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Der Auftragseingang 2021 ist um 14,3 % gestiegen. Die Bestellungen haben auch 2022 weiter zugelegt. Lieferkettenschwierigkeiten, Fachkräftemangel und der Ukraine-Krieg trüben die positive Stimmung der deutschen maritimen Zulieferer jedoch ein

Einmal im Jahr erhebt die VDMA Arbeitsgemeinschaft Marine Equipment and Systems unter ihren[ds_preview] Mitgliedern Zahlen. Abgefragt werden unter anderem die Umsatzentwicklung und die aktuelle Auftragslage. Das Ergebnis für das Jahr 2021 präsentieren vor Kurzem Martin Johansmann (VDMA-Vorstandsvorsitzender und SKF-Geschäftsführer), Tanja Hoppmann (Vorstandsmitglied und Geschäftsführende Gesellschafterin von WISKA Hoppmann) gemeinsam mit den beiden VDMA-Geschäftsführern Jörg Mutschler und Hauke Schlegel.

Umsatz sinkt um 2,5 %, Beschäftigung stabil

Die deutsche Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie verzeichnete im vergangenen Jahr durch die Corona-Auswirkungen einen Umsatzrückgang um 2,5 % auf 10,3 Mrd. €. Die Bestellungen stiegen im gleichen Zeitraum um 14,3 % (-10,9 % in 2020). Die Zahl der Beschäftigten bleibt konstant bei 63.000. Mit dem anhaltenden weltweiten Neubauboom von Schiffen ist mit weiter steigenden Auftragseingängen im weiteren Verlauf des Jahres 2022 zu rechnen. Die zunehmenden Unsicherheiten lassen einen verlässlichen Blick auf 2023 jedoch nicht zu.

Branche insgesamt zufrieden

Die Zulieferer sind mit dem Geschäftsjahr 2021 insgesamt zufrieden und erwarten, trotz sich verstärkenden Unsicherheiten, weiter gute Geschäftsentwicklungen im laufenden Jahr. »Aufgrund des coronabedingt schwachen Auftragsbestands haben wir im vergangenen Jahr unsere Umsatzziele nicht erreicht. Gleichzeitig entwickelten sich die Märkte mit deutlich ansteigenden Auftragseingängen gerade aus dem Ausland. Diese Entwicklung hält an und stimmt die Branche weiter optimistisch. Die Erwartungen an die Zukunft sind trotz der zunehmenden Unsicherheit positiv«, sagte Johannsmann. »Zusätzlich zu den Corona-Nachwirkungen ist die Branche von dem Krieg in der Ukraine, den Lockdowns in China, den Staus in zentralen Umschlagplätzen, der steigenden Inflation und den resultierenden angespannten Lieferketten betroffen«, ergänzte er.

Dunkle Wolken am Horizont

Der Auftragseingang entwickelt sich Johannsmann zufolge auch im Jahr 2022 weiter sehr gut, aber die Lieferkettenprobleme bremsen die Fertigung und die Auslieferung an die ungeduldigen Kunden aus. Fehlende Komponenten lassen somit halbfertige maritime Systeme in der Produktion im Wartemodus stehen und diese können nicht in Rechnung gestellt werden. In der Folge steigt der Auftragsbestand und die Lieferzeiten verlängern sich weiter. »Hier hoffen wir auf baldige Normalisierung«, so Johannsmann. »Momentan ist die Lieferkettenproblematik dominant und die Situation ist so schlimm, wie noch nie«, sagte der SKF-Chef. Mit einer Erholung der Halbleiterindustrie beispielsweise rechnet die Branche nach Johannsmanns Worten erst im Jahr 2024.

Die Verbandsmitglieder bestätigen die gegenwärtige Lage. So sehen laut einer aktuellen VDMA-Blitzumfrage fast neun von zehn Unternehmen aus dem gesamten Maschinen- und Anlagenbau ihre Lieferketten derzeit merklich oder gravierend beeinträchtigt. Mit einer Entschärfung der Lage innerhalb der nächsten drei Monate rechnet kaum noch jemand.

