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Wolfgang Bredehöft, Geschäftsführer der iwb Ingenieurgesellschaft, spricht im Interview über anstehende Projekte und den Ingenieurberuf

Wo liegen die besonderen Herausforderungen im Wasserbau?

Wolfgang Bredehöft:

Der Wasserbau findet mehr als alle anderen Aufgaben des[ds_preview] Bauwesens unter dem Einfluss der Naturgewalten statt. An der Küste sind das Gezeiten und Sturmfluten. In Norddeutschland kommen häufig schlechte Baugrundeigenschaften und schlechte Erreichbarkeiten der Baustelle hinzu. Folglich müssen Sie sich mehr um die betrieblichen Abläufe auf der Baustelle kümmern. Wir benötigen Ingenieure, die sich mit Wasserbau und zusätzlich mit geotechnischen Themen bezogen auf den problematischen Baugrund auskennen und die möglichst einen Bezug zu dieser Region und zum Hafen haben.

Auf welche Projekte bewerben Sie sich?

Bredehöft:

Auf Projekte, die sowohl zeitlich, thematisch und wirtschaftlich unseren Anforderungen entsprechen. Zudem sollen sie das Unternehmen stets weiterbringen in der Ansammlung von know how. Wir wollen Kundenstrukturen langfristig aufrechterhalten. Dies gelingt am Besten, durch Termintreue, ein hohes Maß an Kostenbewusstsein und auf hohem Niveau stehende Bearbeitungsqualität. Darüber hinaus bewerben wir uns ebenso intensiv für interessante Projekte von Kunden, die außerhalb des Stammkundenkreises stehen. Heute zählen zahlreiche Verwaltungsstrukturen im Baubereich und Industrieunternehmen zum langfristig gewachsenen Kundenkreis.

An wie vielen Projekten können Sie gleichzeitig arbeiten?

Bredehöft:

Es werden für den Hamburger Unternehmensteil im Jahr etwa 30 bis 40 Projekte sein, eher kleine im Bereich Planung/Geotechnik und wenige große im Bereich Projektmanagement. Generell gilt: zu klein ist ebenso nachteilig wie zu groß. Sie müssen immer prüfen, ob Sie die Projekte bezüglich der personellen Kapazitäten und auch qualitativ stemmen können. Sollte das nicht der Fall sein, sucht man sich einen Partner.

Ist das in Ihrer Branche üblich?

Bredehöft: Bei großen Projekten ist das häufig so. Es gibt eine allgemeine Tendenz zu komplexer werdenden Inhalten der Ingenieuraufträge, die Kunden gliedern nicht mehr nach Gewerken, sondern vergeben stattdessen die gesamte Aufgabe in einem Auftrag. Dadurch haben Sie Aufgaben zu erbringen, auf die Sie fachlich nicht eingestellt sind. Sie benötigen daher einen Partner, der das kann, was Sie selbst nicht können. Selbst wenn Sie fachlich alles abdecken könnten, ist der Kostendruck sehr hoch. Den zu bewältigen, erfordert eine hohe Auslastung des gesamten Mitarbeiterstamms. Für einen neuen Auftrag steht dann jedoch kein freies Personal mehr zur Verfügung. Auch dann ist ein Partner hilfreich.

An welchen Projekten wirken Sie aktuell mit?

Bredehöft:

Unsere wasserbaulichen Aktivitäten sind stark auf den Hamburger Hafen konzentriert, wir arbeiten seit langer Zeit intensiv mit der Hamburg Port Authority (HPA), den Umschlagbetrieben und Industriebetrieben zusammen. Wir sind Generalplaner für die Landstromanlage Altona und haben die landgestützte Infrastruktur für die LNG-Hybrid-Barge geplant. An verschiedenen Orten des Hafens planen wir einen neuen Hochwasserschutz für private Polder und wirken in Arbeitsgemeinschaft beim Verfüllen des Steinwerder Hafens mit. Dabei wird ein weitgehend ungenutztes Hafenbecken verfüllt, um künftig auf dem Gelände Gewerbe ansiedeln zu können. Auch hier wird die Sandverfüllung auf eigentlich nicht tragfähigem Untergrund vorgenommen. Dies gelingt auch nur, durch besonders vorsichtiges verrieseln von sehr gleichmäßigen und dünnen Sandlagen. Das machen Sie solange, bis eine ausreichend tragfähige Sandschicht dem weichen Schlick aufliegt. Erst dann kommen die Vorzüge des Nassbaggerns, große Mengen Sand in kurzer Zeit einzubringen, voll zum tragen. Der Vorteil dieser sehr überwachungsintensiven Bauweise ist eine herausragende Wirtschaftlichkeit, die zusammenkommt mit einer möglichst geringen Umweltbeeinträchtigung. Ebenfalls in Arbeitsgemeinschaft bearbeiten wir Aufgaben zum Ausbau des Nordostseekanals und stehen in der Bauüberwachung beim Ausbau des Hamburger Kohlenschiffhafens. Auch dort wird ein ehemaliges Hafenbecken verfüllt, damit eine hafennahe Infrastruktur gebaut werden kann. Weitere Leistungen des Projektmanagments erbringen wir für Projekte der Hafeninfrastruktur und –entwicklung.

Welche Projekte stehen in Zukunft an?

Bredehöft:

Für uns gilt zunächst, dass der hohe Auftragsbestand erfolgreich abgearbeitet werden muss. Interessante Projekte würden sich darüber hinaus ergeben, wenn u.a. die Arbeiten an der Westerweiterung des Eurogate-Terminals losgehen würden.

