Griechische Zulieferer schwenken um

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Ukraine-Krieg und asiatischer Protektionismus führen zu einem Umdenken bei den Zulieferern aus Griechenland. Künftig soll ein größerer Fokus auf den Schiffbau in Europa gelegt werden. Von Michael Meyer

Die 2014 gegründete Vereinigung Hemexpo (Hellenic Marine Equipment Manufacturers and Exports) unter der Leitung von Eleni Polychronopoulou hatte sich ursprünglich das Ziel gesetzt, auf der Dynamik des Schiffbaus in Asien aufzubauen, damit die Mitglieder alle Möglichkeiten haben, die griechischen Schiffe, die dort gebaut werden, auszurüsten.

Doch die Verhandlungsmacht der Werften ist selbst gegenüber griechischen Reedern, die sehr viele Schiffe dort bauen lassen, enorm. Angesichts der vielfältigen direkten und indirekten Subventionen für heimische Industrie-Unternehmen in Asien wurde die Strategie angepasst.

Gleichzeitig setzt sich die Hemexpo-Präsidentin – die ebenfalls im europäischen Schiffbauverband Sea Europe auf höchster Ebene aktiv ist – für mehr politische Unterstützung aus Brüssel ein: »Die Europäische Union muss die maritime Industrie als wichtige Säule der Wirtschaft anerkennen. Denn es ist wichtig, in diesem Bereich autark zu sein. Wir müssen in der Lage sein, unsere eigenen Schiffe für die Verteidigung, die Fischerei und den Handel in Europa zu bauen. Wir müssen uns gegen die Konkurrenz behaupten.«

Appell an EU-Politik

Polychronopoulou verweist auf entsprechenden Support andernorts, wie den Jones Act in den USA, »Made in India« in Indien und vor allem »China 2025«, in der auch Schiffbau und Zulieferer von umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen profitieren. Nicht nur in China, auch in Korea und Japan sei der Protektionismus sehr ausgeprägt, selbst wenn es nicht immer über offizielle Wege läuft, lokale Unternehmen würden sehr oft bevorzugt.

»Wir glauben an den internationalen Handel und die Handelsfreiheit, aber wir müssen anerkennen, dass es keine gleichen Wettbewerbsbedingungen gibt und wir daran arbeiten müssen«, sagt die Griechin. Man müsse sicherstellen, dass die EU-Politik auf Basis des »Green Deal« der Kommission den Unternehmen »endlich« hilft. Angesichts der Schwierigkeiten in Asien waren die 30 Hemexpo-Mitglieder zuletzt bestrebt, durch gezielte Aktionen auch andere Märkte zu bedienen. Zuletzt hatte man sich eigentlich Russland mit seinen großen Flotten-Plänen für die Erdgas- und Ölindustrie als einen künftigen Zielmarkt ausgesucht. Doch die Zeiten haben sich geändert, der Krieg in der Ukraine hat auch bei den Hemexpo-Mitgliedern zu einem Umdenken geführt. »Es gab einige Projekte mit und für den russischen Schiffbaumarkt. Aber das wurde eingestellt«, sagt Polychronopoulou gegenüber der HANSA.

Aktuell macht der Retrofit-Markt einen großen Teil der Aktivitäten der Unternehmen aus: 60 bis 70 %. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf einer zunehmenden Digitalisierung der Produkte. Zweiter Fokus ist die Umwelt- und Energieeffizienz von Schiffen, die man mit neuen Produkten unterstützen will.

Neben Griechenland selbst sind unter anderem Italien, Frankreich, Spanien und auch Deutschland wichtige Märkte, hinzu kommt das wachsende Kreuzfahrtgeschäft etwa in Portugal oder Kroatien. Hierzulande gibt es bereits geschäftliche Verbindungen – unter anderem durch die Übernahme von RWO aus Bremen durch Polychronopoulous Ballastwasser-Firma Erma First (HANSA 07/21) –, »aber es kann auch gerne mehr werden«, findet sie. Allerdings sei Deutschland ein verhältnismäßig gesättigter Markt mit vielen eigenen Zulieferern.

Marine-Programm im Fokus

Eine gute Möglichkeit zu mehr Aktivität im europäischen Schiffbau ist nach Ansicht der Griechen die Zusammenarbeit für Marine-Programme. So war zuletzt eine Kooperation zwischen Hemexpo und der niederländischen Werftgruppe Damen initiiert worden. Hintergrund ist das Korvetten-Neubauprogramm für die griechische Marine, an dem Damen großes Interesse zeigt. Im Rahmen der Ausschreibung wird besonderes Augenmerk auf die Beteiligung der griechischen Schiffbauindustrie gelegt. Über die »Local Content«-Vorgaben wollen und sollen also beide Seiten profitieren.

Ähnliche Projekte könnte sich Polychronopoulou sehr gut auch für Marine-Programme anderer Länder vorstellen – unter anderem auch aus Deutschland, wenn hiesige Werften an griechischen Neubauten beteiligt wären. »Frankreich ist ein Lieferant von Fregatten. Auch Fincantieri ist sehr interessiert ebenso wie Spanien und sogar Großbritannien«, sagt die Verbandspräsidentin. Durch das Neubauprogramm Griechenlands versuche man, die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern zu verbessern, so Polychronopoulou, die abschließend auf das Ausgangsproblem zurückkommt: »Asien ist für uns in diesen Tagen ein sehr, sehr schwieriger Markt. Wir konzentrieren uns jetzt auf Europa.«