Reis und Curry – Wurzeln eines Traditionsessens

Print Friendly, PDF & Email

Der Ursprung von Currygerichten ist Indien. »Curry« geht auf das tamili­sche Wort »kari« zurück und bedeutet ganz einfach Sauce[ds_preview].

Curry ist eine Mischung aus vielen Gewürzen. »Madras-Curry« steht für eine besonders hochwertige Qualität. Es besteht aus ca. 20 Gewürzen wie Kurkuma, Koriander, Kreuzkümmel, Pfeffer, Bockshornklee, Ingwerpulver, Knoblauchpulver, Asafoetida, Fenchel, Zimt, Nelken, Kardamom grün und schwarz, Senfkörnern, Muskatnuss, Muskatblüte, Paprikapulver, Cayennepfeffer, Salz und Chilipulver. Die Zusammensetzung dieser Mischungen ist so vielfältig wie Indien groß ist.

Im tropischen Indien und in Südpakis­tan werden mehr Chili, Zwiebeln und Knoblauch benutzt, während der Norden Indiens mild würzt und keinen Knoblauch nimmt. Das Kochen von Curry ist keinen bestimmten Regeln unterworfen. Jede Hausfrau mixt sich aus den verschiedenen Gewürzen »ihre« Currymischung zusammen. In einem Mörser zu einem feinen Pulver zerrieben, entstehen so mannig­faltige Duft- und Geschmacksvariationen für Currygerichte aus Fleisch, Fisch, Huhn und auch Gemüse.

Die wohl älteste, allerdings sehr ungenaue Angabe über die Art der indischen Küche geht auf etwa 300 v. Chr. zurück. Hier wird ein Gastmahl beschrieben, bei dem es gekochten Reis mit verschiedenen Sorten Fleisch und Soßen nach indischem Brauch gegeben haben soll.

Es gibt Überlieferungen aus der Segelschiffszeit, wonach scharfer Curry auch dazu benutzt worden sein soll, einerseits Fleisch zu konservieren, andererseits aber auch den üblen Geschmack verdorbenen Fleisches zu vertuschen.

Seit dem frühen 17. Jahrhundert begannen die Engländer, indische Gewürze nach Europa zu exportieren. Mitte des 18. Jahrhunderts war Madras für die Britische Ostindien-Kompanie das Zentrum für die Ausfuhr von Gewürzmischungen, die dem europäischen Gaumen vor allem hinsichtlich ihrer Schärfe angepasst wurden. Dieser »Madras-Curry« stand bei den Engländern für besonders hochwertige Qualität.

Die engen familiären Verbindungen des deutschen Kaiserhauses zur englischen Krone und damit auch die Verbindung der Kaiserlichen Marine zur Royal Navy hat dazu geführt, dass das »Curry-Essen«

Eingang in die Tafelfreuden der kaiserlichen Marineoffiziere fand. Dieses Curry-Gericht wird bis heute, ungebrochen seit mehr als 120 Jahren, beim traditionellen Regatta-Essen des heutigen Kieler (früheren Kaiserlichen) Yachtclubs aus Anlass der Kieler Woche zelebriert.

Auch aus Wilhelmshaven gibt es eine

authentische Beschreibung dieses Gerichts. Luise von Krohn, Frau des preußischen Lotsenkommandeurs, hat um 1890 aus ihren Erfahrungen in der Marinestadt Wilhelmshaven berichtet. Dieses interessante Zeitzeugnis unter dem Titel »Vierzig Jahre in einem deutschen Kriegshafen« enthält auch eine Episode über das Curry-Essen der Kaiserlichen Marine. Sie beschreibt ihren Besuch mit einer Gruppe von Marineoffizieren und ihren Ehefrauen auf dem Artillerie-Schulschiff SMS »Renown«:

»Eine fröhliche Gesellschaft versammelte sich morgens an den Molen, um hinaus zu fahren. Große Proviantkörbe wurden mitgenommen für das Curry-Essen. Eine Spezialität der Bordküche ist Huhn mit Reis und Curry und sehr beliebt bei unseren Marineoffizieren; es gibt Leute unter ihnen, die den raffiniertesten Leckerbissen dafür stehen lassen. Eine Menge Ingre­dienzien gehören noch dazu: Chutney, Mango, hart gekochte Eier, Mixpickles, Buletten, Eierkuchen, Makassar-Fische, Schinken, Kokos und dergleichen mehr. Die Grundlage bildet ein tadellos gekochter Reis …«

Veteranen aus der Handelsschifffahrt, ganz besonders die Kapitäne und Besatzungen der Schiffe der ehemaligen DDG Hansa in Bremen, erinnern sich sehr gerne an die köstlichen Düfte, die aus den Proviant­räumen emporstiegen. Hier befanden sich ganze Batterien von Gewürzköchern, gefüllt mit den verschiedensten Gewürzen. Die Schiffe fuhren größtenteils pakistanische Besatzungen und auch pakis­tanische Köche. Sie stellten sich ihre eigene Curry-Mischung zusammen, die in den unterschiedlichsten Mischungsverhältnissen, im Mörser pulverisiert, Grundlage für die delikaten Currygerichte waren.

Noch heute treffen sich die ehemaligen Hansafahrer zu ihrem jährlichen Reis- und Curry-Essen in Bremen. Auch viele Nautische Vereine laden zu ihren Nautischen Essen zum Reis und Curry ein. So gehört es zum Beispiel zur Tradition des 1868 gegründeten Nautischen Vereins zu Hamburg, Mitglieder und Gäste anlässlich ihres Schiffahrtsessens zum Reis- und Curry-Festmahl einzuladen.

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass auch heute noch auf vielen Handelsschiffen Reis und Curry mindestens einmal pro Reise auf dem Speiseplan steht. Dazu gehören ein Bier und ein Schnaps. Guten Appetit und Prost!


Kapitän Hans Trey