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Teil 1

Noch vor dem Ersten Weltkrieg, im Jahre 1911, gründete der 1880 in Coblenz geborene Robert Bornhofen gemeinsam mit einem Partner die Unterelbische Reederei Bornhofen und Treess. Mit kleinen seetauglichen Schleppern und Leichtern betrieb er ein Transportgeschäft zu den Unterelbe-Häfen sow[ds_preview]ie in die Ostsee bis nach Finnland und Litauen. Die Ladung bestand hauptsächlich aus Getreide. Gleichzeitig führte er eine Linie auf dem Rhein, die bis nach Duisburg und Köln ging.

Seinen Wunsch, in die Große Fahrt einzusteigen, konnte er in Ermangelung von Eigenkapital nicht gleich verwirklichen. Im Alter von 15 Jahren hatte er die Seemannsschule in Hamburg-Waltershof besucht, um auf Segelschiffen und Dampfern als Seemann die Welt zu erkunden. Im Jahre 1901 erwarb er das A5-Patent und übernahm 1909 sein erstes Kommando auf einem Reichspostdampfer der Deutschen Ost-Afrika-Linie. Nachdem der Erste Weltkrieg vorüber war, in dem er als Kapitänleutnant der Reserve mehrere Einsatzkommandos geführt hatte – zuletzt als Halbflottillenchef –, ließ er zu Anfang des Jahres 1920, nach dem Ausscheiden seines damaligen Teilhabers, die Robert Bornhofen Reederei als Alleininhaber in das Handelsregister in Hamburg eintragen. Innerhalb der nächsten Jahre stellte er das Unternehmen dann immer mehr auf Seeschiffsbetrieb um. Im Jahre 1920 erwarb er einen betagten Frachtdampfer namens »Marta« von 620 tdw Größe, der 1879 auf einer englischen Werft erbaut worden war und den er bis zum Jahre 1938 bereedern sollte. Das Schiff existierte danach noch vier Jahrzehnte weiter und wurde 1978 im Alter von beinahe 100 Jahren in der Türkei abgewrackt.

1924 kaufte Robert Bornhofen den nur drei Jahre alten, 780 tdw großen, in den Niederlanden gebauten Dampfer »Angeln« von einem Reeder in Lübeck. Das Schiff, das bei Blohm & Voss verlängert worden war, blieb nur bis zum Jahre 1928 in der Reedereiflotte. Die ein halbes Jahr nach der »Angeln« erworbene »Wagrien« von ähnlicher Größe, Baujahr 1922, behielt der Reeder bis zum Jahr 1929. Auch von der im Jahr 1925 angekauften, nur ein Jahr alten und 870 tdw großen »Friesland« trennte man sich bereits drei Jahre später wieder. Robert Bornhofen bewies eine recht glückliche Hand bei seinen weiteren Schiffsan- und verkäufen, so dass er 1930 acht Dampfer zwischen 500 und 2.000 tdw bereederte. Während und nach der Weltwirtschaftskrise war es ihm im Gegensatz zu vielen anderen Reedern gelungen, seine Flotte ständig in Beschäftigung zu halten, ohne sie auflegen zu müssen. Im Gegenteil – während der 1930er Jahre nahm er gleichzeitig sogar noch bis zu zehn gecharterte Schiffe auf. Die Umstellung von der Nord- und Ostseefahrt auf die europäische und Überseefahrt sollte sich als Glücksfall herausstellen. 1938 bestellte Robert Bornhofen dann seine ersten Neubauten: bei der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft die 3.700 tdw große »Karin K. Bornhofen« und bei der Neptunwerft in Rostock die 4.000 tdw große »Robert Bornhofen«. Dieser Auftrag wurde an die Flensburger weitergegeben, da die Rostocker Werft zu diesem Zeitpunkt mit Exportaufträgen ausgelastet war. Gebaut wurde das Schiff letztlich kriegsbedingt auf der Skibsvaerft AS, Nakskov, die es Mitte 1944 fertig stellte und an die Reederei übergab. Ein Jahr später musste Robert Bornhofen es dann an das Ministry of War Transport in Großbritannien abliefern. Von dort wurde es 1946 an die Sowjetunion weitergegeben, wo es bis 1970 registriert war.

