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Auf dem 17. Nautischen Abend des DNV in Berlin kamen aktuelle Themen von der Sanierung der Kanalschleusen über die deutsche Flagge bis hin zu Mega-Carriern und Hafenanbindung zur Sprache.

Der »antike Zustand« der Schleusen am Nord-Ostsee-Kanal sei besorgniserregend, beklagte der Vorsitzende des Deutschen Nautischen Vereins, Frank Wessels[ds_preview], auf dem 17. Nautischen Abend im Gebäude des Bundesverkehrsministeriums Ende September in Berlin. Rasche Abhilfe scheine nicht in Sicht, obwohl Schifffahrt und Häfen auf eine reibungslose Kanalfunktion dringend angewiesen seien. Das Bundesverkehrs­ministerium verspricht zwar für Besserung zu sorgen, wegen der »Etatklemme« gebe es jedoch wenig Optimismus auf eine schnelle Verwirklichung der Schleusen­sanie­rung, sagte Verkehrs-Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle. Er bestätigte jedoch die Störanfälligkeit der beiden großen Schleusenkammern. »Diese Schäden müssen schnellstens behoben werden«, versprach er und ergänzte: »Das ersetzt selbst­redend nicht die weiterhin notwendige umfassende Grundinstandsetzung der Schleusen.« Gegenwärtig werde nach kos­tengünstigen Lösungen gesucht.

Darüber hinaus drohten der Schifffahrt in Nord- und Ostsee Wettbewerbsver­zerrungen durch die ab 2015 geplante drastische Senkung der Schwefelemis­sions­grenzen, betonte Wessels. Er befürchte verkehrswirtschaftliche Verwerfungen mit nicht gewollten Transportverlagerungen vom Schiff auf die Straße. Dies sei verkehrspolitisch kontraproduktiv und umweltpolitisch schädlich.

Pirateriebekämpfung ist staatliche Aufgabe

Ferner erwartet der Nautische Verein, dass die Probleme der Seepiraterie auf politischer Ebene gelöst werden. Der bewaffnete Selbstschutz der Handelsschiffe sei kostenintensiv und stelle keine Dauerlösung dar. Staatssekretär Scheurle appellierte an die Reeder, die im Rahmen des maritimen Bündnisses gegebene Zusage einzuhalten und einen Mindestbestand an Schiffen unter deutscher Flagge zu führen. Nach Angaben des Ministeriums werden gegenwärtig rund 3.000 Schiffe von Deutschland aus gemanagt, lediglich etwa 400 davon fahren unter deutscher Flagge.

Im Übrigen halte die Bundesregierung an ihren schifffahrtspolitischen Zielen fest. Ihr gehe es um drei Punkte: Die Wettbewerbsfähigkeit des Schifffahrts- und Reederei­standortes Deutschland nachhaltig zu verbessern, eine international wettbewerbsfähige, qualitativ hochwertige und leistungsstarke Handelsflotte unter deutscher Flagge zu erhalten sowie sichere und zukunftsfähige Arbeits- und Ausbildungsplätze im maritimen Bereich in Deutschland an Land und an Bord zu gewährleisten. Bestandteil dieser Strategie sei die Tonnagesteuer und eine gezielte Ausbildungsplatzförderung.

Reeder an steigenden Hafenkosten beteiligen

Der Nautische Abend stand unter dem Motto »Mega-Carrier und Hafenanbindung«. Klaus Heitmann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), zeigte sich zuversichtlich, dass die Hafenwirtschaft den zunehmenden Herausforderungen gewachsen ist – so wie dies stets in der Vergangenheit war. Voraussetzung seien jedoch der ungehinderte Zugang vom Meer in die Häfen und der reibungslose Abtransport der Container ins Hinterland.

Hauptgrund der neuen Gigantomanie der Reeder ist nach Ansicht des Hafenexperten die Wirtschaftlichkeit der Riesenschiffe mit bis zu 18.000 Containereinheiten (TEU). Im Vergleich zu Frachtern mit 14.000 TEU gibt es erhebliche wirtschaftliche Vorteile: fast 30 % Kapazitätserweiterung bei 20 % höheren Anschaffungskosten unter Einhaltung des bisherigen Tiefgangs der Schiffe. Somit können die Großcontainerschiffe der Zukunft alle bisherigen bedeutenden Containerhäfen der Welt anlaufen. Das setze für Deutschland voraus, dass die seewärtigen Zufahrtswege zu den Häfen zügig ausgebaut werden, da die Groß­containerschiffe schon 2013 in See stechen werden. Scheurle vom Bundesverkehrsministerium gab sich zuversichtlich, die Wassertiefen zeitgerecht anzupassen.

ZDS-Chef Heitmann machte unmissverständlich klar, dass der Einsatz von Mega-Carriern nicht zu Kosteneinsparungen bei der Abfertigung im Hafen führen könne. Steigende Kosten in den Seehäfen und im Hinterlandverkehr müssten an die Reeder weitergegeben werden, die auf der Seeseite Vorteile hätten. Daher, riet Heitmann, sollten Reedereien rechtzeitig mit den Hafenunternehmen über ihre Planungen sprechen.

Nach einer Seeverkehrsprognose, die das Bundesverkehrsministerium erstellen ließ, wird sich der Containerumschlag in den deutschen Seehäfen bis 2025 mehr als vervierfachen. Angesichts dieses zu erwartenden Mengenwachstums werde auf eine verstärkte Vernetzung der See- und Binnenhäfen gesetzt, kündigte Heitmann an. Im Rahmen des Nationalen Hafenkonzepts der Bundesregierung werde eine integrierte Strategie für maritime Hinterlandterminals entwickelt und umgesetzt. »Der Ausbau der Hafenhinterlandverkehre«, so Heitmann, »ist von allergrößter Bedeutung für unsere exportorientierte Wirtschaft und muss daher höchste Priorität haben.«
Dieter Dattelzweig