Warum sind die Arbeiten dort ins Stocken geraten?

Bredehöft:

Ich denke, das hat mit dem Warten auf die Fahrrinnenanpassung und -vertiefung zu tun.

Legen Sie auch einen Fokus auf internationale Projekte?

Bredehöft:

Wir suchen das nicht aktiv, haben aber auch keine schlechten Erfahrungen damit gemacht. Mit den Nachfragen aus dem Inland sind wir im Augenblick jedoch sehr gut ausgelastet. Jüngst sind wir aus Litauen für Planungsleistungen im Hafenbau angefragt worden.

Werden deutsche Ingenieurdienstleistungen verstärkt international nachgefragt?

Bredehöft

: Für uns ist der Markt eher national geprägt. Wir nehmen auch nicht wahr, dass verstärkt ausländische Unternehmen in Deutschland Ingenieurleistungen erbringen. Für jedes Projekt müssen wir individuelle Lösungen erarbeiten. Für eine gute Planungsgrundlage mit einer komplexen Ingenieuraufgabe ist Kommunikation daher ein entscheidender Faktor. Der technische Sachverstand alleine reicht nicht aus. Sie übernehmen mit jedem Ingenieurvertrag einen immer umfangreicher werdenden Katalog an Nebenpflichten und müssen ihren Auftraggeber in allen Projektphasen und über die Aufgabenstellung hinausgehend beraten und unterstützen. Sie benötigen neben dem vollständigen Überblick über die anerkannten Regeln der Technik, Kenntnisse des öffentlichen Baurechts, der Haushaltsordnung, über die im Planungsprozess zu beteiligenden Dritte, über Geografie, Geologie und Hydrologie und nicht zuletzt über die Geschichte des Standortes bezüglich Kampfmittel und Schadstoffe im Untergrund. All das können ausländische Ingenieurbüros unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten für ein einzelnes Projekt in Deutschland nicht leisten. Umgekehrt gilt das gleichermaßen. Hinzu kommen die sprachlichen Probleme. Anders sieht es natürlich bei deutschen Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen aus. Aber die treten eher als deutsche Ingenieurbüros auf.

Was sind die ausschlaggebenden Faktoren für den Gewinn eines Auftrags?

Bredehöft:

Das Gesamtpaket muss stimmen. Der Preis ist natürlich auch ein wichtiges Kriterium. Ich habe aber den Eindruck, dass dieser Faktor nicht mehr ganz so stark ins Gewicht fällt. Die Auftraggeber haben mittlerweile verstanden, dass es für den Gesamterfolg eines Vorhabens unerlässlich ist, den besten Planer, Berater, Steuerer oder Überwacher zu finden, der für die jeweilige Aufgabe den größten Erfolg verspricht und eben nicht den billig­sten. Das ist eine erfreuliche Entwicklung.

Umweltaspekte haben heutzutage eine gewichtige Bedeutung. Inwiefern haben sie Einfluss auf Ihre Arbeit?

Bredehöft:

Umweltaspekte beeinflussen die Planung und Ausführung von Bauprojekten seit langem, das ist nicht neu. Sie sind allerdings laufenden Änderungen unterworfen, ebenso wie die technischen oder wirtschaftlichen Aspekte. Das macht ja gerade den Reiz des Berufsbildes Bauingenieur aus. Neu ist allerdings, dass kaum mehr ein Großprojekt ohne Gerichtsentscheid realisiert werden kann – selbst bei sorgfältigster Vorbereitung. Das macht die Projekte langwierig und teuer.

Zahlreiche Großbauprojekte in Deutschland haben mit Verzögerungen zu kämpfen. Warum dauern die Verfahren so lange?

Bredehöft:

Zu einem Großprojekt gehört eine sehr sorgfältige, umfassende Planung – und zwar vor der Ausführung! Hinzu kommt ein kompetenter Auftraggeber. Diese Kombination ist ein Garant dafür, dass der Planungsprozess so zügig wie möglich und so kompetent wie nötig abläuft. Danach brauchen Sie Fachleute, die den guten Plan in einen ebenso guten Bauvertrag umsetzen. Dann haben Sie eine Gewähr dafür, dass auch der Bauprozess zügig und ungestört abläuft – vorausgesetzt, der Auftraggeber hält sich während der Ausführung mit seinem einseitigen Änderungsrecht des Bauvertrages im Zaum. Die Aufstellung der Pläne nimmt aber eine gewisse Zeit in Anspruch. Diese Zeit sollten die Investoren und Auftraggeber in ihren Planungen berücksichtigen.

Welche Nachteile entstehen für Ingenieur­unternehmen durch die lange andauernden Prozesse?

Bredehöft:

Wir arbeiten unter einem enormen Zeitdruck und müssen häufig das aufholen, was durch Verzögerungen in den vorangegangenen Prozessen verloren wurde.

Ein Blick in die Zukunft: Wie wird sich der Wasserbau auch bezüglich technischer Neuerungen entwickeln?

Bredehöft:

Die größte Innovationsdichte gibt es sicherlich im Offshore-Bereich. Im übrigen Wasserbau geht es eher weniger rasant zu, dort vollziehen sich Neuerungen mehr im Detail. Dazu zählen Bauweisen mit Hilfe von geosynthetischen Produkten, Messgeräte, die auch zum präzisen Steuern von Wasser- und Erdbaugeräten eingesetzt werden. Die Geräte sind leiser und verursachen weniger Abgasemissionen.

Interview: Thomas Wägener

 


Thomas Wägener