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Die auf Schifffahrt spezialisierten Anwälte resümieren in der HANSA-Umfrage das Jahr 2010, blicken auf die künftige Marktentwicklung und zeigen Lösungsansätze auf

Im vergangenen Jahr erholten sich bei der Containertonnage erst die Fracht- und anschließend die Charterraten – für viele Marktteilnehmer durchaus schneller[ds_preview] als erwartet. Doch die Erholung ist ambivalent, wie beispielsweise der Blick auf die Bulk- und Tankschifffahrt zeigt. Und auch für die Containerlinienreeder läuft 2011 schon nicht mehr allzu erfreulich, nachdem im Vorjahr noch Rekordergebnisse eingefahren wurden. Zudem sind die Finanzierungsprobleme am maritimen Standort Deutschland weiterhin ungelöst.

Die HANSA fragte die Seerechtskanzleien, ob die Krise der Schifffahrt aus ihrer Sicht schon überwunden ist und welche Anforderungen sie an ihre Arbeit gestellt hat angesichts des durchaus streitbaren Umgangs der Geschäftspartner miteinander.

Das KG-Modell hat durch die Insolvenzen von Korea Line und Beluga weitere Nackenschläge einstecken müssen. Hier lautet die große Frage: Hat es künftig noch eine Existenzberechtigung bei der Schiffsfinanzierung – und wenn ja: in welcher Form? Zudem haben die Banken ihre zweite Restrukturierungsrunde eingeläutet: Kommt es aus Sicht der Anwälte zur vielfach angekündigten Konsolidierung unter den Reedereien? Und wie beurteilen sie die Portfolio-Bereinigungspolitik der Kreditgeber? Schließlich stellt sich beim Ausblick die Frage nach alternativen Geldquellen wie Börsengänge, Anleihen, Private Equity oder neu am Markt auftretende ausländische Banken, insbesondere aus China. Können sie die Finanzierungslücke schließen? Auch hierzu haben die Schifffahrtsanwälte Stellung genommen. nis

Ahlers & Vogel

»Aus unserer Sicht war 2010 erneut ein Jahr, das mit anderen nicht verglichen werden kann. Hatte es zunächst den Anschein, dass die 2009 beschriebene Schifffahrtskrise überwunden sei, zeigte der Markt immer noch erhebliche Schwächen. Diese waren u.a. bedingt durch Fehleinschätzungen – wie durch den Einstieg von Oaktree bei Beluga belegt – oder schwache Nachfrage aufgrund finanzieller Schieflagen einiger Länder, insbesondere im EU-Raum.

Durch diese Ereignisse ist besonders im Finanzierungsbereich die gerade wieder aufkeimende kooperative Haltung verschwunden. Dies macht die Beschaffung von Fremdkapital über Privatanleger weiter schwierig. Allerdings ist eine Zunahme ausländischen Engagements zu beobachten, das gilt insbesondere für Investoren jenseits des Atlantiks, die wieder in den Startlöchern zu stehen scheinen. Offenbar ist der Standort Deutschland auch steuerlich weiterhin attraktiv.

Die allgemein schwierige Finanzlage stellte hohe Anforderungen und bedeutete schwierige und langwierige Verhandlungen mit säumigen Zahlern, insbesondere den Charterern. Bisher von den Banken tolerierte Verletzungen von Loan Covenants führten häufig zu Margenerhöhungen, die wiederum in erhöhten Kreditkosten resultierten.

Schifffahrtsunternehmen mussten restrukturiert werden mit der Folge von bisweilen schmerzhaften Nach- und Neuverhandlungen mit zurückhaltenden Kreditgebern. In diesem Zusammenhang sind wir immer stärker gefordert, Mandanten als Gläubiger gegenüber anderen, in die Insolvenz geratenen Schifffahrtsunternehmen zu beraten.

Ob es zu weiteren Konsolidierungen unter den Reedereien kommen wird, bleibt abzuwarten. Zumindest werden sich Spezialisten am Markt behaupten, wohingegen kleinere Gesellschaften ein schwieriges Fahrwasser zu bewältigen haben.

KG-Modelle, die in der Vergangenheit überwiegend die von Deutschen beherrschte Containerschifffahrt auf eine Spitzenposition brachten, werden auf überschaubare Zeit nur mit wirklich guten und realistisch eingeschätzten Projekten sowie unter Beteiligung von einzelnen Großinvestoren und/oder institutionellen Anlegern Bestand haben. Sicher scheint, dass es in Zukunft auf die Bereitstellung hoher Eigenkapitalanteile ankommen wird, da Banken kaum noch auf Platzierungsgarantien abstellen werden.

Probleme anderer Art bereitet die weiter ausufernde Piraterie. Die internationale Staatengemeinschaft erweist sich als nicht hinreichend durchsetzungsfähig, so dass komplett neue Modelle gefordert sind, um den Schutz von Besatzung, Schiff und Ladung zu gewährleisten. Hier war und ist innovative Beratungstätigkeit gefordert, gepaart mit Wissen um nationale und internationale Regelwerke.

Auch die auf die Schifffahrt zukommenden Anforderungen unter dem Stichwort ,grüne Schifffahrt‘ erforderten zum Teil schwierige Nachverhandlungen bei Schiffbauverträgen und Beratung für den Fall von Interventionen ausländischer Hafenstaatskontrollen hinsichtlich behaupteter Verstöße gegen Umweltauflagen. Regulatorische Ausuferungen in manchen Staaten, die mehr zur Verwirrung als zu einer verlässlichen Schifffahrt beitrugen, erforderten ständig aktualisierten Informationsbedarf, um Mandanten bei der Konfrontation mit Behörden in verschiedenen Jurisdiktionen konstruktiv zur Seite zu stehen. Gleiche Anforderungen waren gefragt hinsichtlich der international verhängten Sanktionen gegen den Iran.

