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Das Wort »Dienstleistung« wird bei der Unterweser Reederei GmbH, die derzeit 18 Schlepper und Offshore-Versorger betreibt, groß geschrieben, erläuterte Geschäftsführer Michael Ippich gegenüber der HANSA. Auch wenn sich in den vergangenen 120 Jahren vieles verändert hat, ist das Motto »dienen und leisten« noch heute gültig (siehe Interview mit Michael Ippich und Thorsten Schütt am Ende des Beitrags).

Hauptanteilseigner des Unternehmens ist die Linnhoff Schiffahrt GmbH & Co. KG, Buxtehude. Zur Holding gehören unter anderem die L & R Lütgens[ds_preview] & Reimers GmbH&Co., Hamburg, eine 100%ige Tochter der URAG, die RF Forschungsschiffahrt GmbH, Bremen, sowie die WIKING Helikopter Service GmbH, Bremen.

Geschichte

Das Deutsche Reich war noch keine zwanzig Jahre alt, als im August des Jahres 1890 die »Unterweser-Schleppschifffahrtsgesellschaft« mit einem Kapital von 500.000 Mark ins Leben gerufen wurde. Die fortschreitende Korrektur des Weserlaufes hatte diese Gründung erforderlich gemacht, denn mit dem zu erwartenden Anstieg der Schiffsanläufe musste auch die Sicherheit auf dem Fluss durch ausreichende Schlepperassistenz weiterhin gewährleistet sein.

Einen entscheidenden Beitrag zur Firmengründung leistete der Reeder Hermann Westphal, der seine vier seit längerem in Einsatz befindlichen Schleppdampfer in die neue Schleppschifffahrtsgesellschaft einbrachte. Die »Vegesack« war bereits 1868 in Dienst gestellt und kurz zuvor einer Modernisierung unterzogen worden wie auch die anderen drei Fahrzeuge seiner Flotte: »Blumenthal«, Weser« und »Meteor«. Den finanziellen Aufwand, den die geforderte Erweiterung zwangsläufig mit sich brachte, konnte Westphal jedoch allein nicht mehr tragen. Dazu brauchte man Investoren, die das notwendige Kapital in eine Aktiengesellschaft einbrachten.

Das Jahr der Gründung war für das Deutsche Reich in mehrfacher Hinsicht bedeutsam. Otto von Bismarck, der Reichsgründer und »Eiserne Kanzler«, wurde vom deutschen Kaiser abgesetzt. Zuvor hatte er noch den Hansestädten Bremen und Hamburg den Zollanschluss an das Reich aufgezwungen, die sich dem lange zu widersetzen suchten.

Im Jahr 1890 fand auch der Tausch der ostafrikanischen Insel Sansibar gegen die Hochseeinsel Helgoland zwischen Deutschland und England statt.

Vom Aufblühen des deutschen Außenhandels profitierte insbesondere die Schifffahrt, und die Voraussetzungen für das junge Unternehmen waren somit recht vorteilhaft. Allerdings führte dann ein strenger Winter 1890/91 für die Flotte zu einer viermonatigen Zwangspause, die man lediglich für Instandsetzungsarbeiten und Verbesserungen an den Schleppdampfern sowie an den zwischenzeitlich angekauften vier Schleppkähnen nutzen konnte.

Ende 1891 zählte der Geschäftsbericht acht Schleppdampfer mit einer Motorleistung von insgesamt 975 PS. Die Schiffswerft Jos. L. Meyer, Papenburg, hatte davon im November des Jahres ein Fahrzeug mit 150 PS abgeliefert, die anderen wurden in Holland oder Geestemünde gebaut oder gebraucht erworben. Hinzu kamen zehn Schleppkähne für die neue Gesellschaft mit insgesamt etwa 3.000 tdw. Letztere hatte man angeschafft, da vor dem Abschluss der Weserkorrektion noch häufig Ladung aus größeren Schiffen für die Unterweserhäfen umgeladen werden musste. Dieser Geschäfts­zweig sollte zeitweise sogar die Einnahmen aus dem Schleppergeschäft übersteigen. Nach der Fertigstellung des Dortmund-Ems-Kanals erhöhte man in Erwartung eines hohen Frachtaufkommens dort das Kapital auf 2 Mio. Mark und gab 16 Seekähne von je 850 tdw, drei Kanalkähne von 650 tdw und drei »Canalprähme« mit maschineller Lade- und Löscheinrichtung sowie einem Seeschlepper mit 400 PS und drei »Canalschlepper« mit 125 bzw. 75 PS in Auftrag. Obwohl die angenommene zu befördernde Menge nicht ganz erreicht wurde, trug dieser Geschäftsteil in guten Jahren dennoch ganz erheblich zu einem guten Gesamtergebnis der Reederei bei.

