Vorrang für Offshore? Das erst im letzten Frühjahr gestartete niederländische Fährprojekt Holland Norway Lines (HNL) erwägt einen Abzug aus Eemshaven.[ds_preview]
Das Unternehmen hatte in den letzten Wochen zum Teil erhebliche Unterbrechungen und sogar Stornierungen für den Fährdienst nach Norwegen, da der Liegeplatz für andere Abfertigungen, vor allem für die boomende Offshore-Windkraftindustrie, benötigt wurde. Es wird davon ausgegangen, dass der Zeitraum der ausschließlichen Nutzung des Liegeplatzes im niederländischen Hafen durch HNL beendet ist.
HNL prüft derzeit nach eigenen Angaben andere Hafenoptionen, darunter den deutschen Hafen Emden. Seitens des Unternehmens heißt es, dass man mit einer dauerhaften Lösung in 6 bis 8 Wochen rechnet, und dass man somit dann kein Risiko für die Kontinuität des Fährbetriebes bis zur Hochsaison sehe.
»Wir arbeiten mit Hochdruck an langfristigen und kurzfristigen Lösungen. Für Letzteres ist Emden durchaus eine Option«, sagte HNL-Sprecherin Annebel Nillessen Blaauw gegenüber niederländischen Medien. Auch ein anderer, temporärer Standort müsse sehr viele Bedingungen erfüllen, um abfahren zu können. Diese Liegeplätze müssten nun zunächst alle besucht werden, um eine gute garantierte Verbindung anbieten zu können, wird Blauuw weiter zitiert.
Der durchaus beliebte Fährdienst von Eemshaven nach Norwegen, mit weit über 100.000 Fahrgästen im ersten Betriebsjahr, nutzt als Anleger den Schwerlastkai am westlichen Ende des Beatrixhavens in Eemshaven und hatte hierfür bis Oktober 2022 ein Vorrangrecht. Doch durch den verstärkten Umschlag von Komponenten für die Offshore-Windparks gab es in den vergangenen Wochen immer wieder Belegungen von großen Frachtschiffen an der Pier, so dass HNL keinen Zugriff auf den Anleger hatte und somit Reisen zum Teil storniert werden mussten. Gäste beschweren sich im Internet über die schlechte Kommunikation, verpasste Urlaubsfreuden und einen mangelnden Kundenservice. Mittlerweile sollen in den vergangenen Wochen schon 16 Reisen abgesagt worden sein. Viele Kunden haben mittlerweile kein Vertrauen in den Fährdienst HNL und im Netz wurde der Schiffsname »Romantika« schon scherzhaft in »Dramatika« umbenannt.
Hafenbetreiber sieht Probleme in Eemshaven bei HNL
Groningen Seaports sieht die Probleme beim Betreiber. »HNL hatte einen vorrangigen Vertrag bis Oktober vergangenen Jahres«, betont Hafensprecher Tim Lambeck. »HNL wusste von den ersten Gesprächen im Jahr 2020, dass der Vertrag auslaufen würde, dass der Kai ab Januar 2023 mit anderen vorfahrtsberechtigten Schiffen geteilt werden müsste und man deshalb einen eigenen Kai bauen müsste. Das kann nicht überraschen.«
Viele Stimmen aus Eemshaven befürchten nun, dass ein möglicher, vorrübergehender, Umzug nach Emden eine Dauerlösung werden könnte. Inwieweit aber in Emden überhaupt ein geeigneter Liegeplatz im Bereich des Außenhafens zur Verfügung steht, der auch eine Großfähre wie die »Romantika« aufnehmen kann, ist fraglich, denn es wird ja auch eine ausreichend dimensionierte Aufstellfläche für die PKW- und Frachtkunden benötigt. Weitere Häfen für die Umsiedlung des Fährbetriebes gibt es sonst in unmittelbarer Nähe von Eemshaven sonst keine.
Am 7. April 2022 nahm der neu gegründete Fährbetreiber Holland Norway Lines (HNL) aus Winsum in der Nähe von Groningen mit dem Charterschiff »Romantika« (IMO 9237589) die Verbindung nach Kristiansand in Südnorwegen auf. Die Überfahrt vom niederländischen Eemshaven nach Kristiansand im Süden Norwegens beträgt planmäßig 18 Stunden, wobei in der Nebensaison drei Abfahren pro Woche je Richtung angeboten werden.
Das Fährschiff verkehrte bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie auf der Route Riga – Stockholm. Die 192,90 m lange und 29 Meter m »Romantika« war 2002 von Aker Finnyards, Rauma, gebaut worden und war der erste Neubau, der an Tallink geliefert wurde. Sie verfügt über eine Passagierkapazität für 2.500 Personen, die in 727 Kabinen verschiedener Kategorien untergebracht werden können. Im Ladedeck mit 1000 Spurmetern können bis zu 300 Autos oder eine entsprechende Zahl an Lastwagen befördert werden.
HNL hat die »Romantika« für zunächst drei Jahre Bareboat gechartert, mit einer Verlängerungsoption. Nach derzeitiger Auswertung sind der größte Anteil der Reisenden Niederländer an Bord, rund 70%, jeweils 10$ stammen aus Norwegen und Deutschland, die übrigen 10$ entfallen auf andere europäische Nationen. (CE)