Eiskalte Spezialisten

Denkt der Laie an Gastanker, so hat er kaum eine Vorstellung davon, wie kompliziert die Technik der Beladung und des[ds_preview] Transports ist. Die Annahme, hier werde einfach Gas aus der Quelle in Tanks von Spezialschiffen geleitet und druckverdichtet, ist falsch. Im Gegenteil: Das Gas wird völlig ohne Druck transportiert – tiefgekühlt und flüssig. Daher rührt auch die Fachbezeichnung für das Gas: Liquified Natural Gas (LNG). Sein Name darf nicht mit LPG verwechselt werden, dem Liquified Petroleum Gas, das bei der Erdöl-Raffination abfällt und ganz andere Eigenschaften hat.

Der Transport von Gas über See ist eine verhältnismäßig junge Sparte der Logistik. Ende Januar 1959 fuhr erstmals ein britischer LNG-Tanker – ein umgebautes amerikanisches Standardschiff – vom Calcasieu River bei Lake Charles (USA) mit Ladung nach Canvey Island an der Themse. Sein Name war Programm: »Methane Pioneer«. Die Ladekapazität war mit 5.500m3 für heutige Verhältnisse gering. Sechs weitere technische Versuchsfahrten folgten.

Unter ökonomischen Aspekten spielt bis heute eine wichtige Rolle, dass das Volumen des transportierten Gases, wird es wieder auf normale Temperatur gebracht, 600 mal größer ist als im tiefgekühlten Zustand. Die Ladung der »Methane Pioneer« enthielt also eine Endliefermenge von 3,3Mio.m3.

Wie stark die LNG-Verschiffungen in knapp einem halben Jahrhundert gewachsen sind, zeigt ein Blick auf das Jahr 2013: Auf 3.998 Reisen über See wurden 523,15Mio. m3 transportiert. Ein kleiner Teil der LNG-Tanker wurde auch auf deutschen Werften gebaut, u. a. bei HDW Kiel die »Golar Freeze« (1977) und die »Höegh Gandria« (1977), die immer noch in Betrieb ist.

Doch nicht nur der Bau eines LNG-Tankers erfordert technische Meisterleistungen, sondern auch die Beladungs- und Entladungsstationen. Bevor die Spezialschiffe mit Gas beladen werden, muss das Transportgut verflüssigt und gelagert werden; in besonderen Tanks an seeschifftiefem Wasser in der Nähe der Fördergebiete. Für die Abgabe des LNG an Land sind ebenfalls spezielle Anlagen notwendig, in denen das drucklos angelieferte Gas zwischengelagert und für die kontinuierliche Einspeisung in das weitere Transportnetz auf einen Druck von 60–70 bar gebracht und danach verdampft wird.

Aufgrund dieser kostspieligen Anforderungen wurden die LNG-Transporte bis 1990 als Liniendienste mit langfristigen Verträgen abgewickelt. Inzwischen hat sich ach eine Trampfahrt etabliert. Mittlerweile gibt es weltweit 26 Standorte mit Verflüssigungsanlagen, die den LNG-Export bedienen.

Mit dem steilen Anstieg des LNG-Handels über See wuchsen auch die Schiffsgrößen und Tankkapazitäten rasant. Seit 1970 vervierfachten sich die Durchschnittsmaße auf 136.000m3. Der größte Tanker ist mehr als doppelt so groß. Knapp 500 Einheiten sind heute auf den Weltmeeren unterwegs. 80% der Ladungen gehen nach Japan, Südkorea und Taiwan. Hauptlieferländer für die EU sind Quatar (51%), Algerien (22%) und Nigeria (12%). Darüber hinaus bekommen die Mitgliedstaaten vor allem Gas über Pipelines aus der Russischen Förderation, den Niederlanden und Norwegen. Mit der aktuellen Diskussion über die Verringerung der europäischen Abhängigkeit von russischen Öl- und Gaslieferungen gewinnt der LNG-Transport über See aus anderen Ländern an Bedeutung. Rund 20 europäische Spezialterminals standen 2013 für den Import zur Verfügung.