Durch die zeitweise recht günstige wirtschaftliche Entwicklung auf dem Dortmund-Ems-Kanal ermutigt, entschloss man sich, auch in das Ostseegeschäft einzusteigen. Hier gab es immer wieder – wie in der Kanalfahrt – länger anhaltende Winterperioden, die den Betrieb über Monate still legten. Dennoch bescherte man den Aktionären ab 1909 stattliche Reingewinne. Die 366.000 Mark im Jahre 1912 waren mit insgesamt 29 Schleppdampfern sowie 50 Leichtern der Gesellschaft erwirtschaftet worden.

Einbruch durch den Ersten Weltkrieg

Auf der Weser, auf dem Dortmund-Ems-Kanal und auch in der Ostsee fielen die Aufträge mit Beginn des Ersten Weltkriegs erheblich zurück. Im Westen litt das Geschäft darunter, dass zahlreiche Binnenschiffer eingezogen worden waren. Die Reederei griff deshalb ein Angebot der Münterischen Schifffahrts- und Lagerhaus Act.-Ges. auf und verkaufte ihre Kanalflotte »zu günstigen Bedingungen«, wie es im damaligen Geschäftsbericht hieß. Im Osten sah man sich zunehmend russischen Angriffe ausgesetzt, bei der reedereieigene Fahrzeuge sogar schon vor dem offiziellen Ausbruch des Krieges am 1. August 1914 requiriert und die Besatzungen nach Sibirien deportiert wurden. Daneben befürchtete man die feindliche Übernahme der Gesellschaft durch Hamburger Interessenten, der man wirkungsvoll entgegnen musste. Kurzerhand wurden die Statuten des Unternehmens dahin gehend geändert, dass Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat nicht nur in Bremen ansässig sein, sondern auch die bremische Staatsangehörigkeit haben mussten. Mit dieser Maßnahme fühlte man sich nun einigermaßen auf der sicheren Seite.

Aus SGUW wird »Unterweser Reederei AG«

Die Schleppschiffreederei überstand das Kriegsgeschehen verhältnismäßig glimpflich. Lediglich die 1915 als erster Frachtdampfer erworbene »Weser« musste an die Siegermächte abgeliefert werden. Jetzt erwies es sich als eine glückliche Entscheidung, dass man die Kanalflotte zuvor verkauft hatte. An Kriegsverlusten waren zwei Seeschlepper zu beklagen, die in der Ostsee auf Minen gelaufen waren.

Dennoch sollte sich die Situation bei der »Unterweser« bald erheblich verändern. Den Auslöser hierfür gab die 1881 gegründete Metallgesellschaft aus Frankfurt. Sie benötigte für ihren Erzimport dringend Schiffsraum, dieser war jedoch rar und ergo sehr teuer. Daher lag es nahe, sich an einer Reederei zu beteiligen, um sich günstige Seetransporte zu sichern. Da die Aktien der SGUW frei erhältlich waren und ihr tatsächlich geschätzter Wert bei 600 % lag, während er an der Bremer Börse nur mit 180 % gehandelt wurde, erwarb das Frankfurter Unternehmen im März 1920 die Aktienmehrheit an der Schlepperreederei. Die anfänglichen Bedenken des Vorstands der SGUW, die Metallgesellschaft würde jetzt den Ton in der Reederei angeben wollen, konnten ausgeräumt werden, und dies sollte auch über die kommenden Jahrzehnte hinweg seine Gültigkeit behalten. Allerdings verfolgte die Metallgesellschaft natürlich das Ziel, in das Frachtschiffgeschäft einzusteigen. So wurden drei Frachtdampfer, nach Frankfurter Ortsteilen benannt, erworben und in Fahrt gesetzt,: »Bockenheim«, »Gonzenheim« (je 3.200 tdw) und »Heddernheim«(2.070 dw). Um der Erweiterung des Geschäftsfeldes Rechnung zu tragen, beschloss die Außerordentliche Generalversammlung am 22. Dezember 1922 aus der »SGUW« die »Unterweser Reederei AG«, also die »URAG«, zu formen.

