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Das Feuerschiff »ELBE 1«, gebaut 1941 auf der Meyer Werft Papenburg, markierte als Navigationshilfe für vier Jahrzehnte das Fahrwasser der[ds_preview] Elbmündung. Ähnlich dem Ausrichten des gemischten Schiffsverkehrs an einem Leuchtfeuer, galt es, die spezifischen Denk- und Sichtweisen der unterschiedlichen Forschungsdisziplinen auf ein gemeinsames Entwicklungsziel zu lenken. Doch bevor das Vorhaben »DGON-Bridge: Entwicklung einer integrierten, modularen Schiffsführungszentrale« im Oktober 2005 auf Kiel gelegt wurde, mussten die Baupläne und die Finanzierung erarbeitet werden.

Diese Phase wurde ganz wesentlich durch das Engagement und die Arbeit der DGON-Schifffahrtskommission geprägt. Neue Konzepte zum modularen Design von Schiffsführungszentralen zu erarbeiten und in einem Demonstrator zu validieren wurde als Ziel deklariert. Unterstützt durch den Verband Deutscher Reeder und begleitet durch den Projektträger Jülich GmbH (PTJ) wurde das Projekt gestartet.

Zu dieser Zeit fehlte ein offener Ansatz für das Brückendesign, d. h.

• keine einheitliche Bedienung

• kein standardisierter Einbau / Austausch

• kein einheitliches Datenmanagement und keine Alarmbehandlung

• keine übergreifende Systemarchitektur und -konzeption.

Im Rahmen des Projektverbundes, bestehend aus Schiffbauern, Zulieferern, Systemlieferanten und Wissenschaftlern, wurden folgende Problemkreise fokussiert:

1. Robustheit und Zuverlässigkeit der Signal- und Informationswege

2. Robustheit und schiffbauseitige Gestaltung der Brücke, Verkleinerung der Kommandoplätze, Zuverlässigkeit bei Extremsituationen, Anordnung der Geräte und Bedienelemente

3. Bordseitige Ausrüstung mit Sensorik unterschiedlicher Hersteller ist derzeitig nicht ohne Aufwand möglich, Erreichen universeller Voraussetzungen für die Installation von Brückenausrüstung durch Ausrüster und Werften

4. Schnittstellenbehandlung grundsätzli­cher Art: keine Vereinheitlichung der Schnittstellen inklusive Dokumentation, herstellerspezifische Datenformate und -protokolle

• getrennte Datenübertragung

• Visualisierung der Sensordaten auf unterschiedlichen Displays

• keine Uniformierung oder Standards für HM.I

Es wurde festgestellt, dass die schiffbauseitige Gestaltung der Brücke unter den genannten Gesichtspunkten neu überdacht werden muss. Diese Aussage wurde durch eine begleitende Untersuchung der BSHL bestärkt.

Die Wissensdomänen der Robotik und der künstlichen Intelligenz sowie die hochentwickelten Bereiche der Luft- und Raumfahrt dienten mit als Quellen und Inspiration für Lösungsansätze. Der bereits bestehende Grad der Integration und der Miniaturisierung ist richtungweisend.

Die im Cockpit eines Spaceshuttles bis zur Spitze getriebene Kompaktheit und Funktionalität muss nicht zu Lasten der Ergonomie gehen, vielmehr inspirierte dieser Extremansatz zur Transformation in die Seeschifffahrt. Hierzu wurden folgende Ziele des Verbundprojektes formuliert:

• Erforschung eines innovativen Lösungsansatzes für die integrierte Schiffsbrücke

• Untersuchung eines offenen Ansatzes für das Brückendesign

• Einführung einer Demonstrationsbrücke mit

– modularen / standardisierten Einbaukonzepten

– übergreifender Systemarchitektur

– einem einheitlichen und zentralisierten Daten-, Informations- und Alarmhandling

– drahtlosen Übertragungsstrecken

– ergonomischer Auswertung

• Miniaturisierung der Brückenausrüstung bei gleichzeitiger Erhöhung der Robustheit des gesamten Brückensystems

• Zuverlässigkeit der Signal- und Informationswege als auch der Funktionalität der Brücke, auch in Extremsituationen

Dabei wurden generell unterschiedliche Bedienansätze diskutiert: traditionell, die technologische Unterstützung, die halbautomatische Entscheidungsunterstützung bis hin zur unbemannten Brücke.

Die wissenschaftlichen und technischen Ergebnisse des interdisziplinären Forschungsver­bundes sind auf der Abschlussveranstaltung auf der Meyer Werft in Papenburg präsentiert worden und können als gemeinsamer Bericht im Tagungsband der Statustagung des PTJ zur Schifffahrt und Meerestechnik 2009 nachgelesen werden. Daneben sind auch weit andere und nicht minder wertvolle Ergebnisse erzielt worden. Durch die enge Kooperation der Verbundpartner ist ein neues und nachhaltiges Netzwerk entstanden, dessen Kommunikation und Zusammenarbeit auch nach dem Projektende fortbesteht. Die gewachsene Vernetztheit und der aus F&E resultierende Kompetenzgewinn hat auch die Eigenposition gestärkt. Zu den wissenschaftlichen Bypässen zählen die erfolgreiche Dissertation an der Universität Jena und die Vorbereitung einer Dissertation an der Technischen Universität Hamburg Harburg, der Abschluss erfolgreicher Diplomarbeiten an der Hochschule Wismar und die Vermittlung von Wissenschaftlern an renommierte Zulieferindustrien. Wesentliche Erkenntnisse und Entwicklungsideen aus dem Projekt vermitteln in Masterstudiengängen der Ausbildungseinrichtungen den Bezug zur Praxis und Aktualität.

Von den Bearbeitern wird dieses Projekt als ein Grundbaustein für das Fortschreiben der Thematik und der Lösungsansätze gesehen, das mit seinem gegenständlichen Demonstrator ein optimales Fundament für das weiterführende und ganzheitliche Forschen bildet. Das Vorhaben mit dem Kennzeichen 03SX212 wurde durch das BMWi gefördert.


Reinhard Müller