Hansekuranz
Firmengründer Peter Bensmann übergibt an Benjamin Kirchhoff und Raimund Langemeyer, Hinrik Wauer erhält Prokura (im Uhrzeigersinn, © Hansekuranz Kontor)
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Der Assekuradeur Hansekuranz Kontor aus Münster versichert nicht nur Piraterie-Risiken, sondern bietet Reedern auch einen speziellen Schutz für den Fall einer Havarie grosse an. [ds_preview]Gute Schifffahrtsmärkte haben die Nachfrage kräftig angekurbelt. Von Krischan Förster

Wenn es den Schiffseignern bei starken Märkten gut geht, freut das auch die Versicherer. Denn dann sind die Reeder prinzipiell bereit, mehr für die Absicherung ihrer Schiffe auszugeben. Diese Erfahrung hat in den vergangenen Monaten auch das Hansekuranz Kontor mit Sitz in Münster gemacht.

Als Assekuradeur versichert das Unternehmen über eigene Policen spezielle Risiken und agiert damit neben den internationalen Versicherungsclubs (P&I, Kasko) erfolgreich in der Nische. So können sich Reeder gegen Piraterie, Entführungen und Lösegeldforderungen (Kidnap & Ransom) absichern. Das zweite Angebot im maritimen Sektor ist das Produkt »Cargo Contribution Protect« (CCP) im Falle einer Havarie grosse (General Average).

Obwohl schon seit 2016 auf dem Markt, war die Nachfrage bislang eher »schleppend«. Seit aber in den meisten Schifffahrtssegmenten glänzend verdient wird und vor allem Containerschiffe Rekordeinnahmen einfahren, »bekommen wir deutlich mehr Zulauf«, berichtet Geschäftsführer Raimund Langemeyer. Mit einer CCP sind inzwischen 143 Schiffe abgesichert, wovon 100 allein im vergangenen Jahr hinzugekommen sind.

Im Falle eines Großschadens kann Havarie grosse erklärt werden, um die oft hohen Kosten für die Bergung und Ladungssicherung unter allen am Schiff Beteiligten aufzuteilen, also eine sogenannte Gefahrengemeinschaft zu bilden. Die CCP-Police von Hansekuranz nimmt dem Reeder das Risiko, in Vorleistung gehen zu müssen und zum Teil Jahre auf die Zahlungen der Versicherer der Ladungsseite warten zu müssen. »Gerade Ein-Schiff-Gesellschaften haben sonst schnell ein Liquiditätsproblem oder es droht sogar eine Insolvenz«, sagt Prokurist Hinrik Wauer. Auch das mögliche Ausfallrisiko ist mitversichert.

Einstieg auch nach Havarie noch möglich

Der Assekuradeur verspricht eine schnelle Schadenbearbeitung und Auszahlung. »In der Regel schaffen wir das in fünf Werktagen nach Vorliegen einer ersten Kostenschätzung«, so Langemeyer.

Gedeckt ist der Schadenfall vom Rückversicherer Munich Re, mit 80 % auch Mehrheitsgesellschafter bei Hansekuranz Kontor. In Schadenfällen arbeitet man eng mit dem Dispacheur Groninger, Welke Janssen zur Kostenermittlung zusammen, der entweder im eigenen Auftrag oder auf Rechnung der Ladungsseite aktiv wird.

Versichert werden ganze Reederei-Flotten. Denn ein verteiltes Risiko senkt die Prämienhöhe. Diese wird zudem von weiteren Faktoren wie Schiffstyp, Alter, Höhe des Selbstbehalts oder der Laufzeit beeinflusst. Hansekuranz steht im Verbund mit der Munich RE für Schadensummen von bis zu 7,5 Mio. € pro Schiff oder maximal mit 50 Mio. € pro Flotte gerade. »Grundsätzlich sind wir da aber sehr flexibel und gehen immer auch auf individuelle Gegebenheiten oder Bedürfnisse ein«, sagt Langemeyer. Im Durchschnitt liege die Prämie bei 3.000 bis 4.000 $ pro Schiff und Jahr.

Und noch eine Besonderheit hat der Assekuradeur zu bieten: Er steigt auch dann noch aktiv ins Risiko ein, wenn die Havarie oder der Schadenfall bereits geschehen ist – vorausgesetzt, die »General Average« wurde noch nicht erklärt. So geschehen im Fall eines brennenden Bulkers vor einem schwedischen Hafen, als dem Reeder eine siebenstellige Summe als Anteil der Ladungsseite »vorgestreckt« wurde. Auch in die Schadenregulierung der »Vega Alpha« war Hansekuranz involviert. Für den 900-TEU-Frachter war von der Hamburger Reederei Vega Havarie grosse erklärt worden, nachdem er im März 2021 vor Vietnam einen schweren Maschinenschaden erlitten hatte. »Wir evaluieren natürlich vorher den Schaden«, so Langemeyer.

Um die Regressrechte an den Versicherer abtreten zu können, muss der Reeder seine komplette Flotte für drei Jahre versichern, wobei die Jahresbeiträge gestaffelt jedes Jahr sinken. Über die Laufzeit rechnet sich auch diese Variante für Hansekuranz. »Wird die Police vorsorglich gezeichnet, sind auch kürzere Laufzeiten und niedrigere Prämien möglich«, sagt Wauer. Kunden könnten auf die hauseigene Expertise des derzeit zwölfköpfigen Teams und die schnelle und flexible Betreuung zurückgreifen, heißt es.

Neue Führungsstruktur

Gut zwei Drittel des Underwritings entfallen auf das maritime Geschäft mit klarem Schwerpunkt auf »Kidnap & Ransom«. Zwischen 350 und 450 Einzelreisen, aufgeteilt auf den Golf von Aden und den Golf von Guinea, sowie Jahrespolicen für mehr als 100 Flotten sind bei Hansekuranz abgesichert. Der Abschluss kann über ein Online-Tool innerhalb von Minuten erfolgen. Daneben versichert der Assekuradeur aber auch Produktschutz- und Krisenschutz-Risiken in anderen Industrien. Die Kapazität zu wachsen sei dank der Finanzkraft der Munich RE vorhanden, betont Langemeyer. Gut möglich, dass in Zukunft weitere Produkte auf den Markt kommen, »spruchreif« sei derzeit aber noch nichts.

Neu geordnet sind aber bereits die Führungsstrukturen. Firmengründer Peter Bensmann zieht sich auf eigenen Wunsch zurück, Raimund Langemeyer und Benjamin Kirchhoff folgten als Geschäftsführer, Hinrik Wauer wurde zum 1. Juni Prokura erteilt.