Trotz der guten Auftragsentwicklung in seinem Verband, blickt Johannsmann mit leichter Sorge in die Zukunft: »Corona und Lieferkettenschwierigkeiten für sich wären managebar gewesen. Der Ukraine-Krieg und die starke Inflation haben die Gesamtperspektive getrübt. Alle vier Faktoren haben das Potenzial eine Wirtschaftskrise auszulösen. Wir müssen uns vorbereiten auf dunkle Wolken am Horizont.«

Bewerber dringend gesucht

Ein weiteres Thema, das die Branche umtreibt, ist der Fachkräftemangel, wie Tanja Hoppmann anlässlich der Bilanzvorstellung darlegte. »Corona hat hier die Situation verschlimmert. WISKA engagiert sich normalerweise stark in den Schulen«, so die Geschäftsführerin. Durch die Pandemie hätten die Schüler den Kontakt zu WISKA nicht gefunden und damit sei es schwieriger geworden Ausbildungsplätze zu besetzen. Auch bei normalen Stellen sei dies nicht einfach. »Aktuell hat WISKA fünf Stellen zu besetzen und erfahrungsgemäß dauert es bis zu einem Jahr bis ein geeigneter Bewerber gefunden werden kann«, so Hoppmann.

Und auch diesen Trend bestätigt eine aktuelle Umfrage. So klagen vier von fünf VDMA-Unternehmen über einen merklichen oder gravierenden Mangel an Personal. Drei von fünf Unternehmen sehen die Demografie und den Fachkräftemangel als großes Risiko an. »Um das geplante Wachstum zu ermöglichen und zusätzlich die altersbedingt ausscheidenden Fachkräfte zu ersetzen, müssen junge Nachwuchskräfte eine attraktive Ausbildung in einem guten Umfeld in unserer Branche bekommen. Wir streben deshalb zum Beispiel eine Ausbildungsquote von 10 % an«, sagt Hoppmann.

Neben dem Fachkräftemangel ist Nachhaltigkeit ein großes Thema für die Branche und für Tanja Hoppmann persönlich, die in ihrem Unternehmen aktuell eine Nachhaltigkeitsinitiative umsetzt.

Nachhaltigkeit auch im Mittelstand

In puncto Maritime Energiewende, bei der es um die klimaneutralen Schiffsantriebe der Zukunft geht, gilt es weiterhin im gesamten Schiffsbetrieb den Energieverbrauch intelligent zu reduzieren. »Dazu gibt es zwei Stellschrauben, nämlich zum einen die kontinuierliche Weiterentwicklung der maritimen Produkte und die Offenheit für neue Technologien. Zum anderen gilt es in der eigenen Produktion anzusetzen und gezielt den CO2-Fußabdruck zu vermindern«, so Hoppmann. »Das Thema Nachhaltigkeit wird uns in den nächsten Jahren gerade in den mittelständischen Schiffbau- und Offshore-Zulieferunternehmen zunehmend beschäftigen. Ich sehe hier auch einen wichtigen Wettbewerbsvorteil, wenn zum Beispiel mit Auftraggebern auch über Soziales und Umweltthemen diskutiert werden kann«, sagt die WISKA-Chefin. »Das verstärkte Augenmerk in Richtung klimaneutrale Produktion bietet darüber hinaus weitere Vorteile: Unternehmen können im Rahmen ihrer betrieblichen Risikobewertung die Themen Energieversorgung und Energieeinsparung besser überblicken und darüber hinaus sind mittelständische Industriebetriebe mit klar formulierten und gelebten Nachhaltigkeitszielen bei Nachwuchskräften beliebte Arbeitgeber«, so Hoppmann weiter. Sie wies außerdem darauf hin, dass mittelständische Unternehmen in knapp zwei Jahren verpflichtet werden, in ihrem Lagebericht Rechenschaft zum Thema Nachhaltigkeit abzulegen. Darum sei es angebracht, heute schon zu handeln und sich mit der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. AW

Abstract: Order intake good, future uncertain

Order intake in 2021 increased by 14.3 %. Orders have also continued to increase in 2022. However, supply chain disruptions, a shortage of skilled labor and the Ukraine war dampen the positive sentiment of German maritime suppliers.