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Bericht B23 des HTG-Fachausschusses »Hafenumschlagtechnik« (AHU)

Vorwort

Die Lebensdauer eines Kranes wird bestimmt durch die Auslegung und durch die Nutzung des Kranes. Sie kann[ds_preview] deutlich länger sein als die Lebensdauer der dort verbauten elektronischen Komponenten.

Eine wichtige Komponente auf dem Kran ist die in den Antriebsschränken eingesetzte Leistungselektronik.

In der nachfolgenden Betrachtung werden die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Leistungselektronik und ihre Auswirkungen auf deren Lebensdauer beschrieben.

Dieser Bericht ergänzt die bisherigen Veröffentlichungen des Ausschusses für Hafenumschlagtechnik der HTG. Der Bericht ist online abrufbar unter:

https://www.htg-online.de/fachausschuesse/hafenumschlagtechnik/veroeffentlichungen/das-blaue-buch/

1. Einflussfaktoren auf die Lebensdauer der Leistungselektronik

In Abbildung 1 sind die Faktoren dargestellt, die einen Einfluss auf die Lebensdauer der Leistungselektronik haben. Diese Faktoren gliedern sich in die Betriebsparameter, die Umgebungsbedingungen und die elektrische und mechanische Auslegung. Orange eingefärbte Faktoren verkürzen, grün eingefärbte Faktoren verlängern die Lebensdauer.

Mittelbar haben auch die Ersatzteilverfügbarkeit und die Ersatzteilbevorratung im Fall des Produktauslaufes einen Einfluss auf die mögliche Nutzungsdauer der elektrischen Ausrüstung.

2. Betriebsparameter

Die Betriebsparameter werden überwiegend durch die Vorgaben des Betreibers und den daraus abgeleiteten Anforderungen des Kranherstellers an den Elektroausrüster definiert.

2.1 Berücksichtigung der ­Betriebsparameter

Die wichtigsten elektrischen Parameter für die Leistungselektronik sind Spannung und Strom.

Elektrische Spannung

Die Stabilität der Spannung wird im Wesentlichen durch die Kurzschlussleistung des Versorgungsnetzes bestimmt.

Ist die Leistung des Versorgungsnetzes nicht ausreichend für alle angeschlossenen Verbraucher dimensioniert, kann es zu Funktionsstörungen bis hin zu Zerstörungen von Bauteilen führen.

Bei Anschluss von zusätzlichen elektrischen Anlagen oder Änderungen des Versorgungsnetzes sind die Kurzschlussleistung und die Netzstabilität erneut für jeden Kran zu prüfen.

Das Spannungsniveau für die Leistungselektronik wird vom Elektroausrüster gewählt.

Strom

Aus den vom Betreiber vorgegebenen zu bewegenden Lasten folgt das Lastkollektiv. Aus Fahrweg, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen folgt das Fahrspiel. Die Beschleunigungs- und Bremsrampen sind neben den Vorgaben des Betreibers auch abhängig vom Design der Antriebsstränge des Kranes.

Aus Lastkollektiv und Fahrspiel ergeben sich der Drehmomentverlauf und damit der erforderliche Stromverlauf. Starke Schwankungen im Stromverlauf bestimmen die Wechsellast, die Höhe des Dauerstromes bestimmt die Grundlast. Beide haben Einfluss auf die thermische Beanspruchung und damit auf die Lebensdauer der Leistungselektronik.

Für die Dimensionierung der Leistungselektronik sind die in Tabelle 1 dargestellten Betriebsparameter ausschlaggebend.

2.2 Einhaltung der Betriebs­parameter während des Betriebes

Änderungen der Betriebsparameter sind mit dem Kranhersteller und dem Elektroausrüster abzustimmen.

Die auf Basis der Betriebsparameter erfolgten Einstellungen der Leistungselektronik dürfen vom Betreiber nicht ohne Rücksprache mit dem Elektroausrüster verändert werden.

3. Einfluss der elektrischen ­Auslegung

Die Auswahl der Leistungselektronik basiert auf den Spannungen und Strömen, die sich aus den schon genannten Betriebsparametern ergeben.

Zusätzlich sind die in Tabelle 2 zusammen gefassten Faktoren zu berücksichtigen.

4. Umgebungsbedingungen und andere äußere Einflüsse

Neben den oben genannten Betriebsparametern haben die Umgebungsbedingungen Einfluss auf die Lebensdauer der Leistungselektronik.

Die Umgebungsbedingungen sind durch den Betreiber zu spezifizieren und deren Einfluss durch den Hersteller zu berücksichtigen.

Die Klimabedingungen und weitere Besonderheiten am Einsatzort sind vom Betreiber bereits mit der Anfrage für den Kran oder die Elektroausrüstung dem Hersteller mitzuteilen (Tab. 3).

Die Vorgaben für Lagerung, Transport, Montage und Betrieb der Komponenten erfolgen durch die Hersteller.

