand zu löschen. Eine weitere Herausforderung war die Integration von Brandbekämpfungsmaßnahmen in die Kontroll- und Brandmeldesysteme des Schiffes.

Das System kann jedoch auch manuell von der Besatzung an Bord des Schiffes bedient werden, falls erforderlich. Der neue Ansatz bedeutet, dass das Novenco-System für eine Betriebszeit von 60 Minuten statt der für herkömmliche Schiffe vorgeschriebenen 30 Minuten neu konzipiert werden musste. Da die Laderäume des Schiffes gemäß den Anforderungen von IMO MSC Circ.608 konstruiert sind (was normalerweise eine manuelle Brandbekämpfung erfordert), mussten die NFF XFlow Deluge-Düsen für einen mannlosen Betrieb neu konstruiert und platziert werden. Zu den zusätzlichen Brandschutzmerkmalen, die in das Schiff eingebaut wurden, gehören zusätzliche getrennte Brandabschnitte und Systemredundanz. Außerdem wurden Ablassventile integriert, die sich automatisch öffnen und schließen lassen, um eine Überflutung zu verhindern.

Laut Lende-Harung ist das Interesse an der Weiterentwicklung »zweifellos groß«, Survitec erhalte viele Anfragen. Als Beispiele nannte er Aufträge für die Lieferung eines Inergen-Systems an eine Werft in Indien für zwei autonome Fähren und eine Installation für ein Feuerlöschsystem auf einem unbemannten Schiff in Norwegen.

Batterie-System von Leclanché

Die Energieversorgung der »Yara Birkeland« stellt ein 6,7-MWh-Hochenergie-Lithium-Ionen-Batteriesystem von Leclanché sicher. Geplant ist eine Dienstgeschwindigkeit von 6 kn, die maximale Geschwindigkeit beläuft sich auf 13 kn.

Das Batteriesystem basiert auf Lithium-Ionen-Zellen aus der automatisierten deutschen Produktion von Leclanché in Willstätt, Baden-Württemberg, und in der Schweiz gefertigten Batteriemodulen. Die Zellen mit hoher Energiedichte, kombiniert mit einer langen Lebensdauer von 8.000 Ladezyklen bei 80 % Entladetiefe (DoD) und einem Betriebstemperaturbereich von –20 bis +55° C sind »das Herzstück« des Batteriesystems, so der Hersteller. Es besteht aus 20 Strings mit jeweils 51 Modulen zu je 32 Zellen. Es ist redundant aufgebaut und in acht Batterieräumen untergebracht: Selbst wenn mehrere Strings ausfallen, kann das Schiff seinen Betrieb fortsetzen.

Gerade bei Schiffsanwendungen ist ein effizienter Schutz vor Überhitzung wichtig. Um ein Feuer auf offener See zu verhindern, entwickelte Leclanché das modulare, DNV-GL-zertifizierte Marine Rack System. Jeder Batterie-String enthält Gas- und Rauchmelder, Flüssig-Kühlung und eine Hardware-basierte Abschaltung bei Überhitzung. Sollte es trotz allem zu einem thermischen Zwischenfall kommen, greift das Feuerlöschsystem Fifi4Marine. MM

Pionier-Projekt

Die »Yara Birkeland« ist eines der technologischen Vorzeigeprojekte Norwegens, das bereits zahlreiche Preise eingeheimst hat. Für die ersten Jahre ist allerdings »nur« ein teilautonomer Betrieb geplant. Das 80 m lange Schiff mit einer Tragfähigkeit von 3.200 t und 120 TEU soll Dünger von Yaras Produktionsstätte in Porsgrunn zu den Häfen Brevik und Larvik transportieren und jährlich 40.000 Lkw-Fahrten ersetzen.

Abstract: Special safety for autonomous shipping

Safety in ship operation has played a crucial role since the idea of autonomous ships was first conceived. In the case of the »Yara Birkeland« showcase project, the special challenges of fire fighting and battery technology became clear.

© Leclanché
© Leclanché