Komplexe Projekte wie Offshore-Windkraftanlagen und deren Verschiffung erforderten innovative Verträge, bei denen Kreativität und Pragmatismus gefragt waren. Die Zuliefertransporte erwiesen sich als schadensträchtig, so dass eine detaillierte Einarbeitung und Befassung mit kompliziertesten technischen Gegebenheiten gefordert war, um eine zielgerichtete rechtliche Lösung zu gewährleisten. Letztlich hat der wieder zunehmende Schiffsverkehr in den deutschen Küstengewässern zu erhöhter Inanspruchnahme von Interessenvertretungen bei Kollisionen und anderen Vorfällen geführt.

Trotz der aufgezeigten Schwierigkeiten, mit denen die Schifffahrt insgesamt zu kämpfen hat, hat nach unserer Beobachtung die ,Streitlust‘, oder besser gesagt die Tendenz oder Notwendigkeit der Marktteilnehmer, Auseinandersetzungen nicht im Einvernehmen beizulegen, sondern vor Gerichten und Schiedsgerichten auszutragen, erfreulicherweise bisher nicht signifikant zugenommen.Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass im Schifffahrtsrecht nicht nur solide nationale und – zunehmend internationale – Rechtskenntnisse gefragt sind, sondern dass diese mit immer breiterem Verständnis für wirtschaftliche und technische Zusammenhänge gepaart werden müssen, verbunden mit hoher Flexibilität und steter Einsatzbereitschaft, um die Ansprüche der Mandanten in der Seeschifffahrt zu deren umfassender Zufriedenheit zu erfüllen.«

Ronald Wöhrn,

Partner, Ahlers & Vogel, Hamburg

Blaum Dettmers Rabstein

»Während nach unserer Beobachtung in vielen Bereichen der Schifffahrt – zum Beispiel im Projektgeschäft – wieder Geld verdient wird, ist die Krise in einigen Bereichen des Marktes noch nicht überstanden. In bestimmten Marktsegmenten, insbesondere bei den Bulk- und Mehrzweckfrachtschiffen, sind die Frachtraten noch immer auf einem so bedenklich niedrigen Niveau, dass sich häufig bereits das Einfahren der reinen Schiffsbetriebskosten als problematisch darstellt. Die zurzeit hohen Rohölpreise tragen zu dieser prekären Lage in erheblichem Umfang bei. Eine nachhaltige Entspannung der schwierigen Marktlage ist nicht in Sicht, da in den nächsten Jahren eine so große Zahl von Neubauten zur Ablieferung ansteht, dass das Überangebot an Tonnage noch weiter steigen wird.

Dessen ungeachtet herrscht bei unseren Mandanten – im Vergleich zur Stimmungslage vor einem Jahr – Optimismus vor. Die Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Kostenminimierung und – wo nötig – Sanierungs- und Restrukturierungsprogramme tragen ihre Früchte. Wir erwarten zwar in gewissen Bereichen eine weitere Marktkonsolidierung, insgesamt aber eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung.

Die Tätigkeitsschwerpunkte unserer Schifffahrtsrechtsabteilung waren im vergangenen Jahr thematisch erneut weit gestreut. Neben dem schwerpunktmäßig bei Dr. Klaus Oepen und mir angesiedelten Bereich Reedereibetreuung und Schiffsfinanzierung sind wir weiterhin auch im Bereich Seefrachtrecht aktiv. Hier beobachten Dr. Sabine Rittmeister und Dr. Kay Uwe Bahnsen wieder eine Steigerung der Anzahl seefrachtrechtlicher und ›logistischer‹ Schaden- und Streitfälle. Daneben waren viele charterrechtliche Problemfälle zu bearbeiten, mehrere davon ausgelöst durch die Beluga-Insolvenz. In erfreulichem Umfang werden die Streitfälle nach den Regeln der German Maritime Arbitration Association (GMAA) abgewickelt, in der Dr. Kay Uwe Bahnsen sich – ebenso wie eine Reihe anderer seefrachtrechtlich ausgerichteter Juristen – aktiv engagiert.

Schwerpunkte der Tätigkeit von Dr. Klaus Oepen bestanden in der Gestaltung von Dachfondsverträgen, der Mitwirkung an einer Konzerngesellschaften übergreifenden Schiffsbauzeit- und -endfinanzierung durch eine indische Großbank und in einer komplexen Restrukturierung der Finanzierung einer Neubauflotte durch ein deutsches Bankenkonsortium.

Schwerpunkte meiner Tätigkeit waren neben der fachlichen Betreuung mehrerer planmäßiger Neubauablieferungen die Beratung beim Verkauf gebrauchter Tonnage sowie im Zusammenhang mit einigen neuen Abschlüssen, vor allem Bauverträgen. Zu Stornierungen von Neubauprojekten kam es kaum mehr. Häufig wurden wir dagegen bei Auseinandersetzungen zwischen Eignern und Charterern hinzugezogen; sie betrafen sowohl Verhandlungen über Charterraten und Charterabrechnungsstreitigkeiten als auch Streitigkeiten in der Trampschifffahrt. Unverkennbar besteht auf Anlegerseite eine zunehmende Bereitschaft, Entscheidungen der Geschäftsführung zu hinterfragen oder sogar zum Anlass zur Kündigung zu nehmen. Streitig ist oft auch die Inanspruchnahme von Sicherheiten durch Kreditgeber bzw. die Rangfolge verschiedener Sicherheitengeber.

