Der mehr als 100 Jahre alte Gaffelschoner „Avontuur“ der Timbercoast GmbH ist ein weiteres Mal in Bremerhaven vor Anker gegangen.
Er und hat im Neuen Hafen zu den Maritimen Tagen seinen Liegeplatz eingenommen, nachdem er die letzten Wochen für erste Überholungsarbeiten im Braker Binnenhafen lag. Demnächst geht er auf Fahrt nach Teneriffa. [ds_preview]
Der aktive Frachtsegler bringt seit seinem Umbau auf der mittlerweile geschlossenen Elsflether Werft im Jahr 2016 Produzenten, Händler und Konsumenten zusammen, die ökologisch denken und handeln. Mit der 43,5 m langen „Avontuur“ (Niederländisch für „Abenteuer“) gelangen dabei bis zu 100 t biologische Waren wie Kakao oder Kaffee nur per Windkraft aus dem karibischen Raum wie Guadeloupe, Belize, Kolumbien und Mexiko auf klimafreundlichem Weg zum Kunden.
Der mit sechs Crewmitgliedern und bis zu 10 Gastseglern besetzte Segler mit einer Segelfläche von 495 m2 ist sozial und ökologisch nachhaltig zum Schutz der Umwelt und für nachfolgende Generationen im Einsatz.
24 erfolgreiche Transatlantikreisen seit 2016
Während ein Großteil der Containerschiffe, die heute rund 90% des globalen Welthandels abwickeln, noch mit Schweröl betrieben werden, setzt Timbercoast, angeführt vom Initiator und Kapitän Cornelius Bockermann, auf Frachtsegeln – den klimafreundlichen, CO2-freien Warentransport per Wind. Mittlerweile wurden schon 24 Transatlantikreisen absolviert. Dabei wird unter Segeln eine Geschwindigkeit von 5 bis 6 kn erreicht.
Eigentlich sollte die „Avontuur“ von Bremerhaven aus gleich auf die nächste Reise gehen, Kurs auf Teneriffa. Doch Kapitän Bockermann entschloss sich, zunächst noch dringende Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten in den kommenden Wochen im Braker Binnenhafen durchzuführen. Nach der letzten Ankunft in Hamburg wurde das Schiff schon in Hamburg-Finkenwerder auf den Slipp gezogen, um das Unterwasserschiff zu inspizieren. Somit wird die nächste Reise in Richtung Kanarische Inseln von der Unterweser aus erst im November starten. Decksmann Klausi, ein gebürtiger Münchener, der seit einigen Jahren an Bord aktiv ist, freut sich schon auf diese Reise: „Es wird spannend im Herbst durch die Biskaya zu segeln, aber das Schiff kann das.“
„Avontuur“ ist zudem auch eine Marke hinter verschiedenen Spirituosen und Kaffeesorten, die zum Teil auch an Bord erworben werden können. So kommt der Kaffee, den die „Avontuur“ transportiert, von der Kooperative Cosatin Tierra Nueva in Nicaragua und wird in Deutschland in der Bremer Rösterrei Lloyd Caffee per Hand geröstet. Neben Kaffee ist Avontuur für ihren Rum und Korn bekannt und beliebt. Durch den Wellengang auf dem Wasser sind die Fässer durchgängig in Bewegung. Der milde, weiche Geschmack des Avontuur-Rums und des Korns sind ein guter Beleg dafür, wie den Spirituosen das Frachtsegeln gut tut.
Timbercoast zeichnet Gegenmodell zur heutigen Frachtschifffahrt
Bockermann ist Kapitän, studierte an der Fachhochschule Ostfriesland Nautik und Schiffsmaschinentechnik und war 20 Jahre als Unternehmer und Reeder in Westafrika tätig. In dieser Zeit hat er das Leben eines erfolgreichen Geschäftsmannes gelebt. Doch das hat er vor mehr als 10 Jahren alles hinter sich gelassen und seine Reederei Timbercoast GmbH gegründet, die ein Gegenmodell zur heutigen Frachtschifffahrt sein soll.
„Wir haben eine klare Botschaft“, so Kapitän Bockermann. „Wir wollen auf die Missstände in der Welthandelsflotte hinweisen und zeigen, dass Waren sauber und 100% emissionsfrei über den Seeweg transportiert werden können.“
„Avontuur“ soll Umwelt- und Verbraucherbewusstsein schärfen
So will Bockermann mit der „Avontuur“ das Umwelt- und Verbraucherbewusstsein schärfen. Vielen sei nicht bewusst, wo ihre Waren herkämen und warum die Produkte derart billig seien, obwohl sie um den halben Erdkreis transportiert würden. Das liege auch an den miserablen Umwelt- und Arbeitsbedingungen, etwa in Asien.
Zudem nutze die konventionelle und ausschließlich auf Profit ausgerichtete Seeschifffahrt meist noch den billigsten Treibstoff Schweröl, der massiv Feinstaub, Schwefel und Schwermetalle freisetze. „Normalerweise würde das Schweröl als Sondermüll entsorgt“, sagte Bockermann. Dabei ist er sich sicher, dass nicht nur der faire Handel und die biologische Herstellung von Produkten weiter an Bedeutung gewinnen. Auch der saubere Transport werde für Unternehmen immer wichtiger.
In einer TV-Doku von ProSieben erklärte Bockermann kürzlich: „Wir sind noch lange nicht konsequent genug. Ich glaube, wenn wir so weitermachen, werden uns die Umstände dazu zwingen, konsequent zu sein. Sie werden uns gar keine Alternative mehr lassen. Die Natur wird uns dazu zwingen. Das wird sich von alleine regeln, wenn wir es übertreiben. Wir sind dabei, es zu übertreiben.“
Die nachhaltige Schifffahrt mit der „Avontuur“ ist für ihn inzwischen eine Lebensaufgabe geworden, mit festen Häfen auf seiner Route, einem festen Kundenstamm und ganz viel Zeit auf dem Wasser. Ein halbes Jahr ist die „Avontuur“ unterwegs, um Kaffee, Kakao und Rum zu transportieren. „Ich habe keine Angst vor der Zukunft. Es spornt mich eher an“, sagte Bockermann. Vor allem dann, wenn er auf dem Wasser sein kann. (CE)