Eine lange Tradition geht zuende
Der 1898 in Antwerpen geborene Erich Müller-Stinnes war als Sohn deutscher Eltern in Belgien groß geworden und 1933 bei[ds_preview] der H.C. Horn als Partner eingetreten. Nachdem Heinz Horn ihm 1949 auch seine Anteile am »Westindischen Schiffahrtskontor« übertragen hatte, benannte Müller-Stinnes die Firma in »Horn-Linie« um. Im eigentlichen Sinne war sie keine Nachfolgegesellschaft von H.C. Horn, sondern ein Konstrukt, um die Probleme aus der oben beschriebenen ungeklärten Hypothekenfrage zu umgehen. Während die Bezeichnung »Horn-Linie« bis 1945 mehr als Markenzeichen anzusehen war, gab es seit 1951 eine offiziell als »Horn-Linie OHG« eingetragene Gesellschaft.
Einen wichtigen Grundstein für das Unternehmen hatte der neue Alleininhaber durch die Übernahme der Generalagentur der französischen Compagnie Générale Transatlantique gelegt. Dies war vier Jahre nach Kriegsende keinesfalls als »normal« zu bezeichnen und sollte der Horn-Linie die Geschäftsgrundlage für die Zukunft sichern. Neben dem Agenturgeschäft war ein Bestandteil des Vertrages mit der CGT die Wiederaufnahme des Liniendienstes der Horn-Linie mit gecharterter Tonnage und Schiffen des französischen Partners. Dies war insofern bemerkenswert, als zum Zeitpunkt der ersten Abfahrt im Jahre 1950 die gültigen Alliiertenbeschlüsse die Entfaltungsmöglichkeiten der deutschen Schifffahrt eigentlich noch stark einschränkten.
Bereits ein Jahr später lief der erste eigene Neubau auf der Deutschen Werft in Hamburg vom Stapel. Die »Hornfels« hatte bei 4.032 BRT eine Tragfähigkeit von 7.300 t, bei einem Tiefgang von 6.60 m und war neben dem üblichen Ladegeschirr mit einem Schwergutbaum von 30 t ausgerüstet. Es folgten drei modifizierte Schwesterschiffe. 1955 kam der erste Kühlschiffsneubau, die »Horncap« mit 3.500 tdw und einem Zweitakt-Achtzylinder mit 5.340 PS von MAN. Die Horn-Linie bestellte kontinuierlich weitere Kühl- und Frachtschiffe bei der Deutschen Werft (bis 1967, danach bei der Howaldtswerke-Deutsche Werft AG). Die großen Motorschiffe der inzwischen auf 12 Einheiten angewachsenen Flotte hatten eine Tragfähigkeit von etwa 12.500 t. Schon im Jahre 1953 hatte die Horn-Linie in Hamburg auch die Agentur der Svedel Line, einem Gemeinschaftsdienst der Societé Naval Delmas Vieljeux, Paris und der schwedischen AB Svenska Ostafrika Linjen, übernommen. Damit weitete das Unternehmen seine Agenturaktivitäten erheblich aus. 1960 trat die Horn-Linie in eine Partnerschaft mit der Bremer Bruno Bischoff Reederei, die von Hamburg und Bremen aus die östliche Ostsee bediente. In diesem Gemeinschaftsdienst setzte die Horn-Linie sowohl eigene als auch gecharterte Schiffe ein.
Einschneidende Veränderungen
Ein Jahr vor seinem Tode im Jahre 1963 verkaufte Erich Müller-Stinnes, der keine leiblichen Erben hatte, die Horn-Linie zu gleichen Teilen an die CGT und die Hamburg-Amerika Linie. Damit wollte er sein Lebenswerk sichern und in guten Händen wissen. Diese Partnerschaft wurde im Jahre 1975 aufgelöst, nachdem die Hapag zuvor mit dem Norddeutschen Lloyd in Bremen und die CGT mit der Compagnie Messageries Maritime zur CGM fusioniert hatten. Die Reederei blieb weiterhin zu je 50 % im Besitz der beiden großen Player, während das Schifffahrtskontor mit der Maklerei und der Ostsee-Linie bei der CGM verblieb. Die Fusion der französischen Gesellschaften bewirkte eine Ausweitung des Agenturgeschäftes. Als sich im Jahre 1978 Hapag-Lloyd ganz aus der Horn-Linie zurückzog, gehörte diese nun vollständig der CGM. Im Jahre ihres 100-jährigen Bestehens umfasste die Horn-Flotte drei im transatlantischen Dienst fahrenden Kühlschiffen und zwei Küstenmotorschiffe.
Einen China-Neubau erhielt die Reederei 1985 von der Wuhan-Werft. Die 6.000 tdw große »Hornfels« (mittlerweile das sechste Schiff diesen Namens) wurde für die CGM im Zubringerdienst zwischen den Antillen und Französisch Guyana eingesetzt.
Die Horn-Linie seit 1990
Das Jahr 1990 sollte für die Horn-Linie auch eine neue Ära einläuten. Von der jugoslawischen Werft »Uljanik« in Pula erhielt die Reederei das erste von insgesamt drei RoRo/Kühlschiffsneubauten, das »Hornbay« getauft wurde. Es folgten die »Horncap« (1991) und die »Horncliff« (1992). Die Spezialschiffe mit 12.887 BRT erhielten ihren traditionellen Horn-Namen mit einer englischen Endung. Ab 1994 fuhren diese Schiffe im Con/Ro Dienst in die Karibik, ausgehend mit Containern und rollender Ladung, heimkehrend zum Kontinent mit Bananen. Eine von der Reederei im selben Jahr aufgenommene Linie zwischen Hamburg und Hull mit dem 1978 auf der Rickmers-Werft gebauten RoRo-Frachter »Thomas Wehr«, (Chartername »Hornlink«), wurde noch im selben Jahr wieder eingestellt, die Ergebnisse waren nicht zufriedenstellend.
Die anstehende Privatisierung der im französischen Staatsbesitz befindlichen CGM führte 1994 zum Verkauf von 51 % der Horn-Linie an die mexikanische Reederei TMM (Transportes Maritimes Mexicana). Drei Jahre später, im Dezember 1997 erwarb die amerikanische Del-Monte-Gruppe sowohl die Holdinggesellschaft als auch die restlichen Anteile von der CGM, die sich damit nach 35 Jahren aus sämtlichen Geschäften bei der Horn-Linie herauszog. Die Del-Monte-Gruppe charterte die Kühlschiffe der Reederei für ihren Bananentransport aus der Karibik.
1999 nahm die Horn-Linie mit zwei 1.022 Containerschiffen der NSB Niederelbe Schiffahrtsgesellschaft aus Buxtehude einen Containerliniendienst von Felixstowe und einigen kontinentalen Häfen nach Westindien auf. Auch dieser Dienst wurde wieder eingestellt.
Bis zu ihrer Auflösung 2009 betrieb die Horn-Linie ihren traditionellen Caribbean Service im wöchentlichen Rhythmus von Dover, Antwerpen und Le Havre nach Cartagena, Point a Pitre, Ft. de France und Puerto Limon mit einem Angebot für Passagiere auf ihren Frachtschiffen. Neben den drei ConRo-Schiffen, waren noch zwei kleinere, 1994 gebaute Einheiten, die »Sevilla Carrier« und »Toledo Carrier« mit knapp 6.000 BRT, auf dieser Route zum Einsatz gekommen.