Mit dem O.K. vom Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) können 342 verbrauchte Brennelemente aus dem Kernkraftwerk Obrigheim in das Standort-Zwischen­lager Neckarwestheim transportiert werden – per Binnenschiff über den Neckar

Für die Beförderung von Castoren auf dem Necka[ds_preview]r wurde vom BfE die Genehmigung für maximal acht Transporte erteilt. Die Transporterlaubnis gilt bis zum 13. November 2018. Damit liegen alle wesentlichen Genehmigungen für die Umsetzung des Transportvorhabens vor. Die EnBW will die Obrigheimer Brennelemente nun schrittweise in insgesamt 15 Castor-Behältern überführen. Mit der Beladung der ersten drei Behälter hat der Energiekonzern nach Erhalt der Transportgenehmigung begonnen. Die Beladung jedes einzelnen Behälters mit Brennelementen dauert einige Tage. Bis zum Abtransport werden die beladenen Behälter in einem abgesicherten Bereich des Kernkraftwerks Obrigheim abgestellt.

Pro Schiff sollen drei Castoren nach Neckarwestheim gebracht werden. EnBW rechnet so mit voraussichtlich insgesamt fünf Transporten über den Neckar, die möglichst alle im Jahr 2017 abgewickelt werden sollen (siehe auch BS 07/2016). Ein einzelner Transport wird den Angaben zufolge – bezogen auf eine Fahrt des Transportschiffs von Obrigheim nach Neckarwestheim – etwa einen Tag dauern.

Aus der Genehmigung ergibt sich, dass die EnBW und das Transportunternehmen die Transporttermine nicht bekanntgeben dürfen. Der Energieversorger will aber parallel zu den Transporten die Öffentlichkeit über den Verlauf des Vorhabens informieren.

Schiffstransport hat Vorteile

Zur Prüfung der Machbarkeit einer Verlagerung der Brennelemente von Obrigheim nach Neckarwestheim hatte die EnBW eine Transport- und Handhabungsstudie durchgeführt, in der die Optionen Schiene, Straße und Fluss geprüft wurden. Nach Abschluss der Studie wurde bereits 2014 bekannt gegeben, dass der Weg über den Neckar die bevorzugte Transportoption sei.

Der Weg über die Schiene konnte laut EnBW frühzeitig ausgeschlossen werden, da weder der Standort Obrigheim noch der Standort Neckarwestheim über einen Schienenanschluss verfügen. Dadurch wäre ein kombinierter Straßen-/Schienentransport mit mehreren Umladevorgängen erforderlich gewesen.

Im direkten Vergleich der verbliebenen Optionen Straße und Fluss habe sich bei beiden eine grundsätzliche Machbarkeit gezeigt, jedoch mit Vorteilen für den Weg über den Neckar, so das Unternehmen. Die Kraftwerke Obrigheim und Neckarwestheim liegen beide direkt am Neckar, so dass die Be- und Entladung von Schiffen auf kurzem Wege erfolgen kann. Weitere Vorteile gegenüber einem Straßentransport sind, dass bei einem Schiffstransport deutlich weniger Einzelmaßnahmen – wie etwa die Umgehung von Engstellen in Form von Unterführungen und Verkehrskreiseln – erforderlich sind.

Das Schiff bzw. der Schubleichter wird im Roll-on/Roll-off-Verfahren be- und entladen. Die erforderlichen Laderampen sind in Obrigheim und in Neckarwestheim vorhanden. Der RoRo-Umschlag ist in Obrigheim bereits bei früheren Transporten erprobt worden, z.B. bei der Verladung von Dampferzeugern.

Beim Transport der Brennelemente steht der Schutz von Mensch und Umwelt an erster Stelle. Dieser Schutz werde bereits von der massiven, tonnenschweren Metallkonstruktion der eingesetzten Castor-Behälter gewährleistet, so EnBW. Tests hätten bereits bewiesen, dass die Behälter auch unter extremen Bedingungen sicher seien. Spezielle Anforderungen gelten aber nicht nur für die Castoren, sondern auch für das Transportschiff und den Ablauf des Transports.

Spezialist übernimmt Transport

Den Transport bewerkstelligt DAHER Nuclear Technologies (früher NCS Nuclear Cargo + Service). Das Unternehmen ist auf Transporte dieser Art spezialisiert, verfügt über entsprechende Erfahrungen und die notwendige Ausrüstung. Die Logistikfirma ist ein Tochterunternehmen der französischen Unternehmensgruppe DAHER.

