Lidl Koenig und Stangl Tailwind Lidl

Der Einzelhändler Lidl denkt bei seiner Reedereisparte Tailwind Shipping Lines langfristig. Auf dem HANSA-Forum erläuterten die Manager die Strategie.

Auf dem heutigen, ausverkauften 25. HANSA-Forum »Schifffahrt | Finanzierung« in Hamburg präsentierten sich erstmals die Köpfe hinter der Lidl-Reederei der Branchenöffentlichkeit. Im Zuge der Lieferkettenprobleme während der Corona-Pandemie überraschte die Supermarktkette mit der Gründung einer eigenen Reederei. Jetzt haben sich die Lieferketten entspannt – bleibt Lidl bei dem Modell? Andere neue Player sind längst wieder verschwunden.[ds_preview]

Scherzhaft nennt sich Tailwind sowohl »Start-up« als auch »Deutschlands zweitgrößte Linienreederei«. Mit sechs Schiffen, zwei davon im Eigentum, und 29 Mitarbeitern in Hamburg hat das Unternehmen einen Marktanteil von 0,7% im Asien-Europa-Verkehr. Für die Supermarktkette hat das vom Chef der Inbound-Logistk Christian Stangl und drei Mitarbeitern »im Home-Office ausgedachte« Schifffahrtsunternehmen großen Wert.

Tailwind bringt Aktionsware

Die Reederei kümmert sich um die Nonfood-Ware von Lidl, die als reine Aktionsware zu bestimmten Zeitpunkten in den Filialen verkauft wird und daher rechtzeitig und verlässlich bereitgestellt werden muss. Derzeit betreibt das Unternehmen zwei Dienste – mit einem Schiff zwischen Bangladesh nach Colombo (Sri Lanka) und fünf Schiffen zwischen China über Colombo zu den drei europäischen Anlaufhäfen Koper, Barcelona und Rotterdam.

Wie Nonfood-Geschäftsführer Tobias König erklärte, ist hier Just-in-Time entscheidend. »Nur wenn die Ware pünktlich im Regal ist, machen wir auch Umsatz.« Dieses Konzept sei schon vor Corona im Zusammenspiel mit Linienreedereien schwierig gewesen. Durch die Lieferengpässe während der Pandemie wurde es kritisch, der Bereich Seetransport sei damals für Lidl eine »Black Box« gewesen.

Mit der Gründung von Tailwind habe sich das geändert. Die Supermarktkette, die 10.000 Filialen in 30 Ländern betreibt, kann sich nun darauf verlassen, dass die Aktionsware rechtzeitig in den Regalen ist. Dabei arbeitet man weiterhin mit Reedereipartnern zusammen, kann aber mit Blick auf Produktionstermine von Ware und Aktionstermine jetzt besser planen, erläuterte König.

Tailwind setzt auf langfristige Charterverträge

Auch mit dem Ende der Corona-Pandemie bleibt die eigene Reederei ein attraktives Modell für Lidl, das man keineswegs aufgeben will. Tailwind hat seine Charterschiffe langfristig unter Vertrag genommen, man will sich nicht am kurzfristigen Chartermarkt betätigen. »Die Ware steht im Vordergrund«, sagte Tailwind-CEO Stangl.

Auch für Ladung anderer Kunden als Lidl ist man Prinzipiell offen. Derzeit fährt man von anderen Kunden vor allem hochwertige und zeitkritische Ladung. Wachstumsdruck für die Lidl-Reederei bestehe derzeit nicht, so Stangl. Perspektivisch könne es durchaus auch Neubauten geben. »Wir haben aber auch heute schon eine der modernsten Flotten am Markt.« An vier Schiffen aus der Tailwind-Flotte wurden im letzten Jahr bereits Retrofits der Propeller durchgeführt. Zusammen mit einer Silikon-Rumpfbeschichtung spare man bereits über 25% Kraftstoff. (fs)