Diskutierten auf dem Maritime Future Summit (v.l.): Volker Bertram (Moderator), Donya Amer (Hapag-Lloyd), Pierre Sames (DNV) Solène Guéré (notilo plus), Kenneth Goh (Knud E. Hansen) und Krischan Förster (HANSA) (© Henckel)
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Viele digitale Lösungen für eine effizientere Schifffahrt existieren bereits. Intelligente Wege zur Kombination dieser Technologien zu finden, war eines der Themen des diesjährigen »Maritime Future Summit«, der auch 2022 den Auftakt zur SMM gab.[ds_preview]

Von der Schiffskonstruktion bis zum -management, von der Brücke über den Maschinenraum bis zum Frachtraum: die Digitalisierung hat in alle Bereiche der Branche Einzug gehalten. Auf dem »Maritime Future Summit« – mit der HANSA als Co-Veranstalter und Partner der SMM –, diskutierten Experten in Hamburg wieder über die neuesten digitalen Trends in der Schifffahrts- und Schiffbaubranche. Ging es in den letzten Jahren um kühne Visionen und konkrete Anwendungsfälle der digitalen Transformation, so hieß das Motto dieses Jahr »Connected Technologies On The Rise – The next Phase of the digital Transition«.

Am Tag vor dem offiziellen Start der internationalen Leitmesse für die maritime Wirtschaft ging es um digitale Allianzen und multidisziplinäre Lösungen, die gebraucht werden, um die Schifffahrt in eine effiziente und nachhaltige Zukunft zu bringen. Gleichzeitig müssen daraus auch neue Geschäftsmodelle entstehen.

Abstract: Getting from technologies to business models

Many digital solutions for more efficient operations in shipping already exist. The next step in the maritime industry’s digital transition will be to connect technologies to get solutions that add real value for companies and customers, meaning that companies could generate new business from going digital, showed this year’s Maritime Future Summit.

»Wir bewegen uns allmählich auf eine höhere Spielebene, indem wir Technologien miteinander verbinden und größere Lösungen schaffen«, sagte Moderator Volker Bertram. »Wir brauchen ein Zusammentreffen von Unternehmen, Technologien und Organisationen, um die Tür zur nächsten Stufe zu öffnen.«

Das ist es, was die deutsche Linienreederei Hapag-Lloyd bereits tut, wie CIO Donya-Florence Amer betionte. Die Nr. 5 im Weltmarkt ist dabei, die gesamte Flotte von Containern mit IoT-Geräten auszustatten. Damit will das Unternehmen einerseits den Betrieb effizienter gestalten und gleichzeitig neue Werte für die Kunden schaffen, die sich als Geschäftsmodelle monetarisieren lassen. In den letzten Jahren sei viel über Supply Chain Disruption im Zusammenhang mit der Digitalisierung gesprochen worden. Die Reederei sei heute allerdings »weit davon entfernt«, auf der Strecke zu bleiben, die Nachfrage nach Supply-Chain-Dienstleistungen sei größer als je zuvor, so Amer. Bei der Transformation geht es ihr daher unter anderem darum, Business- und IT-Departments zu verbinden.

Digitale Service-Erweiterung

Auch die Klassifikationsgesellschaft DNV arbeitet an neuen Geschäftsmöglichkeiten, wie Pierre Sames, Direktor für strategische Entwicklung, berichtete. Das norwegisch-deutsche Unternehmen treibt seine Drohnen-gestützten Inspektionen von Schiffen voran. Auf der Grundlage eines 3D-Modells können Flugroboter ihren Weg durch ein Schiff finden und Schäden aufspüren. Das könne die Surveys ergänzen, mache das Angebot flexibler, billiger, weniger störend und sicherer. Der Einsatz künstlicher Intelligenz könne Unterschiede in der menschlichen Wahrnehmung bei der klassifizierung von Unregelmäßigkeiten ausgleichen, so Sames.

Plädoyer für Roboter

Solène Guéré vom französischen Unternehmen notilo plus plädierte für robotergestützte Unterwasserschiffsuntersuchungen. Ihrer Meinung nach liefert das ROV-Scanning viel mehr Daten als ein menschlicher Taucher es jemals tun könnte, und es erstellt konsistente Berichte von hoher Qualität. »Wir erleichtern den Flottenmanagern den Zugang und die Handhabung der Daten«, sagte sie.

Leichter Zugang ist auch für den Schiffsdesigner Knud E. Hansen ein wichtiges Thema. Wie Kenneth Goh berichtet, nutzt das Unternehmen die virtuelle Realität, um die Kunden bereits in einem sehr frühen Stadium des Schiffsentwurfs einzubeziehen, um die beste Anordnung der Arbeitsräume zu finden und sofortiges Feedback zu erhalten. »VR erleichtert die Zusammenarbeit und Probleme können schnell gefunden werden«, so Goh. Seiner Erfahrung nach seien auch Ungeübte mit der Technologie schnell vertraut und produktiv, weil sei der natürlichen Wahrnehmung so nah sei.

Jilin Ma von der China Classification Society (CCS) nahm sich der unbemannten Schifffahrt an – ein Thema, dass den Future Summit seit seinen Anfängen begleitet. Ma blickte zurück auf die Konferenz von 2021. Sein Fazit damals: unbemannte Bücken sind denkbar, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Heute sieht er mit Blick auf die Projekte in China, Japan und Südkorea einen schnellen Fortschritt, eine deutliche Beschleunigung der Entwicklung.

Für die Entwicklung neuer und effizienterer Schiffe bedarf es auch einer Digitalisierung der Prozesse, wie Ludmila Seppälä von Cadmatic erklärte. Dabei dürfe es nicht darum gehen, als Ergebnis digitale 2D-Zeichnungen zu haben, sondern darum, Engineering und Produktion miteinander zu verbinden. Die Design- und Schiffbauprozesse würden immer komplexer und erforderten die Zusammenarbeit hoch spezialisierter Disziplinen. Daher plädierte sie für den Ansatz des »Data-driven Shipbuilding«

Software heißt Evolution

Effiziente digitale Prozesse waren auch das Thema von Wärtsilä-Voyage-CEO Sean Fernback. Schiffe, die in heutiger Zeit tagelang vor den großen Hubs auf Reede lägen seien »wasted assets«. »In der Luftfahrt fliegt ein Flugzeug nicht los, bevor es das OK von Zielflughafen bekommen hat. Da müssen wir in der Schifffahrt auch hinkommen«, so Fernback. Eine Herausforderung sei der extreme Fokus auf einmalige Capex, dabei müsste die Branche verstehen, dass Software keine einmalige Anschaffung sei, sondern sich in steiger Entwicklung befinde.

Um die Digitalisierung und die Vernetzung verschiedener Player effizient und übersichtlich zu machen, plädierte Patrick Mueller von Siemens Energy dafür, nur eine einzige, offene Plattform zu nutzen. So könne man Datentransparenz erreichen, was letztlich der der Schlüssel zu einer besseren Zukunft sei. »Schiffe sind sehr wertvolle und komplexe Assets. Einen Überblick darüber zu haben, wo man steht, ist die Voraussetzung, um die nächsten Schritte planen zu können, beispielsweise im Bezug auf CO2-Emissionen«, so Müller.    (fs)