In den vergangenen acht Quartalen ist das Schiffsrecycling von Massengutfrachtern, Tankern und Containerschiffen auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gesunken. Eine Kombination mehrerer Faktoren treibt die Entwicklung.
Eine Kombination aus starker Nachfrage nach einer Reihe von Marktschocks und niedrigen Auftragsbeständen hat dazu geführt, dass ältere Schiffe länger als üblich in Betrieb bleiben. [ds_preview]
Im ersten Quartal 2024 wurden nach Daten der Schifffahrtsorganisation Bimco nur 2 Mio. DWT Schiffskapazität recycelt. Es ist das neunte Quartal in Folge, in dem die Recyclingrate unter 3 Mio. DWT liegt. Das letzte Mal, dass das Schiffsrecycling über einen längeren Zeitraum hinweg so niedrig war, war vor der Finanzkrise 2008.
»Da die Flotte derzeit viel größer ist als vor der Finanzkrise, war das Recycling in den letzten acht Quartalen auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Im Durchschnitt wurden in diesem Zeitraum nur 0,1 % der Flotte recycelt, während es in den letzten 20 Jahren durchschnittlich 0,45 % waren«, sagt Filipe Gouveia, Shipping Analyst bei Bimco.
Die aktuelle Sicherheitslage im Roten Meer ist die jüngste in einer Reihe von Schocks, die die Nachfrage nach Schiffen in die Höhe getrieben haben. Es wird eine größere Anzahl von Schiffen benötigt, um die gleiche Menge an Fracht zu transportieren, da die Entfernungen zunehmen, wenn die Schiffe wegen der Gefahr von Angriffen durch die Huthis über das Kap der Guten Hoffnung ausweichen. In den Jahren 2022 und 2023 hatten die Sanktionen gegen russische Öl- und Kohleexporte ähnliche und nachhaltige Auswirkungen auf den Tanker- und Massengutsektor. Auch das veränderte Verbraucherverhalten während der Covid-Pandemie führte zu einem sprunghaften Anstieg der Containernachfrage.
Schiffsrecycling soll bei Entspannung im Roten Meer deutlich anziehen
»Während die hohe Nachfrage und die Frachtraten das Schiffsrecycling niedrig hielten, haben die begrenzten Auftragsbücher für Tanker und Massengutfrachter der letzten Jahre ebenfalls zu den niedrigen Recyclingraten beigetragen. Auch die Ablieferungen von Bulker- und Tanker-Neubauten haben den niedrigsten Stand seit 20 Jahren erreicht«, sagt Gouveia.
Trotz geringen Ablieferungen in letzter Zeit deuten nach seiner Einschätzung einige Indikatoren auf eine stärkere Flottenentwicklung in naher Zukunft hin. Im Containersektor wird der Ablieferungsrekord für Neubauten aus dem Jahr 2023 im Jahr 2024 gebrochen, und das Angebot wird voraussichtlich schneller wachsen als die Nachfrage. Im Tankersektor werden die Ablieferungen nach Bimco-Einschätzung in den Jahren 2025 und 2026 aufgrund des jüngsten Anstiegs bei den Neubauaufträgen deutlich zunehmen, während das Wachstum des Frachtvolumens gering bleiben könnte.
»Das Schiffsrecycling wird sich in den kommenden Jahren unweigerlich erholen. Die Schiffe, die recycelt worden wären, wenn die Umleitung am Kap der Guten Hoffnung nicht notwendig gewesen wäre, werden wahrscheinlich schon bald nach Beendigung der Situation recycelt werden. Daher gehen wir trotz dieser kurzfristigen Flaute beim Recycling immer noch davon aus, dass zwischen 2023 und 2033 mehr als doppelt so viele Schiffe recycelt werden wie in den vergangenen zehn Jahren«, sagt Gouveia.