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In der internationalen Passagier- und Fahrzeug-Schifffahrt läuft die Modernisierung der Flotten auf Hochtouren. Die Reeder von RoPax- und RoRo-Tonnage setzen dabei auf ganz unterschiedliche Antriebskonzepte

Konventionell, LNG, Batterie, Wind – die Bandbreite der Antriebstechnologien in der Fährschifffahrt ist groß. Große Bedeutung [ds_preview]hat das jeweilige Fahrtgebiet. Reeder von RoPax- und RoRo-Schiffen tun sich seit einiger Zeit besonders hervor, wenn es um den Einsatz von moderner Technologie geht. Ein beispielhafter Blick in die Liste von Neubau-Projekten der vergangenen Monate verdeutlicht das.

Meilenstein für DFDS

Zum Jahreswechsel hat die Reederei DFDS mit der »Aura Seaways« einen neuen »Meilenstein« für die Flotte gefeiert. Der Neubau war von der chinesischen Werft Guangzhou Shipyard International (GSI) abgeliefert worden – als erstes von DFDS in Auftrag gegebene neu gebaute Passagierschiff seit der Ablieferung der »Scandinavia« im Jahr 1982. Die »Aura Seaways« mit konventionellem Antrieb erfülle die neuen Konstruktionsstandards des EEDI (Energy Efficiency Design Index), und die CO2-Emissionen pro Trailer seien mehr als 20 % niedriger als bei den Schiffen, die derzeit auf den vorgesehenen Routen Karlshamn-Klaipeda und Kiel-Klaipeda verkehren, heißt es seitens die Reederei.

Die Corona-Krise hatte die dänische Reederei wie ihre Konkurrenz hart getroffen, ein Dutzend Schiffe musste zwischenzeitlich aufgelegt werden. Am Neubauprogramm hatte DFDS aber festgehalten. 2017 und 2018 waren einige Fähren in China geordert worden.

Mit 4.500 Spurmetern ist»Aura Seawys« die »bei weitem größte RoPax-Fähre in Bezug auf die Frachtkapazität« in der Flotte der Reederei. Mit einer Tragfähigkeit von rund 12.750 t soll sie fast dreimal so viel befördern können wie die »Scandinavia«.

Finnlines in neuer Dimension

Die finnische Fährreederei Finnlines hat unterdessen das erste Hybrid-Schiff aus ihrem 500 Mio. € schweren Neubauprogramm in Dienst gestellt – gefertigt von der Werft Jinling Jiangsu in China.

Die RoRo-Fähre »Finneco I« ist laut der Reederei das umweltfreundlichste Schiff, das jemals in der Ostsee eingesetzt wurde. Der Auftrag für insgesamt drei RoRo-Schiffe war im Mai 2018 unterzeichnet worden, der Bau des ersten Schiffes hatte im Juni 2020 begonnen.

Die zweite neue Fähre, die »Finneco II«, wurde im August vergangenen Jahres vom Stapel gelassen, die »Finneco III« im November 2021. Alle drei Schiffe werden im Laufe des Jahres 2022 in den Ostsee-, Nordsee- und Biskaya-Verkehr aufgenommen. Das Neubauprogramm umfasst zudem zwei umweltfreundliche Superstar-RoPax-Schiffe, die 2023 abgeliefert werden sollen.

Im Vergleich zu den größten Schiffen der heutigen Finnlines-Flotte steigt die Ladekapazität der Hybrid-Neubauten um fast 40 %, da jedes Schiff über 5.800 Spurmeter verfügt. Ein effizienter Frachtbetrieb werde durch die Anordnung von Heckrampen, Innenrampen und hebbaren Autodecks gewährleistet. Mehrere Decks und interne Rampen beschleunigen das Be- und Entladen. Gleichzeitig sind die Schiffe äußerst flexibel einsetzbar – ein bewegliches Deck ermöglicht die Verladung jeder Art von rollender Fracht bis zu 7 m.

Die Klassifikationsgesellschaft Rina hat dem Schiff für seine Umweltfreundlichkeit die zusätzliche Klassifizierung »Green Plus« verliehen. Das Schiff ist mit Zweitakt-Hauptmaschinen ausgestattet, die einen geringeren spezifischen Kraftstoffverbrauch haben als Viertaktmotoren. Ein Luftschmiersystem verringert den Reibungswiderstand und den hydrodynamischen Widerstand und senkt folglich den Kraftstoffverbrauch und die Emissionen. Während der Liegezeit kommt eine 5-MW-Batteriebank für den emissionsfreien Betrieb zum Einsatz. Die Batterien werden während der Fahrt aufgeladen, und 600 m² an Solarpaneelen erzeugen ebenfalls Strom. Darüber hinaus wird ein Abgasreinigungssystem die Luftemissionen und den Schadstoffausstoß reduzieren.