In der Reederschaft beobachten wir weiterhin einen Trend zur Bildung von Einnahmepools zur Risikominimierung. Eine Konsolidierung in der Form von Unternehmenszusammenschlüssen haben wir jedenfalls bei mittelständischen Reedereien nicht feststellen können. Bei der Kreditvergabe stellt dies aber nach unserer Erfahrung nicht zwangsläufig einen Wettbewerbsnachteil dar, da ein guter Wartungszustand und störungsfreier Schiffsbetrieb bei renommierten kleineren Reedereiunternehmen mit eigener technischer Kompetenz und eigenen Besatzungen ebenso oder sogar eher gewährleistet ist als bei Unternehmenszusammenschlüssen mit dezentralisierten Strukturen.

Finanzierende Banken bestehen heute sehr viel häufiger auf der Vereinbarung ,harter‹ Sicherheiten wie Kreditversicherungen oder Kontoverpfändungen, da die in der Vergangenheit akzeptierten Kreditbesicherungen wie Platzierungsgarantien oder Bürgschaften sich oft als nicht werthaltig herausgestellt haben. Die vorzuhaltende Mindestliquidität und erforderliche Eigenkapitalquote sind durchgehend erhöht worden. Häufig werden auch in der Vergangenheit nicht übliche, zusätzliche Financial Covenants in Darlehensverträge aufgenommen.

Es ist damit zu rechnen, dass das klassische KG-Modell der Ein-Schiffs-KG in der Zukunft an Bedeutung verlieren wird. Der Publikumsvertrieb von Schiffsbeteiligungen in dieser Form dürfte sich nach dem dramatischen Einbruch der letzten Jahre kaum vollständig erholen, zumal die Branche infolge der Krise einen massiven Vertrauensverlust erlitten hat. Nicht unwahrscheinlich ist indes, dass aufgrund der Streuung der Risiken die Beteiligung an einem Dachfonds mit verschiedenen, diversifizierten Zielfonds für den Anleger weiterhin attraktiv bleibt. Gleiches gilt für die Beteiligung an Spezialschiffen.

Während wir von Seiten der schiffsfinanzierenden Banken nach dem Ausbruch der Krise vereinzelt Überreaktionen beobachtet haben, gehen diese nach unserem Eindruck nun durchweg mit Augenmaß, nüchterner kaufmännischer Ausrichtung und partnerschaftlicher Grundeinstellung vor. Wir gehen davon aus, dass es dabei bleiben wird.

Wir erwarten, dass sowohl Börsengänge und Anleihen als auch Private Equity und ausländische Banken dazu beitragen werden, die Finanzierungslücke zu schließen, die sich durch die erhöhten Eigenkapitalanforderungen bei den deutschen Banken und durch den Rückgang des KG-Modells aufgetan hat. Insbesondere in Asien – nicht nur in China – stehen beträchtliche Finanzmittel zur Anlage in den europäischen Schifffahrtsmärkten bereit.«

Daja H. Böhlhoff,

Partnerin, Blaum Dettmers Rabstein

Rechtsanwälte, Hamburg

CMS Hasche Sigle

»Im Jahr 2010 war eine spürbare Erholung der maritimen Wirtschaft festzustellen, aber aus dem Griff der Wirtschafts- und Finanzkrise entlassen sehen wir die Schifffahrt noch nicht. Die Nachwirkungen werden die Unternehmen in den kommenden Jahren noch beschäftigen. Während die großen Linienreedereien wirtschaftliche Erfolge vermeldeten, blieb die Lage für viele der kleinen und mittelgroßen Akteure und Charterreeder angespannt. Das gilt besonders bei Neuabschluss oder Verlängerung von Finanzierungen. Zusätzliche Probleme bereiten Zahlungsschwierigkeiten von Kunden und Geschäftspartnern.

Für die Anwälte von CMS Hasche Sigle zeigte sich das daran, dass die Zahl von Streitigkeiten zwischen den beteiligten Unternehmen hoch blieb. Verfahren vor staatlichen Gerichten und Schiedsgerichten sind häufiger als in Zeiten vor Beginn der Krise. Grund ist vielfach die Absicht, bestehende Verträge zu beenden. Hinzu treten Versuche, Ausfälle unter Rückgriff auf Garantien, auch aus Fernost, auszugleichen.

Unter dem bestehenden Kostendruck bemüht sich die Branche verstärkt um kostengünstige und zügige Wege zur Streitschlichtung oder -entscheidung. Das löste gesteigertes Interesse an Schiedsverfahren aus, etwa nach Regeln der GMAA, die vermehrt anstelle von Schiedsverfahren in London gewählt werden. Wir stellten auch im Streitfall eine wachsende Suche nach kreativen Lösungen fest, die den Blick wieder auf die zukünftige Geschäftspartnerschaft richten.

Neue Wege sind nach Ansicht des Hamburger Partners Dr. Jost Kienzle und seines Kollegen Markus Heischmann auch im Schiffbau gefragt. Während die Lage der deutschen Werften schwierig blieb, sind Spezialschiffe noch immer nachgefragt. Neben Kreuzfahrtschiffen, Militärfahrzeugen und Luxusyachten verzeichneten unsere Anwälte zunehmende Bestellungen von Errichter- und Spezialschiffen für Bau und Unterhalt von Offshore-Windanlagen.

