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Der Kläger des Gerichtsverfahrens vor dem Hamburger Finanzgericht (Aktenzeichen: 3 K 38/09) war seit 1995 als Kommanditist mit einer Einlage von ca. 100.000 € an einer Kommanditgesellschaft beteiligt. Diese Kommanditgesellschaft betrieb ein Schiff und hatte für die Tonnagebesteuerung optiert.

Im Juni des Jahres 2004 verkaufte die Kommanditgesellschaft das Schiff. Der Kläger erhielt im Zusammenhang mit der Veräußerung einen Betrag[ds_preview], der seine Kapital­ein­lage um € 7.000 überstieg. Die Steuererklärung der Kommanditgesellschaft für das Jahr 2004, in der eine Steuerberatersozietät als Empfangsbevollmächtigte benannt war, wurde im Januar 2006 beim Betriebstättenfinanzamt eingereicht. Der entsprechende Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen erging ca. zwei Monate danach. Der Bescheid wurde an die Sozietät als Empfangsbevollmächtigte der Kommanditgesellschaft mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten geschickt. In dem Feststellungsbescheid wurde für den Kläger neben einem laufenden Gewinn aus regulärer Tonnagegewinnermittlung ein Unterschiedsbetrag in Höhe von ca. 100.000 € festgestellt. Dieser Beschied erfuhr in der Folgezeit einige Änderungen. Ein Einspruch wurde aber nicht eingelegt. Der Kläger wurde in der Folgezeit zur Einkommenssteuer herangezogen. Die hiergegen vorgebrachten Argumente bildeten den Gegensand des finanzgerichtlichen Verfahrens.

Streitig war zunächst, ob der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen wirksam an die Steuerberatersozietät zugestellt worden war. Es ging also um die Reichweite der ursprünglichen Empfangsvollmacht. Der Kläger stellt sich nämlich auf den Standpunkt, dass er bereits 2004 als Kommanditist ausgeschieden sei. Die Liquidation der Einschiffsgesellschaft sei bereits 2005 beendet worden. Eine Vollmacht habe er der Sozietät nicht erteilt. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen hätte ihm zugestellt werden müssen. Das Finanzgericht bejahte entgegen den Ausführungen des Klägers eine wirksame Zustellung: »Es ist zwar aus den – unvollständig – vorliegen­den Akten nicht erkennbar, dass der Kläger die Sozietät ausdrücklich rechtsgeschäftlich bevollmächtigt hatte, Gewinnfeststellungsbescheide für ihn in Empfang zu nehmen. Jedenfalls ist aber davon auszugehen, dass der Kläger noch als Kommanditist – sollte er keine ausdrückliche oder stillschweigende Vollmacht erteilt haben – Kenntnis davon hatte, dass die Sozietät als Empfangsbevollmächtigte der Gesellschafter gegenüber dem FA B auftrat, weshalb eine Bevollmächtigung im Wege der Duldungsvollmacht vorlag.«

Dem Beschied über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung liegt auch nicht ein so schwerwiegender und offenkundiger Fehler zugrunde, dass dies im vorliegenden Verfahren der Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide zu beachten ist. Eine teilweise behauptete Verfassungswidrigkeit führt nicht zu einem derartigen Fehler: »Auch der BFH hat zur Tonnagebesteuerung bisher nie verfassungsrechtliche Zweifel geäußert. Der 3. Senat des Finanzgerichts Hamburg hat sich der Meinung angeschlossen, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.«

Auch mit einem parallel verfolgten Begehren auf niedrigere Steuerfestsetzung aus Billigkeit setzte sich der Kläger nicht durch. Das Gericht führte u.a. aus: »Die Kläger hatten ihren Antrag damit begründet, dass der Kläger im Streitjahr keinen Liquiditätszufluss in Höhe des Unterschiedsbetrags gehabt hat. Die in der Einspruchsentscheidung formulierte Auffassung des Beklagten, dass in der steuerlichen Berücksichtigung des Unterschiedsbetrags keine sachliche Unbilligkeit vorliegt, ist jedenfalls vertretbar. Der Sinn und Zweck der Regelung in § 5a Abs. 4 EStG besteht darin, die stillen Reserven, die sich während der Zeit der Regelbesteuerung vor dem Übergang zur Gewinnermittlung nach der Tonnage angesammelt haben, festzuhalten, um sie dann zu späterer Zeit (zu den Zeitpunkten im Einzelnen § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG) beim umgekehrten Übergang zur regulären Gewinnermittlung dem Gewinn hinzuzurechnen … Von der Abgeltungswirkung der pauschal (gewinnunabhängig) errechneten Tonnagesteuer sollen also die bis zum Umstellungszeitpunkt (Zeitpunkt des Wechsels von der Regelbesteuerung in die Tonnagesteuer) entstandenen stillen Reserven ausgenommen werden … Dass die bis zu diesem Zeitpunkt aufgeschobene steuerliche Berücksichtigung des Unterschiedsbetrags nicht zwangsläufig mit einem entsprechendem Mittelzufluss korrespondiert, liegt in der Natur der Sache und kann daher nicht als vom Gesetzgeber nicht gewollt erkannt werden. Im Übrigen dürfte eine sachliche Unbilligkeit, die in der Diskrepanz zwischen der Berücksichtigung des Unterschiedsbetrags und einem fehlenden Mittelzufluss erkannt würde, im Rahmen des Feststellungsverfahrens der KG zu berücksichtigen sein.«

Anmerkung: Laut Sachverhalt erhielt der Kläger anlässlich der Veräußerung des Seehandelsschiffs seine ursprüngliche Komman­diteinlage in Höhe von exakt 102.258,38 € zzgl. 7.000,00 € zurück. Versteuert werden sollte ein Unterschiedsbetrag in Höhe von 107.044,00 €. Sich bei dieser Sachlage darauf zu berufen, dass man im Jahr 2004, also im Streitjahr, nichts erhalten habe (offensichtlich sind die Beträge später ausgezahlt worden), erscheint als ein wenig abenteuerlich. Bemerkenswert dürfte auch sein, dass die ursprüngliche Einkommenssteuer auf 58.094,00 € festgesetzt wurde. Letztendlich wollte das Finanzamt nach mehreren Änderungen nur noch 36.174,00 €. Allein das Bestreiten des Rechtsbehelfsverfahrens und die daraus resultierende Überprüfung reduzierte die Steuerlast des Klägers um über 20.000,00 €.

Klaus Voß