Kite-Segel für Airseas

Airseas hat die erste Installation des automatischen Drachensegelsystems »Seawing« auf einem kommerziellen Schiff abgeschlossen. Der erste Serien-Seawing wurde auf dem Schiff »Ville de Bordeaux« installiert, das von Airbus gechartert und von Louis Dreyfus Armateurs (LDA) betrieben wird. Das RoRo-Schiff, das Flugzeugkomponenten zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten transportiert, fährt mit dem 500 m² großen Seawing-Segel seit Jahresbeginn auf Transatlantik-Fahrten. Zunächst erfolgt der Einsatz im Testbetrieb.

Airseas hatte von der Klassifikationsgesellschaft Bureau Veritas nach drei Jahren enger Zusammenarbeit die offizielle Genehmigung für den Betrieb auf See erhalten. Das Unternehmen war von ehemaligen Airbus-Ingenieuren gegründet worden.

Das Seawing-Segel kann laut Herstellerangaben auf Knopfdruck eingesetzt und gelagert werden sowie innerhalb von zwei Tagen auf einem Schiff nachgerüstet werden. Das Segel in voller Größe ist ein 1.000 m² großes Parafoil, das in einer Höhe von 300 m fliegt und die Kraft des Windes nutzt, um das Schiff anzutreiben. Auf der Grundlage von Modellrechnungen und ersten Tests an Land schätzt Airseas, dass das Seawing-System eine durchschnittliche Reduzierung des Treibstoffverbrauchs und der Treibhausgasemissionen um 20 % ermöglichen kann.

LNG-RoPax-Premiere für Polen

Die Remontowa-Werft baut die ersten LNG-angetriebenen RoPax-Schiffe für den polnischen Seeverkehr. Mit der Lieferung der Motoren, Kraftstoffspeicher- und -versorgungssystemen für die insgesamt drei Fähren wurde der finnische Wärtsilä-Konzern beauftragt.

Die Schiffe werden für die Fährgesellschaften Unity Line und Polferries gebaut und erhalten jeweils vier 31DF-Dual-Fuel-Motoren. Diese können mit Bio-LNG betrieben werden, entweder allein oder in Mischung mit konventionellem LNG. Bis 2025 will der Betreiber vollständig mit Bio-LNG fahren.

Auch Batteriesysteme sollen installiert werden. Darüber hinaus wird jede Fähre mit zwei Azimutstrahlern am Heck und zwei Bugstrahlern ausgestattet sein, was das Manövrieren in den Häfen erheblich verbessern soll. Die bis zu 19 kn schnellen RoPax-Fähren sollen eine Gesamtlänge von 195 m aufweisen, über 4.100 Spurmeter verfügen und 400 Passagiere befördern können. Einsatzort ist die Route Swinoujscie in Polen sowie den schwedischen Häfen Ystad und Trelleborg verkehren.

Für Remontowa ist es ein prestigeträchtiger Auftrag. Zuletzt hatte die Werft mit einigen Umbau- oder Refit-Aufträgen, etwa im Rahmen von Installationen von Rotor-Systemen, oder Neubau-Kontrakten, etwa für ein Baggerschiff oder für eine kanadische LNG-Fähre, auf sich aufmerksam gemacht.

10-MWh-Batterie für Scandlines

Die Reederei Scandlines setzt wiederum auf ein Hybrid-System. Ein bei der Cemre-Werft in der Türkei entstehender Neubau bekommt ein flüssigkeitsgekühltes Lithium-Ionen-Akku-System von Leclanché. Die neue Null-Emissionen-Fähre »PR 24« verkehrt künftig auf der Strecke zwischen Puttgarden auf Fehmarn nach Rødby in Dänemark.

Leclanché steht in einer Reihe mit anderen bekannten Zulieferern bei der Ausrüstung des neuen Scandlines-Flaggschiffes. Darunter sind auch die norwegischen Unternehmen Kongsberg Maritime und Norwegian Electric Systems (NES). Die Fähre selbst wurde von LMG Marin aus Norwegen entworfen.

Die Batterietechnologie gehört den Angaben zufolge zu den fortschrittlichsten und sichersten, die in maritimen Systemen eingesetzt werden. Das Marine Rack System (MRS) helfe dabei, die internationalen Vorschriften für SOx- und NOx-Emissionen zu erfüllen oder sogar zu übertreffen. Die Flüssigkühlung biete zahlreiche Vorteile gegeüber der Luftkühlung, so Leclanché, darunter eine verbesserte Sicherheit, schnellere Aufladung, längere Lebensdauer, einen geringeren Platzbedarf und geringeren Energieverbrauch.