Beim Transport kommt ein Schubverband zum Einsatz. Laut EnBW steht stets auch ein zweites, gleichartiges Schubboot zur Verfügung, das alternativ zum Einsatz kommen und innerhalb weniger Minuten angekoppelt werden kann. Der Schubleichter verfügt über eine Doppelhülle mit durch Querschotts getrennten Kammern sowie über Lenzsysteme.

Der Verband hat eine maximale Gesamtlänge von 107,05m, womit er auch die kürzeste Schleuse auf dem Transportweg befahren kann.

Am Kraftwerksstandort Obrigheim kann laut EnBW eine vorhandene Laderampe am Neckar genutzt werden. In Neckarwestheim könne die Laderampe der Schiffsanlegestelle genutzt werden, die dort zur Unterstützung der Rückbau-Logistik gebaut wurde.

Die geplante Anlegestelle besteht aus einer rund 81m langen Kaimauer, an der Schiffe anlegen können, und aus einer etwa 28m langen Rampe, die vom Ufer in den Neckar führt. Über diese Rampe können Fahrzeuge mit Transportgütern vom Kraftwerksgelände direkt auf Lastschiffe fahren und umgekehrt. Rechne man die gesamte Abbaumasse zusammen, müssten in den nächsten Jahrzehnten bis zu 1,2Mio.t Material abtransportiert werden.

Anfang März meldete das Energieunternehmen den erfolgreichen Abschluss einen Testlaufs. Dazu wurden drei leere Castor-Behälter von Obrigheim nach Neckarwestheim und zurück transportiert. Der Test startete Ende Februar in Obrigheim mit der Beladung des Transportschiffs mit leeren, unbenutzten Castor-Behältern. Genutzt wurde ein spezieller Schubleichter, der die besonderen behördlichen Anforderungen für einen solchen Transport erfüllt. Schließlich fuhr der Schubverband, bestehend aus dem Schubleichter und einem Schubboot, die rund 50 Flusskilometer zum Kernkraftwerk Neckarwestheim. Dort wurden die leeren Castoren, die jeweils auf speziellen Fahrzeugen fixiert waren, vom Schiff herunter und am nächsten Tag wieder hinauf gefahren. Sechs Tage später legte der Schubverband erneut in Obrigheim an. Am 4. März waren dann die Entladung des Schiffes und damit der Funktionstest beendet.

»Wir haben den Funktionstest erfolgreich abgeschlossen. Der Test hat sowohl technisch als auch organisatorisch und personell gut geklappt«, berichtet Jörg Michels, Geschäftsführer der EnBW Kernkraft GmbH. »Nachdem wir im vergangenen Jahr bereits die Handhabung der Castor-Behälter in den Lagerbereichen von Obrigheim und Neckarwestheim ausführlich getestet haben, haben wir jetzt mit dem Test auf dem Neckar und an den Anlegestellen die Erprobung des gesamten Transportablaufs komplettiert. Mit der gleichen Sorgfalt und Präzision werden wir auch die späteren Transporte von beladenen Castoren umsetzen.«

Der Funktionstest verlief laut EnBW weitgehend ohne Auswirkungen auf die Schifffahrt auf dem Neckar. Bei den geplanten »echten« Transporten soll der Gesamtablauf nicht wie beim Funktionstest eine ganze Woche dauern, sondern nur wenige Tage. Vergleichbar werde jedoch die Dauer der Fahrt von Obrigheim nach Neckarwestheim sein, hier rechnet die EnBW mit etwa einem Tag.

Kurzzeitige Sperren am Neckar

Laut den Wasserstraßen- und Schifffahrtsämtern Heidelberg und Stuttgart ist daher ab sofort bis zum 13. November 2018 mit kurzfristigen Sperrungen der Wasserstraße zwischen den Schleusen Guttenbach und Besigheim zu rechnen. Die Anordnung der Schifffahrtssperre im jeweiligen Streckenabschnitt erfolgt auf Weisung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung durch die Schleusenbetriebsstellen. Die Liegeplätze werden den Schifffahrtstreibenden durch die jeweilige Schleusenbetriebsstelle zugewiesen. Die Sperre wird von der Wasserschutzpolizei überwacht. Für die Planung und Umsetzung des Transportvorhabens von Obrigheim nach Neckarwestheim rechnet die EnBW mit Kosten im niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich.


fs