Im Februar startet die Allianz von Maersk und Hapag-Lloyd. Das Hub-and-Spoke-Konzept soll eine bislang nicht bekannte Fahrplantreue bieten. Von Krischan Förster
Was in den ersten Februar-Tagen startet, ist das Ergebnis einer fast zweijährigen Vorarbeit. Zuerst hatten die Vorstandschefs von Maersk und Hapag-Lloyd lange und im Stillen miteinander verhandelt, bevor sie Anfang 2024 ihr neues Bündnis namens »Gemini Cooperation« unter Dach und Fach hatten. Danach tüfteln die Netzwerk-Experten beider Linienreedereien monatelang über Fahrplänen, verfügbaren Schiffen, Terminalkapazitäten und Abfahrtszeiten.
»Gemini« ist unter den drei Linienallianzen die einzig richtig neue. Das seit 2017 bestehende Bündnis der französischen CMA CGM, Cosco (China), OOCL (Hong Kong) sowie Evergreen (Taiwan) war und bleibt mit einerKapazität von fast 5 Mio. TEU die größte. MSC als ehemaliger »2M«-Partner von Maersk kommt als Solo-Akteur allerdings auf 6,37 Mio. TEU. Die nach dem Abgang von Hapag-Lloyd umbenannte »Premier Alliance« von ONE (Japan), HMM (Südkorea) und Yang Ming (Taiwan) bietet 3,5 Mio. TEU auf, in einigen Fahrtgebieten ist MSC als Slotcharter-Partner mit dabei. Auch die anderen Alleinfahrer ZIM, PIL und Wan Hai dürften sich in dem einen oder anderen Fall mit anderen Carriern oder Allianzen verbünden.
Die »Gemini Cooperation positioniert sich mit einer geplanten Kapazität von 3,7 Mio. TEU in der Mitte der drei Großen. Offiziell geht es am 1. Februar los, tatsächlich aber wird es einige Wochen bis sogar Monate dauern, bis die Neuaufstellung abgeschlossen ist. Schließlich gilt es, rund 340 Schiffe der beiden Partner in ein weltumspannendes Liniennetz in sieben Fahrtgebieten im Ost-West-Verkehr einzuspleißen, das sich aus 29 Interkontinental-Diensten und 28 regionalen Zubringer-Diensten zusammensetzen soll. 40 % der Flotte stellt dabei Hapag-Lloyd, die anderen 60 % stammen von Maersk.
Laut Anders Boenæs, seit August 2020 Netzwerkchef bei Hapag-Lloyd, sind die gemeinsamen Vorbereitungen längst abgeschlossen. Unmittelbar vor »Tag X« werde die Position jedes Schiffes täglich erfasst und mit der erwarteten Ankunftszeit in dem für den Wechsel vorgesehenen Hafen abgeglichen. Dort geht die Ladung der bisherigen Allianzpartner von Bord, ab diesem Moment sei es ein »Gemini«-Schiff, das nach neuem Fahrplan fahre.
Die Kunden seien rechtzeitig informiert worden, praktisch sollen sie von der Umstellung möglichst nichts merken, vorausgesetzt, das Wetter spiele mit und es gebe auch keine anderen störenden Einflüsse. »Es wird hoffentlich sehr unproblematisch«, sagt Boenæs. Allerdings werde der gesamte Prozess etwa zweieinhalb Monate dauern, bis auch der letzte Frachter nach der derzeit längsten Transitzeit von 14 Wochen bei Gemini angekommen und die erste komplette Rotation nach dem neuen Fahrplan erfolgreich abgeschlossen sei.
Anders als in früheren Allianzen oder auch künftig bei MSC als Alleinunterhalter wird auf viele Hafenanläufe entlang der wichtigen Handelsrouten verzichtet. Stattdessen konzentrieren sich die »Gemini«-Partner auf zwölf strategische Containerhubs für die interkontinentalen Dienste, darunter finden sich Wilhelmshaven und Bremerhaven in Deutschland. Von den Hubs aus sollen regionale Shuttle-Dienste den weiteren Transport in weitere Zielgebiete übernehmen.
»Mit jedem Hafen in einem Dienst steigt das Risiko von Verspätungen«, erklärt Boenæs. Mit »Gemini« sollen hingegen die Transitzeiten verkürzt und die Verlässlichkeit im Service deutlich verbessert werden. Schwierigkeiten in einem Zubringerdienst würden dann nicht mehr auf den »Main Line«-Service oder andere Shuttle-Verkehre durchschlagen, sagt Boenæs.
Nach der vollständigen Einführung des gemeinsamen Netzwerks, etwa ab Mitte 2025, treten die beiden Reedereien mit dem Versprechen an, eine Fahrplanzuverlässigkeit von 90 % zu erreichen. Ungeachtet des in der Unternehmensstrategie ausgerufenen Ziels, die klare Nr. 1 unter allen Carriern bei der Servicequalität zu werden, dümpelte Hapag-Lloyd jedoch zuletzt bei knapp 50 % herum. »Die Fahrplantreue war in der Linienschifffahrt schon immer ein Problem, mit und nach der Corona-Krise ist die Situation eher noch schlechter geworden«, so Boenæs. Das soll sich nun dramatisch ändern, dafür ziehen alle bei Maersk und Hapag-Lloyd ungeachtet der jeweiligen Präferenzen bislang an einem Strang. »Mit uns werden die Uhren neu gestellt.«
Die Resonanz der Frachtkunden sei ermutigend, sagt der Netzwerkchef. Im sensiblen Fahrtgebiet USA, wo es traditionell viele Langzeitverträge gebe, sei zum Beispiel die Buchungsnachfrage signifikant gestiegen. Jeder Kunde könne und müsse künftig entscheiden, ob er seine Ladung »Gemini« anvertraue – oder eben einem anderen Carrier. »Wir müssen dann aber unser Versprechen auch einlösen«, räumt Boenæs ein, also das avisierte Ankunftsdatum des Schiffes einhalten. »Wir wollen und müssen vom Start weg zeigen, dass wir es anders und besser können.«
Die Fahrplantreue der Schiffe interessiere den Kunden aber auch nur dann, wenn seine Ladung an Bord sei und am Ende pünktlich ans Ziel komme. »Künftig messen wir transparent die Pünktlichkeit jeder einzelnen Box. Das wird die nächste Stufe, die wir zünden«, so Boenæs.