Vor Beginn des Zweiten Weltkrieges hatte die Reederei noch mehrere und vor allem größere Schiffe auf dem Second-Hand-Markt erworben: die 4.150 große »Konya« der Atlas-Levante-Linie, (neuer Name »Elisabeth Bornhofen«) sowie den 11.050 tdw großen Dampfer »Mount Ossa« aus Griechenland (»Robert Bornhofen«), die 3.500 tdw große »Traunstein« von der Red Star Line des jüdischen Reeders Arnold Bernstein (»Luise Bornhofen«) sowie die 6.032 tdw große »Magdalena Reith« von Johann M. K. Blumenthal, die Bornhofen im Oktober 1939 übernahm und die den Namen »Hans Bornhofen« erhielt.

Die kleineren und älteren Schiffe waren mittlerweile alle veräußert worden. Die zweite »Wagrien«, ein 1871 in England gebauter 1.500 tdw großer Frachter, ging 1936 auf einer Reise von Leningrad nach Gdingen verloren und blieb – bis auf einige angetriebene Wrackteile – verschollen.

Sämtliche Bornhofen-Schiffe gingen dann während des Zweiten Weltkrieges verloren. Obwohl drei Frachter, die sich zu Kriegsbeginn in Kanada aufhielten, den Weg zurück nach Europa schafften, wurden sie dennoch bald ebenso Opfer der Kriegshandlungen wie der Rest der Flotte.

Parallel zur Seeschifffahrt hatte sich das Unternehmen mit der Robert Bornhofen Schiffahrts- und Hafenbetriebs-GmbH im Jahre 1932 ein weiteres Standbein geschaffen. Dies sollte sich nach dem Zweiten Weltkrieg als eine glückliche Entscheidung erweisen, denn die Alliiertenbeschlüsse schränkten den Wiederaufbau der Reederei in den folgenden Jahren erheblich ein. Bis zur Aufnahme seines Kerngeschäfts konnte Bornhofen so die Kapitäne und Offiziere seiner verlorengegangenen Flotte in dieser Gesellschaft weiterbeschäftigen, um ab 1948 wieder langsam in die Seeschifffahrt einzusteigen. Er ließ die 1945 im Hamburger Hafen gesunkene »Stormarn« heben und bei den Nordseewerken in Emden wiederherstellen. Sie wurde im Mai 1949 in »Robert Bornhofen« umbenannt. Als »Peter Bornhofen« (Name ab 1955) verkaufte der Reeder den 2.415 tdw großen Frachter im November 1956 nach Italien. Aus dem als Wrack gehobenen Küstenmotorschiff »Hemelingen« wurde nach seiner Instandsetzung bei der Bremer Bauwerft die »Max Bornhofen« (Baujahr 1944, 450 tdw). Gemeinsam mit Heinrich Bischoff, seinem seit Anfang der 1930er Jahre bei der Reederei tätigen Befrachter, der ab 1956 eine eigene Reederei betrieb, kaufte Bornhofen das Wrack der Hamburger Hafenfähre »Finkenwärder« und ließ es zum Küstenmotorschiff »Claus Bischoff« umbauen. Durch das bestehende Neubauverbot der Besatzungsmächte waren in dieser Zeit nur Umbauten erlaubt. Diese glichen nach ihrer Fertigstellung jedoch eher Neubauten – wenn es den Auftraggebern möglich war, das erforderliche Material zu beschaffen. Mit viel Einfallsreichtum gelang es den Reedern aber auch oft, die stringenten Beschränkungen (die dann nach und nach gelockert wurden) geschickt zu umgehen. Dabei spielte insbesondere die Vermessung der Schiffe eine entscheidende Rolle. Aus 1.500 BRT großen Dampfern »zauberte« man schließlich Fahrzeuge mit einer Tragfähigkeit von über 3.000 t.

Im Jahre 1949 erwarb Bornhofen einen 350 BRT großen gebrauchten Küstenmotorfrachter, den er als »Hans Bornhofen« in Fahrt setzte. Das Schiff wurde bis 1962 von Robert Bornhofen befrachtet, ging jedoch zuvor in das Eigentum der Reederei Heinrich Bischoff über. Mit zwei größeren, ehemals zur Reederei H. C. Horn gehörenden Motorschiffen erweiterte Bornhofen 1950 seinen Flottenbestand erheblich. Die »Luise Bornhofen« (4.620 tdw, ex »Therese Horn) und die 100 t kleinere »Wilhelm Bornhofen« waren 1924 bzw. 1925 bei der Friedr. Krupp AG »Germaniawerft« in Kiel vom Stapel gelaufen.

Dieser Artikel basiert auf der Reihe »Deutsche Reedereien«, Band X, erschienen im Verlag Gert Uwe Detlefsen, Bad Segeberg


GF