Der Hamburger Partner Dr. Jan Schepke sieht Veränderungen auch bei der Eigenkapitalbeschaffung auf die Branche zukommen. Das KG-Modell wird seiner Ansicht nach dank bestehender Vorteile wie Tonnagesteuer und günstigen Schiffspreisen für solide Produkte Bestand haben, aber in veränderter Form. Im Zuge der allgemeinen Marktentwicklung verlorenes Vertrauen muss wiedergewonnen werden. Der schwierige Markt für Standardprodukte führte verstärkt zu spezialisierten Angeboten, etwa von Ankerziehschleppern und Bohrinselversorgern für die Offshore-Ölindustrie. In einem unsicheren Markt war zudem verstärktes Interesse von Zweitmarktfonds und anderen institutionellen Investoren festzustellen.

In der Bankrechtspraxis von CMS Hasche Sigle machten für die Partner Dr. Marc Riede und Dr. Thomas de la Motte die bereits im Vorjahr zahlreichen Restrukturierungen erneut einen Schwerpunkt der Beratung aus. Zumeist auf Bankenseite tätig, begleitete unsere Bankrechtspraxis intensive Verhandlungen auf diesem Feld. Dr. Thomas de la Motte konstatiert, dass die Banken bislang nicht ›hardball‹ spielen, sondern nach Lösungen suchen, um allen beteiligten Interessen gerecht zu werden. Er und Dr. Heinz Weidt erwarten aber, dass die Banken ihre Engagements in den nächsten zwei Jahren weiter auf den Prüfstand stellen werden, auch um steigenden regulativen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. In diesem Zeitrahmen wird auch ein erheblicher Teil der mit den Banken geschlossenen Stillhaltevereinbarungen auslaufen. Gleichzeitig sind die Marktaussichten bei vollen Orderbüchern und 2010 wieder zunehmenden Schiffsablieferungen weiter unklar.

Da neue Finanzierungen praktisch nur noch in Verbindung mit Staatsgarantien zu erhalten sind, sucht die Schifffahrtsbranche zunehmend nach alternativen Geldquellen auch auf den Kapitalmärkten. Wir begleiteten u.a. Mezzanine-Finanzierungen durch Ausgabe von Bonds an Privatanleger auf internationalen Kapitalmärkten.

Zunehmend beobachten die Berater von CMS Hasche Sigle chinesische Banken im Bereich der Schiffsfinanzierungen. Dr. Christoph Schröder aus der Schifffahrtspraxis warnt jedoch, dass viele Kreditinstitute nur sehr spezielle Finanzierungsmodelle anbieten und wenige chinesische Banken das notwendige Know-how mitbringen. Wer welche Kredite geben darf, ist in China oft wenig transparent. Besonders wichtig sind nach seiner Erfahrung persönliche Kontakte zu den chinesischen Banken.

Nach wie vor wurde auch die kartellrechtliche Beratung nachgefragt, berichtet unser Partner Dr. Markus Schöner. Im Zentrum stand die Begleitung von Kooperationen zwischen Schifffahrtsunternehmen, die zum Teil durch Nachwirkungen der allgemeinen Wirtschaftskrise beeinflusst waren. Ein weiteres Arbeitsfeld war die Fusionskontrolle.

In der Gesamtschau sehen wir trotz der fortbestehenden Schwierigkeiten in der maritimen Wirtschaft vielfach innovative kommerzielle und rechtliche Gestaltungen, die den Blick auf die Zeit nach Überwindung der Schifffahrts- und Finanzkrise richten.«

Jan Wölper,

Partner, CMS Hasche Sigle, Hamburg

Dabelstein & Passehl

»Die Krise in der Schifffahrt ist aus unserer Sicht noch nicht vollständig überwunden. Einige Segmente zeigen Zeichen der Erholung, andere dagegen nicht. Im Tanker- und Bulkbereich drücken die Raten, Eigenkapitalfinanzierung fehlt. Dagegen steht der Offshore-Bereich noch recht gut da, die Containerschifffahrt zeigt Erholung.

Abgesehen vom normalen ›Brot- und Buttergeschäft‹ wie Versicherungsschäden, Regresse und Vertragsberatung im Schiffbau und im Zulieferbereich sowie in der Offshore-Industrie haben sich Schwerpunkte bei Restrukturierungsmaßnahmen ergeben. Diese bestanden in Nachverhandlungen von Verträgen mit Werften, Beratung von Finanzierungsverträgen sowie dem Aufstellen von Sanierungskonzepten. Der streitbare Umgang der Geschäftspartner äußert sich in einer erhöhten Zahl von Gerichtsverfahren.

Nach unserer Erfahrung lässt sich das KG-Modell noch gut im Bereich von Privat Placements einsetzen, da der bewährte Umgang mit dem KG-Modell eine erleichterte Handhabung möglich macht und die Steuervorteile der Tonnagesteuer in Anspruch genommen werden können. Die Entwicklung der zweiten Restrukturierungsrunde ist für uns deshalb noch nicht in ihrer Tragweite abschätzbar. Es gibt erste Anzeichen, dass schwach aufgestellte Reedereien Federn lassen müssen, gut aufgestellte Reedereien aber mit der Unterstützung der Banken rechnen können.

