Im April 1949 berichtete das Magazin »Spiegel« über die Geschichte einer Frau mit großer Sehnsucht. Eine Volksschullehrerin aus Hamburg-Blankenese[ds_preview], die sechs Jahre zuvor ihr Steuermannspatent mit Sondergenehmigung von Adolf Hitler gemacht hatte und auf der »Eschenburg« als Offizier gefahren war, wollte unbedingt wieder zur See fahren. Eine Reederei hatte sie bereits gefunden. Das Heuer-Büro in Altona, Monopol-Vermittler und fest in der Hand des DGB, stellte sich jedoch quer: Frauen wurden nicht vermittelt. Anneliese Teetz blieb nur, aus dem Fenster auf die Elbe zu gucken und die Serie des »Hamburger Abendblattes« über den Verbleib der deutschen Schiffe nach 1945 zu sammeln. Erfunden und über Jahre geschrieben wurde diese erfolgreiche Serie von einem jungen Schifffahrtsredakteur namens Peter Tamm, heute Chef des Internationalen Maritimen Museums Hamburg. Später machte Anneliese Teetz als erste Deutsche das Kapitänspatent und konnte doch noch zur See fahren.
Die – unbestätigten – Vorurteile gegen Frauen an Bord sind bekannt. In der Realität haben jedoch die jüngere Handelsschifffahrt und auch die Bundesmarine gute Erfahrungen mit weiblichem Personal gemacht. Aber es hat lange gedauert, bis Frauen in den nautischen und schiffstechnischen Positionen an Bedeutung gewannen.
Erste Seefunkerinnen soll es schon in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts gegeben haben. Zwei, die sich Anfang der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts in diese Männerdomäne wagten, sind Helga Ferchau und Cornelia Wulf. Sie begannen ihren Weg auf das Meer nicht auf einer Seefahrtschule – dort gab es keine Ausbildung zur Seefunkerin –, sondern mit einem dreisemestrigen Studium auf der Fachhochschule Lübeck, ohne jede seemännische Unterrichtung.
Die Prüfung wurde von der Deutschen Bundespost abgenommen. Als sie bestanden hatten, fanden sie 1975 schnell eine Anstellung: Helga Ferchau auf der »Carola Reith« einer Hamburger Reederei, Cornelia Wulf auf dem Lübecker Massengutfrachter »Harmen Oldendorff«. Ein Sprung ins kalte Wasser ohne jede Borderfahrung. Die ersten 14 Tage waren für beide schwer: Volles Programm, alles musste perfekt sein in der ungewohnten Umgebung, allein unter Männern. Beide berichten – und das ist eigentlich das Urteil aller seefahrenden Frauen – dass es keinerlei Diskriminierungen gab. Gerne wäre Helga Ferchau in die Laufbahn der nautischen Offiziere aufgestiegen. Allein, die Bestimmungen ließen dies damals nicht zu. Beide schieden nach einigen Jahren wieder aus der Seefahrt aus, als sich Nachwuchs ankündigte. Heute ist Helga Ferchau in der Logistikbranche tätig, Cornelia Wulf arbeitet in der Ambulanten Pflege, nachdem sie landwirtschaftliche Hauswirtschaft gelernt hatte. Aber die Sehnsucht nach der Seefahrt ist geblieben, die daraus erwachsenen Freundschaften blieben. Eine dritte im Bunde der Seefunkerinnen aus Lübeck lebt heute in Irland und betreibt dort mit ihrem Mann ein »Bed and Breakfast«.
Helga Ferchau erzählt gern eine Geschichte von ihrem Lieblingsfahrtengebiet, der australischen See. Sie und der Kapitän hatten zwei Katzen an Bord. Eines Tages staunte sie nicht schlecht, als »Minka« und »Mohrle« ihr gefangene fliegende Fische vor die Füße legten.
Heute sind Frauen an Bord in führenden Positionen keine Seltenheit mehr, aber noch lange nicht die Regel. Die junge Hamburger Reederei Auerbach engagierte eine Kapitänin für die »E-Ship 1«. Hamburg Süd hat mehrere Frauen auf ihren Schiffen in Spitzenstellungen. Es gibt in der deutschen Handelsmarine seit langem Schiffsingenieurinnen. In der Bundesmarine sind etwa ein
Wulf Brocke