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Im juristischen Tauziehen um die Milliarden-Pleite der Rickmers Holding im Jahr 2017 setzt das Insolvenzgericht Hamburg einen Sondersachverständigen ein.[ds_preview]

Der Experte soll jetzt prüfen, ob die Hamburg Commercial Bank (HCOB) als Nachfolgerin der HSH Nordbank möglicherweise haftet, nachdem die damalige Landesbank vor fünf Jahren eine weitere Finanzierung der Rickmers Holding abgelehnt und so die Insolvenz der Reederei erst besiegelt haben soll. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa.

Sollten tatsächlich Ansprüche bestehen, aber verjährt sein, soll der Gutachter zudem untersuchen, ob dann möglicherweise der Insolvenzverwalter haftet. Das Gericht folgt damit Forderungen von Anleihegläubigern, die den Angaben zufolge einen Sonder-Insolvenzverwalter verlangen, um Ansprüche gegenüber dem ursprünglichen Insolvenzverwalter geltend machen zu können. Der Fachanwalt Christoph Morgen (Brinkmann & Partner) agierte damals als Chief Insolvency Officer im Vorstand der Rickmers Holding. Der Hamburger Rechtsanwalt Jens-Sören Schröder (Johlke Niethammer & Partner) war vom Amtsgericht Hamburg zum vorläufigen Sachwalter bestellt worden.

Wer haftet für die Pleite?

Ein externes Rechtsgutachten war zuvor zu dem Schluss gekommen, dass die HSH Nordbank damals den Sanierungsprozess der Reederei »treuwidrig« abgebrochen habe und somit für die Insolvenz der Rickmers Holding verantwortlich sei. Zum anderen habe der Insolvenzverwalter die Ansprüche der Gläubiger verjähren lassen und stehe nun womöglich selbst in der Haftung.

Da nach Auffassung des Hamburger Gerichts aber gar nicht klar ist, ob die von den Gläubigern erhobenen Ansprüche überhaupt begründet sind, soll der jetzt bestellte Gutachter für Aufklärung sorgen.

Die von Bertram Rickmers geführte Rickmers Holding hatte 2017 Insolvenz anmelden müssen. Ausschlaggebend war, dass die Reederei ihre Anleihe-Gläubiger nicht mehr bedienen konnte. 2013 waren insgesamt 275 Mio. € bei einem Zinssatz von 8,85% eingesammelt worden. Eine fällige Zinszahlung in Höhe von 24,4 Mio. € konnte im Frühsommer 2017 nicht mehr beglichen werden – damit wurde der Insolvenzantrag unausweichlich.

HSH Nordbank zog die Reißleine

Die HSH Nordbank hatte seinerzeit die Zustimmung zu einer Restrukturierung zurückgezogen, die auch einen Sanierungsbeitrag von Bertram Rickmers in Höhe von 30 Mio. € vorsah. Der Großteil der Schulden von insgesamt 1,5 Mrd. € lag seinerzeit bei der damaligen Landesbank, sie hätte auch die größten Zugeständnisse machen müssen.

Die Unternehmensgruppe mit 114 Schiffen und 2.000 Mitarbeitern wurde anschließend abgewickelt. Die Reederei-Sparte (Rickmers Maritime Services) wurde, wie zuvor schon die E.R. Schifffahrt von Erck Rickmers, vom Bremer Bauunternehmer Kurz Zech übernommen und firmiert bis heute unter dem Namen Zeaborn Ship Management. Die MPP-Sparte (Rickmers Line) wurde zunächst an Zeamarine (ebenfalls Zech) verkaauft, bis auch dieses Unternehmen in die Insolvenz musste. Die Reste (Intermarine) gehören heute zur Bremer Gruppe Harren & Partner. Der Rickmers Maritime Trust in Singapur wurde aufgelöst.


Noch einmal zum Nachlesen: Unser Dossier zum Fall Rickmers:

rickmers gruppe flach hansa

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