Das Batteriesystem wird eine Kapazität von 10.028 kWh bei einer maximalen Spannung von 864 Volt haben. Das BESS verwendet eine hochredundante Architektur mit 48 Batteriesträngen, die auf acht Schaltschränke verteilt sind. Die Auslieferung soll im Januar 2023 beginnen. Leclanché hat bereits Großbatteriesysteme für unterschiedliche Kunden wie Grimaldi Lines, Damen und Wasaline sowie für die E-Fähre »Ellen« und die kürzlich in Dienst gestellte »Yara Birkeland« geliefert.

Die bis zu 10 kn fahrende emissionsfreie Frachtfähre von Scandlines wird 147,4 m lang, 25,4 m breit und 5,3 m tiefgehend sein. Im Hybridbetrieb soll die Überfahrtszeit zwischen den beiden Häfen 45 min betragen. Im rein elektrischen sind es 70 min.

LNG-Fähre für TT-Line

Die Lübecker Reederei TT-Line hat ihr erstes »Green Ship« auf der Bauwerft in China übernommen: die LNG-Fähre »Nils Holgersson«.

Bereits 2018 war der Neubau in Auftrag gegeben worden. Er ist für 800 Passagiere und mehr als 200 Sattelzüge, Trailer und Container ausgelegt. Die Fähre ist 230 m lang und 31 m breit. Sie bekommt ein duales Antriebskonzept und kann sowohl mit LNG als auch mit Dieselkraftstoff betrieben werden.

Die signifikanten Emissionsminderungen auf dem »GreenShip« ermöglichten die Einsparung von jährlich 93 % Feinstaub und 98 % Schwefeloxiden verglichen mit dem Einsatz von Schiffsdiesel (MGO), heißt es seitens der Reederei. Ebenfalls würden Stickoxide um 82 % und die CO2-Emissionen um bis zu 60 % pro transportierter Einheit reduziert.

Neben dem bereits fertigen Schiff hat die Lübecker Reederei die Option für ein zweites Schiff vereinbart.

Neue »Königin« für Japan

Ein Prestige-Projekt der japanischen Schiffbau-Industrie nähert sich seiner Indienststellung: Bei Mitsubishi ist die erste LNG-Großfähre des Landes vom Stapel gelaufen und getauft worden. Die Reedereigruppe Mitsui O.S.K. Lines (MOL) bekommt die erste von zwei 2020 bestellten Großfähren mit Dual-Fuel/LNG-Antrieb. Es sind die ersten japanischen Fähren ihrer Art mit dieser Antriebstechnologie, heißt es von seiten der Reederei. Sie ersetzen die 1997 und 1998 gebauten Einheiten »Sunflower Ivory« (9.245 GT) und »Sunflower Cobalt« (9.245 GT).

Direkt im Anschluss an den Stapellauf wurde der jüngste Neubau auf den Namen »Sunflower Kurenai« getauft. Das Schiff soll auf der Strecke Osaka-Beppu eingesetzt werden und von der MOL-Tochter Ferry Sunflower im Januar 2023 in Betrieb genommen werden.

Die Namen der neuen Schiffe leiten sich von »Kurenai Maru« und »Murasaki Maru« ab, die der MOL-Vorläufer Osaka Shosen Kaisha in den 1910er Jahren auf der Strecke Osaka-Beppu betrieben hatte. Diese und andere Schiffe, die den gleichen Namen trugen, wurden von den Japanern »Königin des Meeres« und »Königin des Seto-Binnenmeeres« genannt.

Die MOL-Gruppe hatte sich im Juni 2021 eine »Environmental Vision 2.1« verpasst, mit dem Ziel, bis 2050 netto keine Treibhausgasemissionen mehr zu verursachen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Flüssiggas, nicht zuletzt durch die Förderung des Ausbaus eines entsprechenden Kraftstoffversorgungssystems in Japan und in Übersee. Bis 2030 sollen etwa 90 LNG-betriebene Schiffe in Dienst gestellt werden. MM

 

Abstract: Wide mix of power solutions for ferries and RoRo

In international passenger and vehicle shipping, fleet modernisation is in full swing. The owners of RoPax and RoRo tonnage are relying on very different propulsion concepts. Conventional, LNG, battery, wind – the range of propulsion technologies in ferry shipping is wide – not least depending on the operational mode.