Reeder, Bunker-Lieferanten, Charterer, Häfen – die EU-Regulierung zum Emissionshandel beschäftigt die gesamte Branche © Goodfuels
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In der Schifffahrtspolitik der EU tut sich derzeit einiges. Brüssel arbeitet sich in Sachen Emissionshandel und Kraftstoffe voran. Reeder und Häfen sind nicht unzufrieden, haben aber auch noch Anpassungswünsche [ds_preview]

Die Umweltminister des Europäischen Rates haben für die Einbeziehung der Schifffahrt in das Emissionshandelssystems ETS gestimmt, die Vorgaben jedoch entschärft. Die Forderungen des EU-Parlaments waren über das hinausgegangen, was die Umweltminister der Mitgliedsstaaten beschlossen haben. Demnach wird der Handel mit CO2-Zertifikaten schrittweise bis 2026 eingeführt und gilt erst ab 2027 ohne Einschränkungen. Die Abgeordneten hatten sich gegen eine Übergangsphase ausgesprochen. Erfasst werden Schiffe mit mehr als 5.000 GT, das Parlament wollte die Grenze bei 400 GT ziehen. Schiffe müssen ab 2024 für ihre Reisen innerhalb der EU CO2-Zertifikate abgeben, Strecken zu Häfen außerhalb der europäischen Gemeinschaft werden mit 50 % angerechnet. Ab 2027 soll dann für alle Routen mit Ziel- oder Ausgangshafen in der EU der volle Satz gelten.

Die Minister haben allerdings auch für Ausnahmen gestimmt. Mitgliedsstaaten mit einer besonders starken Schifffahrt, wie etwa Griechenland, erhalten mehr Zertifikate. Auch geografische Besonderheiten, wie die Versorgung von Gebieten in EU-Randlage oder Fahrten, die der öffentlichen Daseinsvorsorge dienen, sollen von den Regeln ausgenommen bleiben.

Die Einführung des ETS in der Schifffahrt ist Teil des EU-Pakets »Fit for 55«, mit dem die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 reduziert werden sollen. Parlament, Rat und Kommission müssen nun noch eine endgültige Vereinbarung erarbeiten.

Der europäische Reedereiverband ECSA zeigte sich in einem Statement nicht unzufrieden und begrüßte vor allem die Unterstützung des Rates. »Obwohl die europäischen Reeder eine internationale Lösung bevorzugt hätten, erkennen wir an, dass die Schifffahrt ihren fairen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise auch auf EU-Ebene leisten sollte«, sagte ECSA-Präsident Philippos Philis.

Der Rat hatte sich der Forderung angeschlossen, die ETS-Kosten an den kommerziellen Schiffsbetreiber weiterzureichen. So werde das Verursacherprinzip aufrechterhalten – das war eine Schlüsselforderung der ECSA. Auch das Parlament hatte sich im Vorwege diesem Standpunkt angeschlossen.

3x2 Landstromanlage Kiel Foto PORT OF KIEL
Die Siemens-Landstromanlage im Kieler Seehafen © Seehafen Kiel

Die Reeder begrüßten zudem die Zusage des Rates, der Schifffahrt durch spezifische Aufforderungen im Rahmen des ETS-Innovationsfonds besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Allerdings geht die Verpflichtung der ECSA nicht weit genug, »um Innovationen zu unterstützen.« Der Verband fordert daher die vom Parlament vorgeschlagene Zweckbindung der Einnahmen für die Transformation der Schifffahrt. »Das ist von entscheidender Bedeutung für die Überbrückung des Preisgefälles zwischen sauberen und konventionellen Kraftstoffen, unter anderem durch Kohlenstoffdifferenzverträge. Wir ermutigen den Rat, einen Schritt weiter zu gehen«, sagte ECSA-Generalselrektär Sotiris Raptis. In anderen Segmenten würden bis zu 80 % der ETS-Einnahmen für die Energiewende verwendet, »und wir müssen sehen, dass dies auch in der Schifffahrt geschieht. Es ist ein entscheidender Moment für die Dekarbonisierung der Schifffahrt und die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors«, so Raptis.

