Herr Grøne, Sie haben im Mai ein Jubiläum gefeiert: 40. Jahre in der Motorenindustrie. Woran arbeiten Sie jetzt, welche[ds_preview] Entwicklungen möchten Sie für die nächsten 40 Jahre anstoßen?
Grøne: Jetzt gerade ist der Markt ja nicht sehr aktiv aber wir müssen natürlich trotzdem zusehen, dass wir unsere Systeme auch in solchen Zeiten weiterentwickeln. Das ist tatsächlich etwas paradox, weil wir als Entwickler durch die Umweltgesetzgebung heute größeren Herausforderungen gegenüberstehen als je zuvor. Wir müssen alles daran setzen, die Vorgaben zu erfüllen. Das ist das, was ich jetzt und in Zukunft unterstütze.
In den 40 Jahren in der Branche haben Sie viele Auf- und Abschwünge der Schifffahrt miterlebt. Ist es diesmal anders?
Grøne: Im Moment sieht das aus wie ein sehr schwerer Einbruch. Andererseits erwarten wir, dass in diesem Jahr wieder viel mehr Schiffe bestellt werden, als noch 2009. Vielleicht dauert die Erholung von dieser Krise etwas länger, das ist aber auch nur reine Spekulation. Schauen wir uns die Vorhersagen für den Welthandel an, Wachstumsraten von 2%, 3%, 3,5%. Güter müssen transportiert werden, wenn nicht zu alten Märkten, dann zu neuen. Schifffahrt ist eine Wachstumsbranche. Die Bestellungen kommen in Wellen, nach der Überkapazität kommt schnell auch wieder ein Mangel.
Wie sehen Sie die Zukunft der Motorenindustrie, wie wird sich die Konkurrenz aus Asien entwickeln?
Grøne: Die Frage kommt immer wieder auf, ebenso wie die Angst vor der Antwort. Schon damals, als die Japaner zur Größe aufstiegen. Aber richtig losgelegt haben sie dann doch nie. Mitsubishi hat eigene Designs, aber ist doch recht klein in dem Bereich. Dann kamen die Koreaner mit eigenen Mittelschnellläufern, mit denen ja speziell Hyundai auf seinen Werften sehr erfolgreich ist. Aber auch die bauen immer noch Zweitakter in Lizenz. Der chinesischen CSSC gehören jetzt 70% des Zweitaktgeschäfts unseres Wettbewerbers. Im Prinzip ist Win GD also deren eigene Marke. Möglich, dass sie diese weiterentwickeln und komplett chinesisch machen. Das Wichtigste für MAN Diesel & Turbo ist es, im Markt stark zu bleiben, und dass die Kunden sich auf unser weltweites Servicenetzwerk verlassen können.
Was wird die Zukunft technisch bringen?
Grøne: Sie könnten auch fragen: Hat der Dieselmotor eine Zukunft? Was wir zurzeit sehen, sind die Auswirkungen der Entwicklung des Emissionsschutzes. Tier 2 begrenzt den NOx-Ausstoß, in Nordamerika ist es schon Tier 3. Es ist wahrscheinlich, dass weitere Tier 3-Gebiete dazukommen werden, vielleicht als nächstes die Ostsee. Danach müssen wir uns richten. SOx-Grenzwerte werden 2020 oder 2025 weltweit gelten. Wir haben schon jetzt die Möglichkeit, in unseren Motoren schwefelarme Kraftstoffe zu verbrennen, Methan, Ethan, Methanol, in ein paar Jahren auch LPG. Auf lange Sicht wird CO2 der entscheidende Faktor sein. Mal abgesehen vom generellen Wechsel zu Gasmotoren, die aus Gründen der Stöchiometrie sowieso weniger CO2 ausstoßen, sind unsere Gasmotoren immer noch Dieselmotoren. Wir können das Dieselprinzip weiter nutzen, ohne Kohlenwasserstoffe wie Methan in nennenswerter Menge freizusetzen, während andere Motortypen das tun.
Also: Wird es den Diesel weiter geben? Wir denken viel darüber nach. Batterien werden schon auf Fähren eingesetzt, und ich kann mir das auch für den Hochseebereich vorstellen, beispielsweise im Hafen oder für die Ein- und Ausfahrt. Die Batterien könnten während der Fahrt vom Dieselmotor wieder geladen werden. Das ist eine Kombination, die wir uns anschauen. Auch die Nutzung von Gasturbinen in Kombination mit Dampfturbinen ist ein Vorschlag. Weil da aber, anders als beim Diesel, die Effizienz stark von den Umgebungsbedingungen und dem Alter abhängt, dürfte es bis zur Einsatzreife noch lange dauern. Für eine absehbare Zukunft sehe ich keine Alternative zum Dieselmotor – das war schon eine ganz gute Erfindung.
Was war der größte »Game Changer« während Ihrer bisherigen Zeit, was wird der nächste sein?
Grøne: Ich glaube, so etwas kommt nicht über Nacht. Was sich geändert hat während der letzten 40 Jahre, ist das Schiffsdesign. Die Rümpfe sind so optimiert worden, dass bei niedrigerer Drehzahl größere Propeller verwendet werden können. Also haben wir den Hub verlängert. 1981 kam unsere M-Serie mit einem Verhältnis von Hub zu Bohrung von zwei. Daraus wurden zweieinhalb und wir nannten es L für »long stroke«. Dann haben wir den Hub nochmals verlängert, heraus kam S für »super long«. Zuletzt kam die G-Serie – G für »green« oder »gigantic stroke«. Die ganzen großen Containerschiffe fuhren früher mit K-Typen mit kürzerem Hub als die L-Typen. Dann kam recht schnell der Wechsel von K98 (ø Zylinderbohrung) zu S90. Und jetzt sind wir beim G95 mit einer Drehzahl von etwa 70 rpm. Die Vorgängermotoren vor 15 Jahren lagen bei 100 rpm. Das war so ein Game Changer. Der nächste werden die vielen Hochdruck-Gasmotoren – MEGI – sein, die jetzt und in den kommenden Jahren gebaut werden.
Felix Selzer