Print Friendly, PDF & Email

Der Wertverfall bei den Kapitalanlagen droht die Clubs dieses Jahr erneut in die roten Zahlen zu reißen. Der Druck zu weiteren Prämienerhöhungen steigt. Von Michael Hollmann[ds_preview]

Nach einigen schwierigen Jahren scheint sich der P&I-Sektor allmählich zu berappeln, das lassen zumindest die Schadenquoten einiger Clubs zur Halbzeit des Geschäftsjahres erkennen. Insgesamt bleibt die finanzielle Lage vieler Schiffshaftpflichtversicherer jedoch angespannt. Grund dafür sind die Turbulenzen an den Aktien- und Anleihemärkten, in denen die Versicherer einen Großteil ihrer Ersparnisse angelegt haben, in Folge des Kriegs in der Ukraine.

Abstract: Investment losses fuel premium hikes

Rating agency Standard & Poor’s (S&P Global) warns that »nearly all« IG P&I clubs might record record overall bottom-line losses this year due to write-downs on investments. As a result, capital adequacy and rating levels might be challenged. To improve their balance sheets, clubs are expected to ask for general increases averaging +7 % next year, S&P says.

Der Aktienindex S&P 500 für die Titel der 500 größten börsennotierten US-Unternehmen büßte seit Jahresanfang knapp ein Viertel ein. Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P Global) erwartet nun, dass »fast alle« Clubs innerhalb der International Group das laufende Jahr erneut mit einem Verlust abschließt. Der Wertverfall bei den Kapitalanlagen werde voraussichtlich so beträchtlich sein, dass ihn die meisten P&I Clubs nicht durch bessere Ergebnisse im Underwriting werden ausgleichen können, schreibt die Agentur in ihrem neuesten Report. Damit wäre die Situation quasi spiegelverkehrt zum letzten Jahr (2021/22), als die meisten Versicherer massive technische Verluste einfuhren, die nur zu einem sehr kleinen Teil durch positive Kapitalerträge kompensiert werden konnten. Alles in allem beliefen sich die Fehlbeträge unter den 13 IG Clubs im Vorjahr laut dem britischen Versicherungsmakler Tysers auf 231 Mio. $. Ohne erhebliche Nachschussforderungen seitens des London P&I Clubs wäre das Finanzloch noch größer gewesen.

Nach den ersten Zwischenberichten aus der Branche und auf Basis aktueller Daten zu Großschadenlagen rechnet S&P Global dieses Jahr mit einer durchschnittlichen kombinierten Schaden-Kosten-Quote (Verhältnis von Schäden/Kosten zu Prämieneinnahmen) zwischen 95 % und 100 % unter den IG Clubs. Im Vorjahr lag der Wert bei 115 %, bedeutet: Die Gesamtkosten übertrafen die Prämienerlöse um 15 %. Eine durchschnittliche Quote von nur 95 % ergibt sich bereits für die ersten sechs Monate aus den Zwischenberichten von vier Clubs: Skuld, Shipowners‘, Swedish und West of England.

Ein wichtiger Faktor für das bessere technische Abschneiden sind die stark gesunkenen Großschäden. Bei besonders teuren Schäden über 10 Mio. $, die unter allen Clubs der IG »gepoolt« werden, gab es per Ende September noch keinen neuen Fall – eine völlig Trendumkehr gegenüber den vergangenen Jahren, als die Kosten in diesem Segment immer weiter anwuchsen und bei über 450«Mio.«$ pro Jahr gipfelten.

Die Angaben zu den Kapitalerträgen im bisherigen Jahresverlauf sind hingegen sehr lückenhaft. Swedish und West of England nennen gar keine genauen Zahlen. Bei Skuld ist das Bild unscharf, weil die Investmenterlöse in diesem Fall durch den Verkauf eines Lloyd’s-Managers sehr positiv verwässert werden. Nur die Zwischenbilanz des kleinen Shipowners‘ Clubs gestattet einen vollen Durchblick, das Ergebnis ist verheerend: So schmolzen die freien Reserven aufgrund hoher Wertberichtigungen auf Kapitalanlagen um rund 60 Mio. auf 335,5 Mio. $ zusammen. Zu einer Prognose, wie hoch die Verluste bei den Clubs für das Gesamtjahr ausfallen könnten, lässt sich S&P Global nicht hinreißen. Allerdings wird eine Mahnung ausgesprochen, dass die Bonitätsnoten der Clubs weiter unter Druck kommen könnten. Von den 13 Mitgliedern der International Group seien bereits acht mit einem »negativen Ausblick« versehen, fünf werden als »stabil« eingestuft. Bei einer Herabstufung des Ratings würden sich die Refinanzierungs- und Rückversicherungskosten erhöhen.

S&P geht davon aus, dass die Clubs bei den nächsten »Renewals« im Februar dazu gezwungen sind, die Prämien um durchschnittlich 7 % anzuheben, um zurück in sicheres Fahrwasser zu kommen. Zum Vergleich: Für das laufende Jahr waren es durchschnittlich +11,5 %. Da sich gleichzeitig die Ertragslage der Reeder in zahlreichen Segmenten verschlechtere, sei mit schwierigeren Prolongationsverhandlungen zu rechnen. Eine ähnliche Einschätzung vertritt Tysers in seinem neuen P&I-Report: Für die Clubs gehe es auch in diesem Jahr eher darum, »Verluste zu begrenzen statt Gewinne zu maximieren«. Tysers rechnet mit Prämienanhebungen zwischen +5 und 15 % bei den nächsten Renewals.