Alternative Quellen zur Schiffsfinanzierung stellen sich nach Segmenten unterschiedlich dar. Im Bereich des Spezialschiffbaus – insbesondere im Offshore-Bereich –, sind die agierenden Großkonzerne bereit, Eigenmittel bereitzustellen, um die erforderlichen Spezialschiffe bestellen zu können. In der traditionellen Schiffsfinanzierung sind ausländische Banken, insbesondere chinesische Banken aktiv. Im Bereich der Ersetzung des fehlenden Eigenkapitals sind auch alternative Formen der Finanzierung wie Private Equity und Mezzanine-Finanzierungen zu sehen.«

Dr. Jan Dreyer,

stellvertretender Geschäftsführender

Partner, Dabelstein & Passehl, Hamburg

Ehlermann Rindfleisch Gadow

»Die deutsche Schiffsfinanzierung steckt nach wie vor in der Krise. Von den ursprünglich mindestens zehn bedeutenden schiffsfinanzierenden deutschen Banken waren bis vor kurzem nur noch drei mit inländischem Neugeschäft aktiv, während die überwiegende Mehrzahl sich nach wie vor mit Sanierungen und Restrukturierungen befasst. Erst seit einigen Wochen sind erste Anzeichen erkennbar, dass auch die anderen Häuser wieder ›echte‹ neue Finanzierungen herauszulegen beabsichtigen. Ob dies der Beginn eines neuen Trends ist, oder ob es sich um Einzelfälle handelt, bleibt abzuwarten. Angesichts nach wie vor schwieriger Refinanzierungsbedingungen und steigender bankaufsichtsrechtlicher Eigenkapitalanforderungen ist nur schwer vorstellbar, dass die deutschen Banken kurzfristig wieder in dem Maße aktiv werden, wie sie das in der Vergangenheit waren.

Die ausbleibende Erholung bei der Eigenkapitaleinwerbung trägt ein Übriges dazu bei. Das KG-Modell in seiner altbewährten Form scheint ausgedient zu haben. Während der deutsche Schifffahrts-Eigenkapitalmarkt in der Vergangenheit immer dann, wenn er aufgrund sich ändernder Rahmenbedingungen vor neuen Herausforderungen stand, innerhalb kurzer Zeit neue Finanzierungsmodelle oder -strukturen hervorbrachte, sind derartige Erneuerungskräfte gegenwärtig nicht sichtbar. Die nach wie vor schwer einzuschätzende Entwicklung bei den Charterraten und Marktwerten trägt hierzu bei.

Schnell hat sich der Blick der deutschen Marktteilnehmer angesichts dieser Situation auf das Ausland gerichtet. Einige kleinere schifffahrtserfahrene Eigenkapitalfonds haben jüngst eine Reihe eher kleinvolumiger Transaktionen abschließen können. Große Hedgefonds sind bislang kaum in Erscheinung getreten. Im prominentesten Fall der Beteiligung eines namhaften Investors, dem Einstieg von Oaktree Capital bei der Beluga-Gruppe, endete dies bekanntermaßen für alle Beteiligten höchst unerfreulich. Welche Langzeitwirkungen dies auf den Schifffahrtsstandort Deutschland haben wird, ist noch gar nicht abzusehen.

Gegenwärtig versprechen sich viele Marktteilnehmer neue Impulse durch den Markteinstieg chinesischer Banken. Dies liegt nahe, wenn man sich vor Augen führt, dass deutsche Besteller bis zum Jahre 2008 die wichtigste Bestellergruppe bei den chinesischen Werften waren. Zirka eine Handvoll Direktfinanzierungen chinesischer Banken an deutsche Reedereien hat es mittlerweile gegeben. Gesicherte Erfahrungswerte bestehen aber noch nicht. Wie reagiert eine chinesische Bank bei einer Leistungsstörung? Ist das Interesse der chinesischen Banken an der Schiffsfinanzierung langfristiger Natur? Fragen wie diese beschäftigen die deutschen Schiffsfinanzierungskreise derzeit.

Deutsche Reeder sind auf jeden Fall gut beraten, bei Neubauprojekten künftig die Werft zu ersuchen, deren Bank um Abgabe eines Angebots für eine Bau- und/oder Langzeitfinanzierung zu bitten. Die Bedingungen dürften den Besteller derzeit nicht sonderlich erfreuen, weil die Darlehensgewährung in US$ chinesischen Banken wegen restriktiverer inländischer Anforderungen zunehmend vor Probleme stellt. Empfehlenswert ist aus Bestellersicht nicht nur deswegen, die eigene Hausbank mit ins Boot zu holen und gegebenenfalls eine Syndizierungslösung anzustreben. Dies ermöglicht den Parteien, die gesamte Darlehenslogistik, wie zum Beispiel die Kontoführung und die Sicherheitenverwaltung, in Deutschland zu behalten und auch einen Ansprechpartner vor Ort zu haben.

Derweil sind die chinesischen Banken dabei, Schiffsfinanzierungsstrukturen zu entwickeln. Gespräche mit den chinesischen Banken zeigen deren großes Interesse am Schiffsfinanzierungsgeschäft in Europa. Noch laufen die Verhandlungen mit dem deutschen Wirtschaftsministerium über ein Finanzierungspaket von bis zu US$ 5 Mrd. für die deutsche Schifffahrt, ähnlich dem, welches vor einigen Monaten für die griechischen Reeder geschnürt wurde. Mindestens eine Handvoll chinesischer Banken hat inzwischen Schiffsfinanzierungsabteilungen aufgebaut. Erklärtes Ziel ist die Strukturierung und Herauslegung von Schiffsfinanzierungsdarlehen. Dabei sind die Unterschiede in den Strukturen zwischen den chinesischen und den hiesigen Schiffsfinanzierungen nach wie vor recht deutlich. Während deutsche Schiffsfinanzierer eher auf das Schiff als Sicherheit abstellen, pflegen die chinesischen Banken eher den unternehmensbezogenen Ansatz und fordern eine auskömmliche, langfristige Beschäftigung sowie eine werthaltige Garantie. Beide Seiten bewegen sich aber derzeit aufeinander zu, so dass sich die Unterschiede langsam verringern.

