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Rettungseinheiten der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) waren am Wochenende gleich doppelt gefragt: Auf einem Kreuzfahrtschiff und im Wassersport-Segment. Eine gute Nachricht gab es für die Ausbildung: ein neues Trainingsboot wurde getauft.[ds_preview]

Das Maritime Rescue Co-ordination Centre (MRCC) in Bremen hat am Samstag schnelle Hilfe für eine auf einem Kreuzfahrtschiff plötzlich schwer erkrankte Frau nordwestlich von Helgoland koordiniert. Ein SAR-Hubschrauber der Deutschen Marine flog sie in ein Krankenhaus.

Gegen 12 Uhr hatte sich der Kapitän des Kreuzfahrtschiffes »Costa Fascinosa« gemeldet: An Bord klagte eine 78-jährige Norwegerin über starke Brustschmerzen. Sie benötigte umgehend medizinische Hilfe. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das rund 290 m lange Schiff etwa 100 sm nordwestlich von Helgoland. Aufgrund der großen Entfernung für den nächstgelegenen Seenotrettungskreuzer »Hermann Marwede« und der gebotenen Eile alarmierte die Rettungsleitstelle See einen SAR-Hubschrauber der Deutschen Marine. Dieser nahm noch ein medizinisches Team von NHC Northern Helicopter auf.

2022 09 24 Seenotretter bei zwei medizinischen Notfällen auf Nord und Ostsee im Einsatz Rettungsleitstelle See k
© DGzRS

Gegen 14 Uhr war der Sea King vor Ort. Zunächst setzte seine Besatzung den Notarzt und einen speziell für Hubschraubereinsätze ausgebildeten Notfallsanitäter auf dem Kreuzfahrtschiff ab. Dort führten sie die an Bord bereits eingeleitete Behandlung fort, ehe die Patientin auf einer Trage liegend zum Hubschrauber aufgewinscht wurde. Anschließend flog der Sea King die Frau in ein Krankenhaus.

Fast zeitgleich waren die freiwilligen Seenotretter der Station Puttgarden für einen verletzten Wassersportler im Einsatz. Als sie gegen 13.45 Uhr mit dem Seenotrettungsboot »Romy Frank« gerade aus Burgstaaken zu einer Übungs- und Revierfahrt ausgelaufen waren, machte der Skipper eines Motorbootes mit Handzeichen auf eine Notlage an Bord aufmerksam. Sofort änderten die Seenotretter ihren Kurs.

Nachdem sie längsseits gegangen waren, berichtete ihnen die Besatzung von einem Unfall: Einer der fünf Männer war beim Übersteigen von einem Wakeboard auf das Deck des Motorbootes ausgerutscht und mit seinem Steißbein hart auf eine Klampe gestürzt. Dabei hatte er sich verletzt. Die Seenotretter übernahmen den Patienten auf einer Trage liegend, versorgten ihn medizinisch und brachten ihn umgehend in den Hafen von Burgtiefe. Dort übergaben sie den Mann an den Landrettungsdienst.

Neues Trainingsboot

Gut neun Meter lang, deutlich weniger als einen Meter Tiefgang, besonders schnell und wendig – dies sind einige Merkmale des neuen Trainingsbootes der Seenotretter. Die vor wenigen Wochen abgelieferte jüngste Einheit trägt seit Freitag den Namen »Christoph Langner«. Der Neubau komplettiert die Trainingsflotte der DGzRS, die in Neustadt in Holstein ganz in der Nähe des Trainingszentrums der Seenotretter ihre Liegeplätze hat.

Das neue Trainingsboot ist der dritte eigens für die praktische Aus- und Fortbildung der Seenotretter in Auftrag gegebene Neubau. »Dank einer großzügigen Spende der Familie des Namengebers erhalten wir ein Boot auf dem neuesten Stand der Technik. Alle unsere Freiwilligen-Besatzungen können jetzt mit dem gleichen Material trainieren, das sie auch auf ihren Stationen vorfinden«, sagte der Leiter der Trainingsflotte Ralf Jüttner.

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»Christoph Langner« (© DGzRS)

Der Neubau gehört zur 8,9-m Klasse der Seenotretter. Er wird vor allem dem Fahr- und Navigationstraining der Mannschaften dieser schnellen Boote dienen. Die DGzRS hat diesen Typ speziell für weitläufige und von vielen Flachs geprägte Reviere entwickelt. Bereits fünf baugleiche Einheiten haben sich im harten Einsatzalltag hervorragend bewährt. Die »Christoph Langner« ist im Gegensatz zu den anderen Booten dieser Klasse speziell für die Ausbildung ausgestattet. Sie besitzt beispielsweise kein geschlossenes Deckshaus, damit die Trainer die freiwilligen Seenotretter bei ihrer Aus- und Fortbildung besser begleiten und von einer anderen Einheit aus über Funk unterstützen können.

»Chirstoph Langner« entstand auf der finnischen Spezialwerft Arctic Airboats. Das aus robustem Polyethylen bestehende Vollkunststoffboot ist nach DGzRS-Angaben äußerst wartungsarm und verfügt über zwei 200-PS-Außenbordmotoren, die es auf bis zu 38 kn beschleunigen können.

Details:

Länge über Alles: 8,90 m
Breite über Alles: 3,10 m
Tiefgang: 0,88 m (0,65 m bei geklappten Motoren im Flachwasserbereich)
Verdrängung: 3,2 t
Geschwindigkeit: 38 kn
Antrieb: Yamaha FL200G, Yamaha F200G, je 200 PS

Namengeber Christoph Langner lebte bis zu seinem Tod in Nordrhein-Westfalen. Er war ein segelbegeisterter Förderer der Seenotretter, »auf die sich alle Seeleute und Wassersportler immer verlassen können«, wie er es zu Lebzeiten einmal selbst formuliert hat. Sein langjähriges Engagement führte seine Familie in seinem Sinne mit der Finanzierung des neuen Trainingsbootes fort. Zur Taufe des Neubaus im Yachthafen in Neustadt in Holstein waren auch die freiwilligen Seenotretter der Station Neustadt in Holstein sowie die Rettungsleute der Nachbarstationen Grömitz, Timmendorf und Travemünde nach Neustadt gekommen.

Das sogenannte Rigid Buoyant Boat (RBB) erreicht seinen Auftrieb durch seinen starren leichten Rumpf selbst, ohne Schlauch. Die Manövrierfähigkeit, das Schleppverhalten und die Stabilität des Vollkunststoffbootes sind außerordentlich gut, Sog und Wellenschlag gering. Wie alle Einheiten der Seenotretter ist auch die »Christoph Langner« als Selbstaufrichter konstruiert.