Der Hamburger Reeder steht nach der Insolvenz seiner Schifffahrtsgruppe im Sommer 2017 vor einem Comeback. Die neue Reederei »The Asian Spirit Steamship Company« übernimmt in wenigen Wochen die ersten Neubauten.

Binnen weniger Wochen war im Sommer 2017 die Insolvenz einer der größten deutschen Reedereien besiegelt. Nachdem die HSH Nordbank ein Sanierungskonzept abgelehnt hatte, musste die Rickmers Holding AG Insolvenz anmelden. Die Shipmanagement-Aktivitäten wurden schließlich von der Bremer Zea­born-Gruppe übernommen. Die Rickmers-Linie war zuvor bereits an die gleiche Adresse verkauft worden.

Während die HSH Nordbank im Jahr 2017 anderen Hamburger Reedern wie Heinrich Schoeller oder Bernd Kortüm einen Schuldenschnitt gewährt hatte, kannte sie bei Bertram Rickmers letztlich kein Pardon. So wurden er und seine damalige Reederei zum wohl prominentesten Opfer einer Krise, die nach 2008 weite Teile der deutschen Schifffahrt tief getroffen hat.

20% Beteiligung an Zeamarine, Ausstieg aus Shipmanagement

Doch der Spross einer alten Schifffahrtsdynastie mit Wurzeln auf Helgoland und in Bremerhaven startet jetzt ein Comeback. Die vergangenen Ereignisse sind abgehakt. Zunächst sicherte er sich bei der Übernahme der Shipmanagement-Sparte von Rickmers durch Zeaborn eine Beteiligung, die er allerdings kürzlich an den Bremer Bauunternehmer Kurt Zech, Eigner der Zeaborn-Gruppe, veräußert hat. Außerdem hält er etwa 20% am MPP-Zweig Zeamarine, der aus dem Zusammenschluss von Zeaborn Chartering mit dem US-Konkurrenten Intermarine entstanden ist. Der Blick richtet sich aber längst auch auf andere Projekte.

Acht Eco-Feeder aus China

Während der Ausverkauf der deutschen Containerflotte scheinbar kein Ende nimmt, hat Bertram Rickmers als einer von wenigen hiesigen Reedern bereits 2016 neue Schiffe bestellt. Die chinesische Werft Mawei Shipbuilding liefert ab diesem Jahr eine Serie von acht Container-Feederschiffen an die neue Rickmers-Reederei »The Asian Spirit Steamship Company« (ASSC) mit Sitz an der Hamburger Außenalster.

Rickmers, ASSC, Feeder
Die ersten beiden Feeder-Containerschiffe sind fertig (© ASSC)

Die ersten beiden Neubauten der ECO16-Klasse mit nominell 1.162 TEU (16.000 tdw) sollen bereits im April in Dienst gestellt werden und sich zu zwei älteren Einheiten gesellen, die es bereits vorher im Bestand gegeben hat. Der Rest folgt sukzessive bis 2021. Weitere zwei Schiffe der gleichen Baureihe gehen an MTT aus Malaysia. Die Feeder sind vornehmlich für das Fahrtgebiet Intra-Asia konzipiert, können aber auch in der Karibik oder im Mittelmeer fahren und sind somit weltweit einsetzbar. Sie gehören zu den modernsten Schiffen ihrer Art und wurden von der Familie Rickmers ohne jegliches Bankengeld finanziert.

Bei einer Länge von 160 m und einer Breite von 24,61 m hat das Designbüro abh aus Emden dem Entwurf einen besonders geringen Tiefgang von maximal 7,50 m verpasst. Gleichzeitig verfügen die Feederschiffe über eine extrem hohe Tragfähigkeit. »Sie haben eher die Kapazität von 1.700-TEU-Schiffen«, sagt Bertram Rickmers im Gespräch mit der HANSA. Bei Anläufen im indischen Flusshafen von Kalkutta, 120 km von der Küste entfernt, könnten diese Schiffe bei einem Tiefgang von 6,50m rund 650 Container à 14t aufnehmen, »das sind 50% mehr Ladung als bei vergleichbaren älteren Schiffen«, so Rickmers.