Ob ausländische Finanzierungsquellen – sei es nun aus dem Westen oder dem Osten – dem Schiffsfinanzierungsstandort Deutschland neuen Schwung verleihen, oder ob der deutsche Eigenkapitalmarkt es vermag, sich erneut ›neu zu erfinden‹, bleibt abzuwarten. Die schiffsfinanzierenden Banken geben den hiesigen Marktteilnehmern jedenfalls noch ausreichend Gelegenheit zur Selbstheilung. Eine Tendenz, dass die Banken angesichts teilweise leicht gestiegener Marktwerte vermehrt Darlehen fällig stellen und Schiffe verwerten, ist bislang nicht auszumachen. Die Banken gehen bislang größtenteils sehr besonnen vor und verfolgen eine Strategie des geringstmöglichen Eingriffs. Und wenn es sich gar nicht verhindern lässt, kommt es auf Betreiben der Bank eher zum freihändigen Verkauf des Schiffes als zu dessen Zwangsversteigerung. Dies gewährleistet zumindest den Verkauf zum bestmöglichen Preis. Die Krise der deutschen Schiffsfinanzierung ist damit keineswegs überwunden. Mittlerweile sind aber eine Reihe von Wegen erkennbar, die aus ihr heraus führen könnten.«

Dr. Stefan Rindfleisch,

Partner, Ehlermann Rindfleisch Gadow, Hamburg

Hansalawyers

»Auch das Jahr 2010 war geprägt von wirtschaftlichen Schwierigkeiten einiger Teile der maritimen Industrie. Eine gewisse Entspannung gab es bei den Reedereien, die über eine Flotte mit substantiell getilgten Verbindlichkeiten verfügten. Einschiffsgesellschaften hingegen, die kurz vor Beginn der Krise ihre Schiffe übernahmen und die noch keine oder nur geringe Tilgungsleistungen erbringen konnten, haben verstärkt unter dem Nachverhandeln der Charterraten gelitten. Ein sehr erhebliches Thema ist nach wie vor die Kapitalausstattung der Schiffsgesellschaften. Zwar gibt es eine gewisse Erholung durch verbesserte Einnahmezuflüsse, die in der Vergangenheit angehäuften Probleme sind aber hierdurch noch nicht beseitigt. Insbesondere kämpfen verschiedene Einschiffsgesellschaften noch mit den Verpflichtungen, die in der Schifffahrtskrise selbst nicht bedient werden konnten, vor allem mit nicht erbrachten Tilgungsleistungen.

Unsere Tätigkeit im vergangenen Jahr betraf weiterhin die Vertretung von Mandanten in Anlegerprozessen. Gegen Emissionshäuser werden nach wie vor Klagen von Anlegern geführt, dass die Schiffsbeteiligungen angeblich nicht prospektgerecht erfüllt worden seien. Die Verfahren, an denen wir als Prozessbevollmächtigte beteiligt sind, wurden überwiegend im Jahr 2009 begonnen und kamen 2010 noch nicht zu einem rechtskräftigen Abschluss.

Überdies bestand Beratungsbedarf im Finanzierungsbereich, da über das bislang bekannte KG-Modell Eigenmittel kaum eingeworben werden können. Die Beschaffung zusätzlicher Mittel für entsprechende Fondsgesellschaften durch die Erhöhung des KG-Kapitals ist wegen geringer Erfolgsaussichten kaum umgesetzt worden. Die bekannt gewordenen Insolvenzen dürften fremde Anleger verschreckt haben, überdies hat eine erhebliche Anzahl von bereits im Schiffsmarkt engagierten Anlegern das Vertrauen verloren. Auf Seiten der Reedereien führt dies zu einem doppelten Problem. Zum einen ist die Beschaffung zusätzlichen Kapitals auf dem Markt schwierig, auf der anderen Seite haben viele Banken große Teile ihrer an anderen Stellen bestehenden Probleme lösen können, und widmen sich nunmehr den verstärkt offenen Forderungen gegenüber Reedereien bzw. Schiffsfonds. Die zu Beginn der Krise partiell vorsichtige Behandlung der Fondsgesellschaften durch die Banken weicht zwischenzeitlich mehr und mehr einer rein wirtschaftlichen Betrachtung, was von Bankensicht aus vernünftig sein dürfte, bei Tilgungsrückständen belasteten Fondsgesellschaften aber zu weiteren Schwierigkeiten führt.

Alternative Finanzierungsquellen stehen den einzelnen Fondsgesellschaften häufig nicht zur Verfügung. Börsengänge oder Anleihen scheinen für Einschiffsgesellschaften kein probates Mittel zu sein, die Eigenkapitalquote zu verstärken, da die Höhe des Kapitalbedarfs und die hierfür aufzuwendenden Kosten in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen und zudem die Marktakzeptanz problematisch sein dürfte. Etwas anderes wird möglicherweise für größere Einheiten gelten, was denkbarerweise zu einer Veränderung des gesamten Marktumfeldes führen wird.

