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Die Nutzung von LNG als Brennstoff ist keine neue Idee, doch die herannahende Einführung von ECAs treibt die technischen Entwicklungen voran. Die Idee, Container als mobile Lagertanks auf Schiffen einzusetzen, ist mehr als eine Übergangslösung
Bereits seit den 1960er-Jahren ist das Hamburger Ingenieurbüro Marine Service (MS) in der Planung und Umsetzung von maritimen Projekten[ds_preview] rund um das Thema Gas (LNG, LPG, LEG, Ammoniak) tätig. Zu seinen Kunden zählen Reeder wie Charterer, Werften, Hafenbetreiber, Gasversorger und Motorenhersteller. Als 2009 ein Reeder seine Containerfeederschiffe auf Dual-Fuel-Betrieb umrüsten wollte, aber den Platz für die zusätzlichen Bunkertanks auf den klei­nen Schiffen nicht dauerhaft opfern wollte, wurde die Idee mobiler Tanks in Form von 40-ft-Containern bei MS geboren. Hintergrund der Anfrage waren die ab dem 1. Januar 2015 geltenden Emissions­richtlinien für den Betrieb von Seeschiffen in der Nord- und Ostsee.

Das Konzept

»Das System zeichnet sich durch hohe Flexibilität und einfache Handhabung aus«, erklärt Christian Gayer, Technical Director bei MS. Die Kombination aus langjähriger gastechnischer Erfahrung, bewährter Technik und der Erfüllung vorhandener gesetzlicher Regularien mache das Konzept zu einer technisch schnell umsetzbaren Lösung. So falle der Container, solange er nicht an das bordeigene Gassystem angeschlossen ist, unter die internationale Gefahrgutverordung (IMDG Code) und werde auf bekannte Weise als gefährliche Ladung behandelt. In Verbindung mit dem Kraftstoffsystem gilt er MS zufolge als Bunkertank und wird somit nach dem IGC Code (International Code for the Construction and Equipment of Ships Carrying Liquefied Gases in Bulk) klassifiziert.

In Kooperation mit dem deutschen Tankbauer Ziemann International ist ein Tankcontainer in Doppelhüllenbauweise entstanden, der mithilfe einer Strahlungsfolie um den inneren Tank und einem Vakuum im Zwischenraum der beiden Edelstahlkörper eine Standzeit von mindestens 80 Tagen zulässt, bevor Temperatur und Druck so weit ansteigen, dass sich die Sicherheitsventile öffnen.

Das Befüllen mit dem -163 °C kalten flüssigen Gas kann an jeder LNG-Tankstation erfolgen. Derzeit existieren in Norwegen, Schweden, Rotterdam, Zeebrügge und an mehreren Standorten in Spanien entsprechende Terminals. Bei Marine Service ist man sich indes sicher, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis auch an deutschen Küsten die nötige Infrastruktur geschaffen wird. Brunsbüttel sei hier auf dem richtigen Weg, so Alexander Harsema-Mensonides, Senior Mechanical Engineer bei MS.

Keine Frage der Sicherheit

Der Transport zum Schiff erfolgt mit den üblichen Verkehrsträgern Lkw, Bahn oder (Binnen-)Schiff. Anfang des Jahres fanden die dynamischen und statischen Tests zur Transportzulassung auf Straße und Schiene erfolgreich statt. Das Type Approval zur Anwendung als Kraftstoffversorgungssystem auf Seeschiffen, ausgestellt durch Bureau Veritas, wird in Kürze erwartet. Während des normalen Lade- und Löschbetriebs werden die LNG-Container an und von Bord gebracht, es ist keine Unterbrechung aus Sicherheitsgründen oder gar ein Verholen des Schiffes an ein Bunkerterminal notwendig. Das Stauen der Container in Cellguides, die auch als Gerüst für das Leitungssystem dienen, erübrigt eine weiteres Laschen und damit Aufwand für die Crew. »Das An- oder Abschlagen der Kupplungen an das schiffsseitige Gassystem dauert maximal fünf Minuten pro Container und ist durch eine Bajonettverschlusstechnik denk-

bar einfach. Jeder normale Trennvorgang ist trocken, Gas oder Flüssigkeit werden entweder schiffs- oder containerseitig eingesperrt«, erklärt Gayer das Kupplungssys­tem, das zusammen mit einem Hamburger Unternehmen für die Anwendung mit kryogenen Stoffen entwickelt wurde.

Der Container ist an drei Stellen mit dem Schiffssystem verbunden (Flüssigkeits-, Gas- und Ventilationsleitung). Im Mutterstück je-

der Kupplung ist eine Nottrenneinheit integriert, die maximal die Gasmenge eines »Schnapsglases« bei Auslösung im Notfall freigibt, zum Beispiel beim Herausheben eines Containers ohne vorheriges Abschlagen der Verbindungen.

Gas Handling Unit

In der Gas Handling Unit wird der Gasdruck auf 5,5 bis 6 bar erhöht – je nach Anforderungen der Motorenhersteller –, das LNG verdampft und auf ca. 25 °C erhitzt. Pumpen, Verdampfer, Erhitzer sowie Überwachungstechnik können wahlweise in ei-

nem 20- oder 40-ft-Container, aber auch im Schiff selbst untergebracht werden. Die Ver-

sorgung des Glykol-Wasserkreislaufes zur Erwärmung des Gases wird über das jeweilige vorhandene schiffsseitige System (bspw. elektrisch, Kühlwasser, Dampf, Thermalöl) versorgt.

Anwendungsmöglichkeiten

Die Nachrüstung existierender Schiffe oder Ausrüstung von Neubauten mit dem LNG Tank Container eignet sich vor allem bei solchen, die einen Großteil ihrere Route in ECAs/SECAs verbringen und eine hohe Tauschfrequenz der Tankcontainer haben, erläutert Harsema-Mensionides. Dazu zählen Containerfeederschiffe, (RoRo)-Fähren und Binnenschiffe aber auch sogenannte Power­barges zur Bereitstellung »sauberen Stroms« während der Hafenliegezeiten.

Ein 1.000-TEU-Schiff müsste z.B. 28 TEU-Stellplätze (14 LNG-Container) plus der Gas Handling Unit bei einer zweiwöchigen Rundreise bei ausschließlicher LNG-Nutzung vorhalten. Für Containerschiffe jenseits einer Stellplatzkapazität von rund 3.000 TEU und einer ausschließlichen Nutzung von LNG als Brennstoff sei das Investitionsvolumen (CaPex) sehr hoch, sodass sich hier fest eingebaute Tanks besser eignen können.

Interessant sind die Container aber auch als Dauerlösung bei größeren Containerschiffen, deren Aufenthalt in ECAs/SECAs relativ kurz ist und die deshalb auf Dual-Fuel-Systeme zurückgreifen. Diese können die Tankcontainer je nach Fahrtgebiet als mobile LNG-Tanks zur Einhaltung zulässiger Emissionswerte laden und nutzen. »Wir suchen für jede Umrüs­tung und jeden Umbau die optimale Lösung. Diese bestimmen wir unter anderem mithilfe von projektspezifischen Wirtschaftlichkeits- und Risikoanalysen«, betont Gayer.

Marine Service steht bereits in konkreten Auftragsverhandlungen über die Umrüs­tung von RoRo-Fähren und rechnet mit der Unterzeichnung erster Vorverträge zum Ende des ersten Quartals.