Fokus auf Kraftstofflieferanten

Parallel zur Entwicklung um den Emissionshandel in der Schifffahrt läuft die Debatte um Kraftstoffe und deren Regulierung im Rahmen der »Fuel EU Maritime«-Verordnung der Europäischen Kommission weiter. Der Entwurf der Kommission sieht vor, dass alle Schiffe über 5.000 GT, die EU-Häfen anlaufen, Kraftstoffe mit abnehmender Treibhausgasintensität verwenden müssen. Die THG-Intensität muss im Vergleich zu einem Referenzjahr reduziert werden, wobei die Verringerung in fünfjährigen Abständen von 2025 bis 2050 erfolgen soll. Für einen Teil der regulierten Flotte, nämlich Containerschiffe und Fahrgastschiffe, werden zudem Anforderungen an die Energieversorgung durch Landstrom (OPS) bis 2030 festgelegt, wobei begrenzte Ausnahmen bis 2035 gelten.

In einer breiten Koalition mit den Kraftstoff-Akteuren Ewaba, eFuel Alliance, Advanced Biofuels Coalition und GoodFuels hat sich der Reederverband ECSA mit einem Statement an das Europäische Parlament und den Rat gewandt. Sie werden aufgefordert, den Kommissionsvorschlag zu ändern, um sicherzustellen, dass Schiffseigner und Kraftstofflieferanten »gemeinsam eine Schlüsselrolle im Rahmen des neuen Systems spielen«.

In seiner jetzigen Fassung sei der Entwurf nicht ehrgeizig genug: »Der aktuelle Vorschlag geht nicht auf die Verantwortung der Kraftstofflieferanten ein und darauf, wie saubere und sichere Kraftstoffe in Europa verfügbar werden.« Die EU-Institutionen sollten sicherstellen, dass die politischen Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen im Verkehr ausreichend ambitioniert sind. »Es ist jetzt an der Zeit zu handeln, denn die heutigen politischen Entscheidungen bestimmen, wie Unternehmen mit ihren Investitionsentscheidungen vorankommen können. Ein höheres Anspruchsniveau wird der Industrie die Sicherheit geben, in Bioraffinerien zu investieren und nachhaltige Kraftstoffe für den maritimen Sektor zu entwickeln«, betonte Marko Janhunen, Vorsitzender der Advanced Biofuels Coalition.

Kein Landstrom-Teppich

Währenddessen hat sich auch die Hafenbranche zur politischen Entwicklung zu Wort gemeldet. Die European Sea Ports Organisation (ESPO) und die Federation of European Private Port Companies and Terminals (FEPORT) warnen vor einer zu groben EU-Regulierung für die Landstrom-Versorgung. Sie zeigten sich einig, dass die Vorschläge für eine Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) und die FuelEU-Maritime-Regulierung den Einsatz von Landstrom dort ermöglichen sollten, »wo er am sinnvollsten ist«.

Die AFIR-Vorschläge der Kommission könnten nach Ansicht der Verbände dazu führen, dass der gesamte Hafen über Landstromanschlüsse verfügen muss, wenn er mehr als eine bestimmte Anzahl von Anläufen von Container- oder Fahrgastschiffen verzeichnet. Dies würde erhebliche zusätzliche öffentliche Investitionen im Vergleich zu einem gezielteren Ansatz erfordern. »Es ist unwahrscheinlich, dass diese Investitionen im Verhältnis zu den möglichen Emissionssenkungen kosteneffizient sind.«

ESPO und FEPORT schlagen stattdessen einen Ansatz vor, der sich auf den Einsatz von OPS pro Standort (etwa Liegeplätze oder Terminals) und nicht pro Hafen konzentriert. Dies würde sicherstellen, dass OPS dort eingesetzt wird, wo es ökologisch und ökonomisch am sinnvollsten ist.

Um eine Verschwendung begrenzter Zeit und öffentlicher Ressourcen zu vermeiden, sollte der rechtliche Rahmen sicherstellen, dass OPS an den Stellen im Hafen eingesetzt wird, an denen jede Anlage eine maximale Emissionsreduzierung pro investiertem Euro bringt.

Dementsprechend könnten Hafenbereiche, die normalerweise nicht von den Schiffssegmenten angelaufen werden, die Landstrom nutzen müssen, wie etwa nicht ausgelastete Terminals, von der Anforderung ausgenommen werden. MM