Tomas Heidar ist der neue Präsident des Internationalen Seegerichtshofs. Im HANSA-Interview spricht er exklusiv über Stärken und Herausforderungen des ITLOS, Geopolitik, seine Pläne sowie Hamburg als »perfekter Standort«.
Heidar ist seit einigen Monaten neuer Präsident des Internationalen Seegerichtshof mit Sitz in Hamburg. Eines seiner Hauptziele: Den Gerichtshof international bekannter zu machen, unter anderem durch umfassende, weltweit verteilte Programme zum Kapazitätsaufbau.[ds_preview]
»Mein Hauptaugenmerk liegt sozusagen darauf, die Isolation zu durchbrechen. Einige Staaten in verschiedenen Teilen der Welt fühlen sich unter Umständen isoliert und es mangelt dort bisweilen an Informationen über den Seegerichtshof. Ich bin sehr daran interessiert, mit ihnen in Kontakt zu treten, sie zu besuchen und Wissen über unsere Verfahren und die Möglichkeiten, die wir bei der Beilegung von Streitigkeiten bieten können, zu vermitteln«, sagt der Isländer Heidar. Die Arbeit beschränke sich seiner Ansicht nach nicht nur auf das Büro direkt an der Elbe.
Heidar glaubt, es gibt immer noch viele Menschen der Branche, bei denen es an grundlegenden Kenntnissen über den Gerichtshof mangelt, z.B. unter welchen Umständen er für die Behandlung von Fällen zuständig ist. Das würde er gerne ändern.
Klimawandel beschäftigt Seegerichtshof
Bevor er zum ITLOS kam, war Heidar fast 20 Jahre lang Rechtsberater im Außenministerium von Island. Der Schwerpunkt lag dabei auf dem Seerecht, er war etwa an der Aushandlung von Seegrenz- und Fischereiabkommen mit Nachbarländern beteiligt. Außerdem war er für die Festlegung der äußeren Grenzen des Festlandsockels zuständig. »Dies sind meine Spezialgebiete. Aber wenn man Richter wird, hat man natürlich mit allen möglichen Fällen des Seerechts zu tun«, so der Isländer.
Zu den aufkommenden wichtigen Themen für den Seegerichtshof dürfte neben dem Tiefseebergbau und neue Technologien wie autonome Schiffe künftig verstärkt auch der Klimawandel gehören. Ein Beispiel: Im Dezember 2022 erhielt das Gericht ein Ersuchen um ein Gutachten von einer Gruppe kleinerer Inselstaaten, der »Commission of Small Island States on Climate Change and International Law« (COSIS).
Sie fragt insbesondere, welche spezifischen Verpflichtungen die Vertragsstaaten des Seerechtsübereinkommens haben, um die Verschmutzung der Meeresumwelt infolge des Klimawandels und der Versauerung der Ozeane zu bekämpfen. Solche Entwicklungen dürften nicht zuletzt für mehr Aufmerksamkeit führen: »Das Gutachten zum Klimawandel stößt auch bei großen Gruppen von Menschen auf Interesse, die sich im Allgemeinen nicht mit dem Seerecht befassen«, meint Heidar und geht im Gespräch näher auf den Fall ein.
Auch auf den Standort Hamburg kommt der Jurist detailliert zu sprechen. Die Hansestadt ist seiner Meinung nach »der perfekte Standort für das Gericht«. Deutschland habe sich sich außerdem als »ausgezeichnetes und zuverlässiges Gastland« erwiesen.
Das komplette Interview finden Sie in der aktuellen April-Ausgabe der HANSA. Tomas Heidar spricht darin unter anderem auch über seine Pläne, die verschiedenen Möglichkeiten und Prozesse am Seegerichtshof, dessen Stärken und seine Stellung im internationalen Institutionen-Gefüge, Fälle in Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, seinen persönlichen Bezug zu Deutschland, den Klimawandel als »neues« Thema für das Gericht, die Frage nach der Durchsetzung von Urteilen, Vollstreckungsbefugnissen und Sanktionsmöglichkeiten sowie seine bisherigen Erfahrungen.