Henning Weise (© Mesh)
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Proviant und Verbrauchsgüter direkt von Bord aus beim Lieferanten bestellen, ohne die Einkaufsabteilung an Land – das ist die Idee, die hinter Mesh steckt. 600 Schiffe nutzen das Portal von Henning Weise bereits. Von Anna Wroblewski[ds_preview]

Als sein Vater als Kapitän zur See fuhr, bekam er von seiner Reederei noch bares Geld, um sich und seine Crew mit Proviant zu versorgen oder um Verbrauchsgüter, die an Bord benötigt wurden – wie Seife, Schraubenzieher oder Besen – einzukaufen. Lief er mit seinem Schiff in einem Hafen ein, ging er mit einer Einkaufsliste zu einem Schiffsausrüster und besorgte was benötigt wurde.

Als Henning Weise selbst zur See gefahren ist und später an Land für einen Schiffsausrüster arbeitete, sah die Welt ganz anders aus. Mit dem zunehmenden Wachstum und der Internationalisierung der Flotten gingen die Reedereien dazu über, den Einkauf von Land zu managen.

»Ich habe es nie verstanden, warum jemand, der vielleicht gerade mal 25 ist, in Hamburg oder sonst wo sitzt und noch nie an Bord war, bestimmen und einteilen darf, was die Crew bekommt«, sagt Weise, COO und Gründer des Webportals Mesh Maritime Electronic Supply Hub. »Gerade bei Proviant reden wir von einer wichtigen Sache. Es ist ein Teil des Entertainments auf einem Schiff und ein großer Wohlfühlfaktor. Ohne Mampf kein Kampf. Wenn das Essen an Bord schlecht ist, ist auch die Stimmung schlecht«, so Weise. »Wir haben in unserem Portal zum Beispiel sechs Schwesterschiffe mit der gleichen Rotation, gleichem Crew-Mix, aber ich bekomme sechs völlig unterschiedliche Bestellungen, weil wir und hier über eine Geschmacksfrage unterhalten und darüber, welche Skills der Koch aufweist.«

Mit dem Thema Einkauf beschäftigt sich Weise schon lange. Die Idee, ein Portal zu entwickeln, über das Seeleute selbst aussuchen und bestellen können, kam ihm vor rund zehn Jahren. 2020 setzte er seine Idee dann in die Tat um und launchte sein Online-Portal. »Wir verbinden die Crew, die etwas braucht, mit dem, der es hat«, beschreibt er.

Ohne den Umweg über ein Einkaufsbüro an Land machen zu müssen, kann die Crew eine Liste für Proviant oder Stores erstellen. Diese Liste wird mit dem Angebot und den Preisen der registrierten Zulieferer abgeglichen. Der Kapitän kann die Angebote vergleichen, das beste aussuchen und die Order direkt auslösen. Damit er sich an die festgelegten Budgets hält, sind diese im Portal hinterlegt. Es fließt dabei aber kein Geld zwischen Schiff, Plattform und Schiffsausrüster, sondern die Rechnung wird direkt vom Lieferanten, mittlerweile umfasst das Netzwerk rund 2.100 weltweit, an die Reederei gestellt.

Das Portal denkt mit

Hinter dem Mesh-Portal steht künstliche Intelligenz. Es registriert beispielsweise, welche Waren besonders oft nachgefragt werden. Das führt dazu, dass der hinterlegte Katalog laufend angepasst wird. Es achtet außerdem darauf, was bestellt wird. »Legt ein Seemann nur Fleisch und kein Gemüse oder Obst in seinen Warenkorb, wird er die Bestellung nicht auslösen können, weil die Richtlinien von MLC 2006 eingehalten werden müssen, wonach sich die Crew ausgewogen und gesund ernähren soll. Das Portal schaut außerdem auch auf den Nährwert der ausgewählten Produkte«, sagt Weise.

Aktuell bestellen laut Weise rund 600 Schiffe darüber: »Es ist alles dabei, von Capesize-Bulkern bis zum Fischerkutter«. Über die Fischerboote – mittlerweile 150 – sei er selbst überrascht gewesen

Sparpotenzial im Einkauf

Den Seeleuten bietet das Portal den Vorteil, dass sie selbständig entscheiden können, was an Bord benötigt wird. Für die Reedereien bietet es den Vorteil, dass sie zum Einen jederzeit über ein Dashbord einsehen können, was auf einem Schiff bestellt wird. Zum anderem können sie erhebliche Kosten sparen: »Durch das Portal sparen die Reedereien 70–80 % der Personalkosten im Einkauf, weil der administrative Aufwand an Land wegfällt«, rechnet Weise vor. Auch für die Lieferanten sei das Portal von Vorteil, da sie keine Angebote schreiben müssen. Für Reedereien ist ein Abo-Modell eine Option mit monatlichen Gebühren für drei verschiedene Services. Die Höhe bemisst sich nicht an der Größe der Flotte, sondern am prozentualen Anteil der Flotte am System.