Zu den mechanischen Einflüssen gehören auch Stöße und Vibrationen aus ungeplanten Abschaltungen (Tab. 4).

Chemische Einflüsse können starke Korrosion, auch der Kupferteile, und damit einen Ausfall der Bauteile verursachen. Elektrisch leitender Staub kann zu Kurzschluss mit Lichtbogen oder anderen Fehlfunktionen führen (Tab. 5).

4.1 Berücksichtigung der ­Umgebungsbedingungen

Die Anforderungen aus den Umgebungsbedingungen sind durch geeignete Auslegung und Auswahl der Komponenten und im Design der Gesamtanlage zu berücksichtigen (Tab. 6).

Besonders bezüglich der Anforderungen an Heizung, Klima, Lüftung einschließlich Luftfilter ist eine enge Abstimmung mit den Lieferanten der Klimaanlage und der Leistungselektronik erforderlich. In diesem Zusammenhang ist auch die Luftführung für die Leistungselektronik zu berücksichtigen.

4.2 Einhaltung der Maßnahmen während des Betriebes

Der Betreiber muss im Rahmen der Wartung kontinuierlich sicherstellen, dass die vorgegebenen Maßnahmen (Tab. 7) eingehalten werden.

Mit Wischtests kann der Grad der Verschmutzung festgestellt werden.

Eine Kondenswasserbildung ist zu vermeiden.

Darüber hinaus sind die Wartungshinweise der Hersteller zu berücksichtigen.

4.3 Veränderungen der ­Umgebungsbedingungen während des Betriebes

Veränderte Umgebungsbedingungen erfordern eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der getroffenen Maßnahmen.

5. Ersatzteilverfügbarkeit

Die elektrische Ausrüstung besteht aus Komponenten, die in Abhängigkeit von der Nutzung und den zuvor beschriebenen Einflussfaktoren altern, so dass in der Regel vor dem Ende der Kranlebensdauer ein Austausch erforderlich wird.

Häufen sich die Ausfälle bestimmter Bauteile, ist dies ein Hinweis auf das Erreichen der Verschleißgrenze. Ein kompletter Austausch kann zeitnah erforderlich werden.

Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Komponenten und die Verfügbarkeit von den darin eingesetzten Bauteilen haben Einfluss auf den Produktlebenszyklus der Komponenten.

Die Hersteller informieren über den anstehenden Auslauf der Komponenten.

Wenn keine Originalteile mehr zur Verfügung stehen, bedarf es einer umfangreicheren Modernisierung der elektrischen Ausrüstung.

Durch eine Ersatzteilbevorratung mit Originalteilen kann der Zeitpunkt der Modernisierung hinausgezögert werden.

Zusammenfassung

In modernen Kranen kommen geregelte Drehstrom-Motoren zum Einsatz, die über Frequenzumrichter mit Leistungselektronik elektrisch versorgt werden. Diese Leistungselektronik unterliegt bauartbedingt einer Alterung. In diesem Bericht werden verschiedene Faktoren beschrieben, die diese Alterung beeinflussen.

Dem Betreiber wird empfohlen, die Faktoren bereits in der Planungsphase mit dem Kranhersteller sowie dem Elektroausrüster zu erörtern.

Die Gestaltung des Kranes selbst hat ebenfalls Einfluss auf die Lebensdauer der Leistungselektronik.

Darüber hinaus kann bei der Dimensionierung der Leistungselektronik zwischen Betreiber und Elektroausrüster gemeinsam eine Auslegungsreserve vereinbart werden.

Die in diesem Bericht aufgeführten Beispiele zeigen die enge Verknüpfung von Umgebung, Kranbetrieb, Krandesign und Ausführung der elektrotechnischen Ausrüstung.

Ein frühzeitiger, enger Austausch zwischen Betreiber, Kranhersteller und Elektroausrüster ist für ein optimiertes Ergebnis notwendig.

Mit diesem Vorgehen können bereits in der Planungsphase des Kranes und seiner elektrischen Ausrüstung Maßnahmen getroffen werden, um den Einfluss auf die Alterung der Leistungselektronik zu reduzieren.

Herausgegeben im November 2017

s.a.: https://www.htg-online.de/fachausschuesse/hafenumschlagtechnik/veroeffentlichungen/das-blaue-buch/

Verfasser aus dem HTG-Fachausschuss für Hafenumschlagtechnik (AHU):

Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Mehrkens (Projektleiter),

Dipl.-Ing. Reiner Arndt, Dipl.-Ing. Gerwin Eilers, Dipl.-Ing. Jens Fahrbach, Dipl.-Ing. Martin Schubring alle Mitglieder des HTG-Fachausschusses für Hafenumschlagtechnik (AHU),

als Gast Dipl.-Ing. Sven Lüßen)

Ansprechpartner und Mitglieder des HTG-Fachausschusses für Hafenumschlagtechnik (AHU) unter: https://www.htg-online.de/fachausschuesse/hafenumschlagtechnik/mitglieder-kontakt/