Forschungsschiff »Meteor« setzte neuen Trend

Seit 1945 haben die Erdwissenschaften einen lebhaften Aufschwung genommen. Dies gilt vor allem für die Meeresforschung, deren Intensität nur noch[ds_preview] mit der Erforschung des Weltraums zu vergleichen ist. Forschungsschiffe haben sich zu schwimmenden Laboratorien und Werkstätten entwickelt. Sie werden speziell zu diesem Zweck gebaut und nicht mehr lediglich aus vormaligen Handels- oder Kriegssschiffen hergerichtet.

Deutschland drohte nach 1945 den Anschluss an diese Entwicklung zu verpassen. Es stand kein hochseefähiges, modern ausgerüstetes Forschungsschiff mit großem Aktionsradius zur Verfügung. Finanzmittel waren knapp und der Nachwuchs fehlte. Die deutsche Tradition der Meeresforschung, verbunden mit so berühmten Schiffsnamen wie »Planet«, »Möwe«, »Meteor« oder »Gauss«, drohte abzureißen. Deshalb traten die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesverkehrsministerium in der Ära von Bundeskanzler Adenauer in Kontakt miteinander und entwickelten die Pläne für ein hochseefähiges Forschungsschiff, das beiden Seiten dienen sollte – der wissenschaftlichen Forschung sowie dem Deutschen Hydrographischen Institut (DHI) als Behörde des BMI zur Seevermessung. Zudem gründete die DFG im Oktober 1960 die Senatskommission für Ozeanographie.

Nach – teilweise zähen – Verhandlungen über die Finanzierung, den Zweck und die Ausgestaltung des Schiffes, wurde 1961 nach Billigung des Bundesinnenministeriums, des Bundesverkehrs- und des Bundesfinanzministeriums ein Vertrag zwischen der DFG und dem DHI als künftigem Reeder über den gemeinsamen Betrieb des Schiffes unterzeichnet. Die Baukosten von 16Mio. D-Mark trugen das Bundesverkehrsministerium und das Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung gemeinsam. Die Betriebskosten teilten sich das DHI und die DFG. Das Werk Seebeck der AG Weser wurde mit dem Bau des Schiffes beauftragt. Die Übergabe der neuen »Meteor« fand am 24. März 1964 statt.

Mit der »Meteor« hatte die Bundesrepublik nicht nur ein modernes Forschungsschiff in Dienst gestellt, das 1964 einen erheblichen Zuwachs an Forschungs- und Vermessungskapazität brachte; die »Gauss« des DHI und die beiden Schiffe des Bundesernährungsministeriums, das Fischereiforschungsschiff »Anton Dohrn« und das Fangplatzsuchschiff »Walter Herwig«, waren den Anforderungen der modernen Ozeanographie nicht gewachsen. Die »Meteor« sollte zugleich den Trend zum Mehrzweckforschungsschiff vorwegnehmen. Sie wurde Vorbild für zahlreiche weitere Forschungsschiffbauten auch und gerade auf internationaler Ebene.

Als die spätere »Meteor« gebaut wurde, war die Auftragslage der deutschen Werften nach Jahren der Hochkonjunktur »alles andere als rosig«. So erinnerte Bundespräsident Heinrich Lübke in seiner Taufrede am 8. Februar 1964 daran, dass auch das Forschungsschiff »Meteor« einen Beitrag der Bundesregierung zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Werften darstelle: »Im Bundeswirtschaftsministerium [wird] zurzeit ein Gutachten über die wirtschaftliche Lage der deutschen Schiffbauindustrie erarbeitet. Es soll der Bundesregierung als Grundlage für weitere Überlegungen und als Anhalt für Verhandlungen über die internationale Schiffbaupolitik dienen.«

Die AG Weser hatte ihre Aufgabe jedenfalls gut gelöst. Das damals mit 2.615 BRT vermessene Forschungsschiff »Meteor« fuhr in den 21 Jahren seiner aktiven Laufbahn auf 73 Fahrten 650.000 nm. Dies entspricht einer 30-maligen Erdumrundung. Das Schiff war übrigens eines der ersten, dessen Personal auch aus weiblichen Mitgliedern bestand. Das 55-köpfige Stammpersonal wurden von maximal 24 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen ergänzt. In einer Sitzung der Senatskommission der DFG hatte es 1961 noch lebhafte Diskussionen um weibliches Personal an Bord gegeben: »Es wird festgestellt, dass es keine gesetzliche Bestimmung gibt, die eine Einschiffung weiblichen Personals untersagt. Die Ansichten über die Zweckmäßigkeit, weibliche Personen auf eine Expedition mitzunehmen, gehen in der Diskussion sehr auseinander; hierüber wird wohl der jeweilige Fahrtleiter entscheiden müssen.« Die Realität hatte diese theoretische Diskussion jedoch bereits überholt.

Die »Meteor« wurde 1985 nach Neuseeland verkauft, wo sie als »Rapuhia« bis 1992 ihren Dienst versah. Im selben Jahr ging das Schiff zum Abbruch nach Singapur.


Internationales Maritimes Museum Hamburg