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In einer global vernetzten Hafenstadt wie Hamburg ist ein Eintrag unbekannter Infektionen jederzeit möglich. Um in einem solchen Fall korrekt handeln zu können, wurde in der Hansestadt ein Konzept entwickelt, das auch anderen Städten zur Verfügung gestellt wird. [ds_preview]

Das Hamburg Port Health Center (HPHC) hat bereits 2019 zusammen mit der Universitätsmedizin Greifswald und dem hamburgischen Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin das wissenschaftliche Projekt ARMIHN (Adaptives Resilienz Management im Hafen) gestartet. In den vergangenen Jahren haben die Beteiligten Konzepte für Einsätze in Großschadenslagen mit vielen Erkrankten erarbeitet. Nun liegt ein Abschlussbericht vor.

Besonders innovativ ist den Beteiligten zufolge hierbei ein neuartiger, digitaler Ansatz zur Vereinfachung der Triage von Betroffenen. Die Praxistauglichkeit des Konzepts wurde den Angaben zufolge in mehreren Übungen getestet. Andere Städte haben nun die Möglichkeit, sowohl die Projektergebnisse also auch die Konzeptionen der Übungen zu nutzen und für den eigenen Hafen anzupassen.

»Wenn die Gefahr besteht, dass sich viele Menschen gleichzeitig mit einem gefährlichen Krankheitserreger infizieren, bedeutet das großen Stress für alle Beteiligten. Mit dem im Rahmen des Projektes entwickelten Konzept können sich Einsatzkräfte auf solche Situationen vorbereiten, bevor der Ernstfall eintritt. Für Hamburg haben wir mögliche Fälle gründlich durchdacht und alle relevanten Beteiligten einbezogen. Die Ergebnisse stellen wir anderen Hafenstädten als ›good practise‹ zur Verfügung, sodass andere auf unsere Erfahrungen zurückgreifen können«, sagt Martin Dirksen-Fischer, Leiter des Hafenärztlichen Dienstes.

Kreuzfahrtschiffe im Fokus

Ziel des Projekts war es, die Handlungsfähigkeit zu verbessern, wenn es zu einem Massenanfall von Erkrankten im Hafen oder auf einem Schiff kommt. Im Fokus des Forschungsprojekts standen vor allem Schiffe mit vielen Menschen an Bord, wie zum Beispiel Kreuzfahrtschiffe. Passagiere und Besatzung können mit verschiedensten Erregern in Kontakt kommen und diese auf dem Schiff verbreiten. Außerdem stellen Kreuzfahrtschiffe ein mögliches Ziel für potenzielle terroristische Angriffe mit Biowaffen dar.

Im Ernstfall benötigen Rettungskräfte und Gesundheitsbehörden möglichst schnell Informationen, bei wie vielen und welchen Personen ein dringender Behandlungsbedarf besteht. Für die Erfassung der Lage vor Ort wurde im Rahmen von ARMIHN ein neues Verfahren entwickelt: Eine IT-Anwendung, die das medizinische Personal dabei unterstützt, über die weitere Behandlung der Erkrankten zu entscheiden. Der Algorithmus zur Triagierung erlaubt dabei eine elektronisch abrufbare Übersicht über Anzahl und Zustand der infektiösen Patientinnen und Patienten. Dadurch vereinfacht sich die Kommunikation aller Beteiligten und ermöglicht eine bessere Planung und Koordination vorhandener Einsatzkräfte und -materialien.

Der Abschlussbericht zum Projekt wurde im Juni 2022 beim Projektträger (VDI) eingereicht und soll zeitnah von der Bibliothek des BMBF und der Technischen Informationsbibliothek Hannover (TIB) veröffentlicht werden. Die entwickelten Notfallkonzepte, Trainingsunterlagen und Erfahrungsberichte zu den durchgeführten Übungen sind außerdem auf der Webseite des ARMIHN-Projekts einzusehen und werden dort auch nach Projektende zur weiteren Verwendung angeboten. Die gesammelten Erfahrungen und das gewonnene Fachwissen können im Rahmen von Beratungsleistungen von anderen Häfen in Anspruch genommen werden.