Michael Meyer, Stellvertretender Chefredakteur (© HANSA)
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Vor wenigen Tagen auf der Messe SMM – die nach Corona-Zwangspause in diesem Jahr endlich wieder stattfinden konnte – konnte ich ein interessantes Gespräch verfolgen: Zwei erfahrene Schifffahrtsakteure, die nicht im Verdacht stehen, sich gegenseitig etwas verkaufen zu wollen, sinnierten über die Unsicherheit in der Schifffahrt – Stichwort Welthandel, Energiekrise, Inflation, Geopolitik (Ukraine, Taiwan) – und wie sie die Entwicklung der Weltflotte prägt. Einer der beiden sagte schließlich: »Ich habe eine überraschende Erkenntnis: Die Schifffahrt ist ein zyklisches Geschäft. Es geht immer wieder rauf und runter.«[ds_preview]

Von Michael Meyer, stellvertretender Chefredakteur, HANSA

Aha. Aber selbstverständlich war die »Überraschung« nicht ernst gemeint, die konjunkturellen Wellen der Branche sind ihm natürlich bekannt. Es wurde kurz über den Spruch geschmunzelt. Aber was er damit sagen wollte, war: In den vergangenen Monaten wurde sehr viel Geld in der Schifffahrt verdient, Reeder, Linien-Carrier, Shipmanager profitierten von der großen Nachfrage nach Tonnage. Also wann, wenn nicht jetzt, ist ein guter Moment zu investieren?, so die in den Raum gestellte Frage.

Es ist eben besagte Unsicherheit, die von Investitionen abhält, so die Meinung des Anderen. Keiner weiß, ob man nicht doch wieder in Schwierigkeiten gerät, wenn man zu hohen Preisen bestellt und der Markt einbricht. Zumal die Raten und Einnahmen schon wieder ihren Höhenflug beendet zu haben scheinen und zumindest in Teilen rückläufig sind.

Ja, es stimmt, die Zukunft ist unklar, selbst der kurz- bis mittelfristige Ausblick ist für so Manchen trübe. Aber angesichts der enormen Verflechtung der Schifffahrt mit weltweiten Handels-, Wirtschafts- und geopolitischen Entwicklungen ist er das sowieso immer.

Das Geld ist aber nach einer enorm profitablen Periode, die auf lange Krisen- und Restrukturierungsjahre folgte und unter anderem durch die großen Probleme in den weltweiten Lieferketten infolge der Corona-Pandemie ausgelöst war, jetzt da.

Und die Technologien, also das Angebit, sind es auch, wie man auf der SMM sehen konnte. Die Weltleitmesse für den Schiffbau war im wahrsten Wortsinne unter anderem ein Marktplatz der Innovationen.

Sich nur darüber zu freuen, dass solch ein Event wieder möglich ist, reicht nicht aus. Dann droht die Wirkung der technologischen Weiterentwicklung zu verpuffen. Es geht schließlich um Großes, die Modernisierung und Dekarbonisierung der Weltflotte.

Hilft da also der Verweis auf den »Schweinezyklus«? Oder ist das nicht ohnehin ein dauerhaftes Phänomen, das immer gerne als Argument für oder gegen diverse (Nicht-)Entscheidungen genutzt wird? Die Frage kann letztlich nur ein Reeder beantworten: Ist nun die Zeit für Investitionen oder nicht? Welcher der Gesprächspartner hat Recht?

Übrigens: Die Frage nach der Finanzierung ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Aber der Finanzsektor steht bereit, es gibt Möglichkeiten. Auf dem HANSA-Forum »Schifffahrt | Finanzierung« am 1. Dezember in Hamburg werden wir darüber diskutieren.