Insgesamt ist festzustellen, dass viele Probleme des Jahres 2009 auch noch 2010 vorhanden waren, allerdings in einem freundlicheren Marktumfeld. Zudem war im vergangenen Jahr viel stärker zu differenzieren zwischen den einzelnen Schiffstypen, Schiffsgesellschaften und damit aufgeworfenen Problemen. Während 2009 in weiten Bereichen der Betrieb von Schiffen nicht kostendeckend war, hat sich dies 2010 etwas verbessert, die im Vorjahr aufgelaufenen Probleme konnten aber nur sehr unterschiedlich abgearbeitet werden. Die 2009 angebahnten Streitigkeiten bestehen, wie damals bereits vermutet, fort und werden ihre Auswirkungen wahrscheinlich erst im laufenden Jahr zeigen.«

Dr. Nikolai Freiherr von Teuffel,

Hansalawyers / Kretschmar v. Teuffel

Leverkus & Partner, Hamburg

Ince & Co

»Die Schifffahrtskrise als solche ist überwunden. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass sich die Schifffahrtskrise bekanntermaßen aus vielen Einzelfaktoren und Facetten zusammensetzt. Diese Schifffahrtskrise beinhaltet auch die Auswirkungen der Bankenkrise sowie die Probleme der geschlossenen Schiffsfonds. Weiterhin sind die Folgen des Überangebots an Tonnage in verschiedenen Segmenten, gepaart mit zeitweise zum Teil stagnierenden Frachtaufkommen und den Turbulenzen im Chartermarkt, Teil der Krise. Ebenfalls drücken große Schiffbauportfolien und ein Mangel an Eigenkapital die Reedereien. Prägend für diese Schifffahrtskrise war, dass es sich nicht nur um eine ›Zykluskrise‹ handelt, sondern dass viele der obigen Faktoren zusammenkamen.

Obwohl die Schifffahrtskrise als solche überwunden ist, gegenwärtigen wir noch deren zum Teil deutliche Nachwirkungen. Diese werden derzeit geordnet. Hierbei steht an oberster Stelle die Lösung struktureller Probleme, insbesondere das fehlende Eigenkapital.

Unsere Tätigkeitsschwerpunkte 2010 waren im Transaktionsbereich wie folgt:

• Beratung für Banken, Reedereien, Charterer und Werften bei Restrukturierungen von Reedereien und Charterern, KG-Fonds, Finanzierungen und Schiffbauportfolios.

• Beratung bei Finanzierungen, insbesondere der Fortsetzung von Altgeschäft und der Durchführung von Neufinanzierungen für Banken und Reedereien, darüber hinaus die Begleitung von Private Placements.

• Alternative Finanzierungsformen, wie zum Beispiel Begleitung von Mezzanine- Finanzierungen, Seller‘s-Credit-Transaktionen, Verbriefungsprogramm sowie Schuldverschreibungen.

• Beratung bei Sale-and-Purchase-Transaktionen.

• Beratung im Zusammenhang mit Insolvenzen und Loan Workout.

Der streitige Bereich betraf:

• Diverse Rechtsstreitigkeiten, vornehmlich im Bereich des Gesellschaftsrechts (KG-Fonds), Schiffbaustreitigkeiten (Abbestellungen), Sale-and-Purchase-Streitigkeiten und Charterstreitigkeiten.

• Beratung im Zusammenhang mit notleidenden Finanzierungen sowie die Durchführung von sogenannten Workouts im Krisenfall.

Trotz der jüngsten Rückschläge hat das KG-Modell auf lange Sicht eine Zukunft. Gegenüber anderen Geldbeschaffungsinstrumenten bietet es einige Vorteile. Es ist ein erprobtes Instrument, das in der Lage ist, die in der Schifffahrt notwendige Flexibilität in der Vertragsgestaltung und im Handling zu ermöglichen. Zudem wird es durch die Tonnagesteuer flankiert. Ein Zweitmarkt hat sich (teilweise) etabliert. Das KG-Modell kann durchaus mit anderen Investmentformen in diesem Bereich konkurrieren.

Der sich verstärkende Energiebereich mit seinen Schnittstellen zur Schifffahrt wird bewirken, dass das KG-Modell auch in die Schifffahrt wieder stärker zurückkehrt. Bestrebungen, das KG-Modell zu verschlanken, sind sinnvolle Überlegungen. Sicherlich werden auch andere Finanzierungsformen, wie etwa Schuldverschreibungen – in ihren verschiedenen Ausprägungen – stärker zur Kapitalbeschaffung von Schifffahrtsgesellschaften genutzt werden. Dagegen bauen die Banken ab bzw. konsolidieren ihre Portfolios. Dies ist eine Konsequenz aus der Schifffahrts- und Bankenkrise. Die Banken handeln größtenteils sehr besonnen. Der Weg ist richtig. Künftig eine größere Rolle spielen werden Schuldverschreibungen in ihren verschiedenen Formen, Mezzanine-Finanzierungen, aber auch Fremdfinanzierungen über chinesische Banken sowie Leasingmodelle. Wir begleiten derzeit bereits die oben genannten Instrumente.

Dennoch wird das KG-Modell über Emissionshäuser oder Private Placements auch wieder stärker in den Markt zurückkehren. Reedereien werden in einem verstärkten Umfang eine Mischung der oben genannten Kapitalbeschaffungsinstrumente nutzen.«

Dr. Jan U. Hungar,

Partner, Ince & Co, Hamburg

Taylor Wessing

»Die Krise in der Schifffahrt ist noch nicht überwunden. Der Umstand, dass es kaum noch Auflieger gibt, darf nicht zu falschen Schlüssen führen. Die Statistiken melden zwar steigende Frachtraten in einzelnen Marktsegmenten, beruhen aber häufig nur auf Charter-Neuabschlüssen. Die tatsächlichen Einnahmen der Verfrachter sind geprägt von Abschlüssen aus der Zeit eines extrem niedrigen Ratenniveaus. Dagegen stehen die Finanzierungskosten aus der Zeit eines überhitzten Neubaumarktes. Dies wirkt sich auch weiterhin negativ aus. Reeder und Banken sorgen sich nach wie vor um Schiffe mit fehlender oder jedenfalls nicht kostendeckender Beschäftigung. Die zunehmend eingeschränkten Gestaltungsspielräume der Banken können zu weiteren Insolvenzen führen. Die Erholung des Marktes setzt in der Schifffahrt erst zeitversetzt ein. Auch die Auswirkungen des Atomunfalls von Japan sind noch nicht absehbar. Andererseits gibt es bei Neuabschlüssen durchaus hoffnungsvolle Ansätze. Dies gilt bei Chartern gleichermaßen wie bei Schiffbauverträgen.