Hybrid-Scrubber an Bord

Die Eco-Feeder seien zudem auf höchstmögliche Effizienz und geringstmögliche Emissionen von NOx und SOx ausgelegt. Unter Deck arbeitet der derzeit modernste konventionelle Zweitakt-Motor von MAN des Typs 6S50 ME. Nachgeschaltet ist ein Hybrid-Scrubber von Wärtsilä. Die Neubauten können auch künftig Schweröl (HFO) fahren und sich den Preisvorteil gegenüber dem IMO-konformen Kraftstoff (LSFO) zunutze machen. Ab dem 1. Januar 2020 ist der erlaubte Schwefelgehalt im Schiffskraftstoff auf 0,5% begrenzt. Ausnahme: Es kommen Abgasreinigungsanlagen zum Einsatz.

Die Preisdifferenz von HFO gegenüber LFSO/MDO wird von Experten auf bis zu 250 $/t geschätzt. Angesichts der erheblichen Bunkereffizienz der Neubauten, die weniger als 20 t/Tag gegenüber 30 t/Tag bei vergleichbaren Designs verbrauchen, entspricht das einer zusätzlichen Einsparung von mindestens 5.000 $ – pro Tag.

Hohe Charterrate mit Linienreederei

Rickmers, ASSC, Asian Spirit

Das ist auch potenziellen Charterern nicht verborgen geblieben, die sich ihrerseits gegenüber ihren Kunden möglichst »grün« zeigen wollen. Die ersten beiden Feeder-Neubauten werden von einer global führenden Linienreederei zu einer vergleichsweise hohen Rate von 12.500 $/Tag über eine Laufzeit von drei Jahren beschäftigt. Zum Vergleich: Ältere 1.100-TEU-Frachter wurden zuletzt zu höchstens 7.000 $/Tag verchartert.

Das Outfit Asian Spirit Steamship Company, das jetzt einen Neustart ermöglicht, wurde von Bertram Rickmers bereits 2015 gegründet. Ursprünglich aufgrund des damals wegen der anstehenden Restrukturierung seitens der Banken verhängten Investitionsstopps bei der Rickmers Holding AG geschaffen, soll sich ASSC jetzt innerhalb Rickmers’ Brick Holding zur neuen Keimzelle für die Schifffahrtsaktivitäten entwickeln, neben Aktivitäten im Immobilien- und Offshore-Wind-Sektor.

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Zwei Generationen unter einem Dach vereint: Bertram R. C. Rickmers und Rickmer Clasen Rickmers (@ ASSC)

Gründer Bertram Rickmers gibt sich bei ASSC inzwischen mit der Rolle des Chairman und Hauptgesellschafters zufrieden. Das operative Management der Firma hat er seinem langjährigen Getreuen Ulrik Kriete und seinem Sohn Rickmer Clasen Rickmers überlassen. Das jüngste von drei Kindern ist nach sieben Jahren in Asien bei Bengal Tiger Lines, Navis Chartering und Rickmers Shipmangement nunmehr nach Hamburg zurückgekehrt.

20 bis 30 Containerschiffe als Ziel

Befrachtet werden die Schiffe »in house«. Das technische Management der ersten beiden Neubauten wurde dagegen an Jebsen Shipping aus Jork vergeben. Die Reederei aus dem Alten Land hatte sich in einem Auswahlverfahren gegen ein knappes Dutzend Wettbewerber durchgesetzt, darunter auch gegen große, weltweit operierende Shipmanager. »Sie haben das attraktivste Angebot vorgelegt«, sagt Clasen Rickmers.

Jebsen Shipping dürfte außerdem zugute gekommen sein, dass in der bereederten Flotte bereits ähnliche Feeder-Schiffe wie die »JSP Bora« (1.118 TEU, Baujahr 2007) und »JSP Levante« (Baujahr 2006) fahren. Eine Garantie, dass sie weitere Neubauten bekommen, sei dies nicht, sagt Clasen Rickmers. Im Gegenteil: »Wir wollen künftig mehrere Manager einsetzen und die Performance beobachten, um Vergleiche ziehen zu können.«

Mittelfristig sei ein Ausbau der Flotte auf 20 bis 30 Containerschiffe angedacht, mit einem klaren Fokus auf Feeder. Diese sollen künftig nach Möglichkeit mit institutionellen Co-Investoren finanziert werden und nicht – wie bisher – ausschließlich mit dem Kapital der Familie Rickmers. Und man will sich im Markt von den Wettbewerbern absetzen. »Wir werden agieren wie ein Startup: schnell, flexibel und effizient«, sagt Geschäftsführer Ulrik Kriete. Über den Bau von zwei weiteren »Spezialschiffen« werde bereits verhandelt.