Die Linienreedereien erzielen weitere Erfolge bei der Anhebung der Frachtraten am Spotmarkt. Der General Rate Increase (GRI) per Anfang Mai treibt das Marktniveau bereits nach oben.
Nach einer Seitwärtsbewegung in den vergangenen Wochen drehen die Frachtraten jetzt Richtung Norden. Kurz vor dem nächsten General Rate Increase (GRI) per 01. Mai machte der Shanghai Containerized Freight Index (SCFI) für die Spotraten ex Fernost heute einen Sprung um fast +10% auf 1.940 $/TEU. Auf der Hälfte der im Index abgebildeten Routen gab es prozentual zweistellige Steigerungen. [ds_preview]
Erstmals seit vielen Wochen zog das Preisniveau auch im Transpazifik merklich an. Nachdem zwei Tariferhöhungsrunden Anfang und Mitte dieses Monats scheinbar ohne Effekt verpufft waren, stiegen die SCFI-Raten für Verladungen von Shanghai zur West- und zur Ostküste der USA heute um +13,5% und +14,5% auf 3.602 und 4.661 $/FEU.
»Der Laderaum wird knapp, die ersten Container schon gerollt«, warnte ein großer US-Logistiker in einem Kundenschreiben. Unter »Rollen« versteht man die Verschiebung von Buchungen auf die nächste Abfahrt, weil die Schiffe voll sind. Der US-Einzelhandelsverband NRF rechnet angesichts der robusten Konjunktur in den USA mit einem Anstieg von +11% beim Containerimport in der ersten Jahreshälfte. Möglicherweise zieht der Anstieg der Spotraten in den kommenden Wochen höhere Buchungen als erwartet nach sich. Grund: Einige Kontraktkunden, die über viel günstigere Langfristraten von 1.500 $/FEU und weniger verfügen, dürften versuchen, ihre Platzkontingente auszureizen.
Auf der Strecke von Fernost in die europäische Nordrange hoben die SCFI-Panelisten aus Agentur und Spedition ihre Rateneinschätzung um fast +17% auf 2.300 $/TEU an. Für Empfangshäfen im Mittelmeer kletterte das Indexniveau um +6% auf 3.235 $/TEU. Schon seit März legen die Buchungen aus Asien heraus nach Europa wieder zu, wie aus Speditionskreisen zu hören ist. Außerdem werden vor den Mai-Feiertagen in China werden nun noch die Läger ausgekehrt.
Die Schiffsabfahrten sollen bereits voll ausgebucht sein. Gleichzeitig binden längere Wartezeiten auf Reede infolge dichten Nebels in der Vorwoche in Fernosthäfen wie Shanghai, Ningbo und Busan mehr Schiffskapazität. Und zusätzlich nehmen die Reeder Kapazität aus dem Markt. Der US-Logistiker Flexport rechnet aufgrund von »blank Sailings» (Abfahrtsstreichungen) und Fahrplanänderungen der Ocean-Allianz in der ersten Maihälfte mit einer Abnahme der Stellplätze um rund -10% auf der Fernost-Europa-Strecke. Unterdessen kündigen die Linien schon die nächsten Preiserhöhungen an. CMA CGM will den Tarif per 15. Mai auf 5.000 $/FEU anheben – von einem Marktniveau im April von nur 3.000 $/FEU, teils weniger.
Abseits der großen Ost-West-Trades sticht der erneute Höhenflug der Raten im Fahrtgebiet Fernost/Ostküste Südamerikas ins Auge. Dort herrscht bereits Hochsaison. Nach einem erneuten Anstieg um +11% liegt die Indexrate für die Relation Shanghai/Santos mit 4.623 $/TEU so hoch wie seit anderthalb Jahren nicht mehr.
Am Bulk-/Trockenfrachtmarkt ging es überwiegend bergab
Am Bulk-/Trockenfrachtmarkt ging es diese Woche überwiegend bergab mit den Raten, nur die kleinen Frachter mit eigenen Kränen konnten leichte Verbesserungen verzeichnen. Der Baltic Dry Index sank um -190 auf 1729 Punkte.
Größter Verlierer waren die Capesize-Bulker, deren Durchschnittsrate (5TC) im Trip-Business um -23% auf 18.000 $/Tag in die Knie ging. Sowohl im Eisenerzgeschäft ex Australien als auch ex Brasilien ließ die Aktivität in der Spotbefrachtung deutlich nach. Zudem rauschte das Ratenniveau im Nordatlantik mangels Ladung für Transatlantik-Reisen in die Tiefe. Erstmals seit September ließen sich die Reeder auf Tagessätze von unter 10.000 $ für Round-Trips ex Gibraltar-Hamburg Range ein.
Die Panamaxe (Index-Typschiff: 82.500 tdw) beenden die Woche bei 16.900 $/Tag und damit -2% unter dem Niveau der Vorwoche. Makler nannten eine ab Mitte der Woche etwas stockende Tonnagenachfrage an der Ostküste Südamerikas als Grund.
Eine positive Bilanz ziehen die im Supramax-Segment engagierten Reedereien mit einem Plus von +7% auf 16.441 $/Tag. Vor allem in Südostasien soll das Geschäft diese Woche gebrummt haben mit ordentlichen Steigerungen auf den Kohle-Routen ex Indonesien. Die Handysize-Bulker (38.000 tdw) verbesserten sich leicht um +1,5% auf 13.523 $/Tag dank positiven Impulsen in Südostasien und an der Ostküste Südamerikas. Insgesamt soll das Tonnageangebot im asiatisch-pazifischen Raum derzeit knapp sein, so dass die Aussichten dort auch für kommende Woche gut sein dürften.
Für die Mehrzweckfrachter mit Schwergutkränen nimmt die Nachfrage laut Market Sentiment Index von One World Shipbrokers in Hamburg aktuell zu. Das Stimmungsbarometer für die Projektbefrachtung kletterte von 52,4 auf 53,6 Punkte. Nachdem sich die Tonnage infolge der Krise im Roten Meer verknappt hat, berichteten drei Viertel aller teilnehmenden Carrier von steigenden Frachtraten. Auch den Ausblick für die kommenden Monate schätzten sie entgegen der üblichen Saisonalität positiv ein, so One World.
Shortsea: Ratentrend in Nordeuropa leicht positiv
Im Shortsea-Sektor für Bulk und Breakbulk war der Ratentrend in Nordeuropa bei knappem Tonnageangebot leicht positiv, wie der Branchendienst BMTI berichtet. Im Mittelmeer hingegen sollen die Handels- und Umschlagaktivitäten nach Ende des Ramadans noch gedämpft gewesen sein, was für Druck auf die Frachtraten sorgte. Der European Short Sea Index (EUSSIX) von BMTI gab leicht um -0,4% auf 32.02 Punkte nach.
Am Rohöltanker-Chartermarkt gab es diese Woche bei mäßiger Aktivität nur geringe Ratenveränderungen. Aufgrund von Instandsetzungen in den asiatischen Raffinerien und negativen Preiserwartungen am Rohölmarkt war die Charternachfrage im Persischen Golf Maklern zufolge bis Mitte der Woche schwach. Am Donnerstag belebte sich der Markt. So konnten die VLCC frühere Verlust aufholen, die durchschnittlichen Spoteinnahmen lagen gestern mit 44.200 $/Tag etwa auf dem Niveau der Vorwoche. Die Suezmaxe und Aframaxe verzeichneten Einbußen von je rund -5% bis -6% auf 41.200 und 40.000 $/Tag. (mph)