Ein Tätigkeitsschwerpunkt der in der maritimen Wirtschaft tätigen Anwälte unserer Sozietät im Jahr 2010 war die insolvenznahe Beratung der maritimen Wirtschaft. Restrukturierungen, Umschuldungen und Moratorien standen im Zentrum unserer Arbeit. Im Offshore- und Windkraftbereich waren wir intensiv in Verhandlungen über den Bau von Spezialschiffen auf deutschen Werften involviert. Allerdings war auch hier die Krise zu spüren: die Kontrahierungsquote war vergleichsweise gering. Dies gilt auch im Bereich der Mega-Yachten. Daneben waren wir mit einer beträchtlichen Anzahl von stornierten Schiffbauverträgen beschäftigt. Die schwierigen finanziellen Verhältnisse haben sich nicht nur bei Frachtverträgen und Schiffbauverträgen ausgewirkt, sondern auch bei Management-, Crewing-, Subunternehmer- und Dienstleistungsverträgen. Auf allen diesen Gebieten, auch bei Schiffsumbauten und Reparaturverträgen, war eine Zunahme von streitigen Auseinandersetzungen zu verzeichnen. Einvernehmliche Lösungen zu erzielen wurde schwieriger: Es kam zu einer verstärkten Auseinandersetzung vor Gericht bzw. Schiedsgericht. Gerade im internationalen Bereich scheint dabei Deutschland für Ausländer ein immer attraktiverer Schiedsgerichtsort zu werden. Die GMAA, die ihr Sekretariat in unserem Büro führt, hat erhebliche Zuwächse zu verzeichnen.

Zum KG-Modell: Solange in Deutschland die Tonnagesteuer bestehen bleibt und die Frachtraten auskömmlich sind, bietet es einen attraktiven steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Rahmen zur Akquisition von Eigenkapital. Die Konzentration auf Liquiditätsausschüttungen an die Kommanditisten macht das Modell jedoch in Krisenzeiten angreifbar, insbesondere wenn nicht hinreichend Gewinne in entsprechender Höhe gegenüberstehen. Durch die enormen Preissteigerungen für Neubauschiffe und den gleichzeitigen Frachtratenverfall ist die Beteiligung an Einschiffs-KGs bei Privatanlegern in Verruf geraten. Dies liegt jedoch nicht an der generellen Struktur des KG-Modells, sondern an den aktuellen Marktbedingungen in der Schifffahrt und Fehleinschätzungen des Risikos durch die Anleger. Sobald sich der Markt wieder erholt hat, wird auch das KG-Modell wieder attraktiv werden. Dabei wird es darauf ankommen, dem Anleger das unternehmerische Risiko, das er eingeht, deutlicher als in der Vergangenheit vor Augen zu führen. Der Versuch, die durch ungünstige Marktentwicklungen verursachten Anlegerrisiken durch Dachfonds-Strukturen abzufedern, konnte nur in sehr begrenztem Maße erreicht werden. Die Alternative, Reedereien in Form von Aktiengesellschaften zu betreiben, wird kaum zu einer substantiellen Änderung führen, wenn auch der Aktionär Renditeerwartungen hat, die den Marktschwankungen nicht gerecht werden.

Eine ganze Reihe von Reedereien loten aus, inwieweit sie optimale Strukturen und eine hinreichende finanzielle Ausstattung vorhalten. Der Druck der Krise hat häufig dazu beigetragen, dass interne Optimierungspotenziale gesucht und gefunden wurden. Zu gravierenden Konsolidierungen ist es – entgegen der Voraussagungen auf dem HANSA-Forum Schiffsfinanzierung im November 2010 – bisher allerdings nicht gekommen. Die branchenorientierten Banken haben bisher weitgehend Augenmaß gezeigt. Die Reduzierung ihres Portfolios war zwar im Einzelfall schmerzhaft, erfolgte jedoch sozialverträglicher als erwartet. In einigen Fällen haben auch die Banken verdienstvoll dazu beigetragen, die Strukturen in den Reedereien zu optimieren.

Es ist damit zu rechnen, dass sich strategische Investoren – auch aus Asien – verstärkt engagieren, wo sich Finanzierungsbedarf abzeichnet. Im Einzelnen werden die alternativen Geldquellen allerdings sehr stark vom Businessplan des jeweiligen Unternehmens abhängen. Generell werden auch weiterhin deutsche Kreditinstitute im Schifffahrtsmarkt aktiv bleiben. Langfristig droht Deutschland als Schifffahrtsstandort Marktanteile an China zu verlieren. Chinesische schiffsfinanzierende Banken, Spezialwerften für Kreuzfahrtschiffe aber auch Operatoren von Schifffahrtslinien drängen mittelfristig auf den deutschen Markt und erwerben Know-how, das sie, angereichert mit verfügbarem Kapital, selbst einsetzen werden.«

Dr. Christoph Hasche,

Partner, Taylor Wessing, Hamburg