Die »neue« Gesellschaft sah sich sogleich vor große Probleme gestellt. Durch die Inflation 1923/24 waren alle Deutschen zu Milliardären geworden. So verdiente ein Handwerker vor der Geldentwertung etwa 10,20 Mark/Std.; im August 1923 betrug sein Stundenlohn bereits über eine halbe Mio. Mark. Auf dem Höhepunkt im November 1923 war dieser Betrag auf die unvorstellbare Summe von 32.250.000.000 Mark gestiegen. Was diese Entwicklung für ein großes Unternehmen wie die URAG bedeutete, kann man sich gut vorstellen. Normale geschäftliche Transaktionen waren praktisch nicht mehr durchführbar. Wer allerdings durch seine Frachten wertbeständige Devisen einnahm, hatte einen enormen Vorteil gegenüber anderen Gesellschaften. Die URAG konnte aufgrund dieses Umstandes im schlimmsten Inflationsjahr sogar zwei neue Dampfschiffe aus Holland erwerben: die »Eschersheim« und die »Rödelheim«. (Letztere ging 1929 im Nordatlantik verloren). Zu Beginn des Jahres 1924 verfügte die Reederei somit über fünf Frachtdampfer mit insgesamt über 20.000 tdw sowie über diverse See- und Flussleichter. Hinzu kamen 24 Schleppampfer, acht davon waren Hochseeschlepper.

»Schwarzer Freitag« 1929«

Die in den Vereinigten Staaten ausgelöste Weltwirtschaftskrise traf besonders Deutschland, das noch unter den Folgen des Krieges und den Reparationsforderungen der Siegermächte litt. Die Arbeitslosigkeit stieg von 7 % Im Jahre 1928 auf 31 % 1932. Während bei der URAG das Schleppgeschäft 1931 bis um 30 % einbrach, der kostenträchtige Betrieb aber trotz eines geringen Verkehrsaufkommens aufrecht erhalten werden musste, konnte die Frachtschiffabteilung durch geschickt verhandelte Frachtverträge in dieser Zeit positive Ergebnisse erzielen. Anders als viele Mitbewerber – die Schlepperabteilung eingeschlossen – musste die URAG keine Frachtschiffe auflegen. Die Gesellschaft nutzte ihre gute Position dazu, sich von älteren Einheiten zu trennen, um die Flotte mit neuerer Tonnage zu verjüngen.

Die »URAG« während des »1000jährigen Reiches«

Abgesehen von den wirtschaftlichen Folgen der Weltwirtschaftskrise sollte sich die politische Entwicklung in Deutschland fatal auf Europa und letztlich weltweit auswirken. In einer Phase, in der sich die Weltwirtschaft nach Expertenmeinung schon wieder langsam erholte, kam die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Partei an die Macht. Von absurden Ideologien und Feindbildern geprägt nahm das Regime innerhalb kürzester Zeit immer größeren Einfluss sowohl auf alle persönlichen Bereich als auch auf das Wirtschaftsleben im volkreichsten Staat Westeuropas. Die wahnhafte Verfolgung vermeintlicher Feinde sollte auch den Aufsichtsratsvorsitzenden der Metallgesellschaft, Robert Merton, der gleichzeitig Mitglied im Aufsichtsrat der URAG saß, treffen. Er entstammte einer jüdischen Familie in Großbritannien und musste auf Druck des Reichswirtschaftsministeriums 1938 seine Posten aufgeben.

In seinen Memoiren berichtete er über sein weiteres Schicksal: »Nach den von den Nationalsozialisten gesteuerten Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung am 9. November 1938, die als so genannte ›Reichskristallnacht‹ in die Geschichte eingegangen ist, wurde ich ins KZ Buchenwald verbracht, jedoch als Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg nach einiger Zeit wieder entlassen. Ein redlicher Gestapobeamter in Gießen ermöglichte mir im April 1939 die legale Ausreise nach England. 1947 kehrte ich nach Deutschland zurück und übernahm wieder einen Aufsichtsratsposten bei der URAG.«

Die zweite Hälfte der 1930er Jahre war geprägt von der Devisenbewirtschaftung und der Gleichschaltung von Institutionen und Verbänden durch die Machthaber in Berlin. Nachteile für die deutsche Exportwirtschaft und die Seeschifffahrt aufgrund der Stärke der einheimischen Währung konnten nur teilweise durch staatliche Subventionen ausgeglichen werden. Die Metallgesellschaft hatte im Jahre 1937 die Majorität bei der Firma Lehnkering, die seit der Jahrhundertwende eng mit der SGUW kooperierte, erworben. In Hamburg errichtete die URAG 1936 eine Zweitniederlassung, deren Leitung ein ehemaliger Geschäftsführer der Montan Transport GmbH, die ebenfalls zum Interessenbereich der Metallgesellschaft gehörte, übernahm. Im selben Jahr zog das Unternehmen in Bremen von der Schlachte 21 in ihr neues Domizil in der Blumenthalstraße 16, wo sich die Verwaltung bis heute befindet. In den letzten Vorkriegsjahren konnte die Gesellschaft noch ganz erhebliche Transporte – insbesondere im Massengutbereich – verzeichnen. Vom Beginn der Kriegshandlungen am 1. September 1939 wurde die Reederei überrascht. Die meisten Schiffe hatten allerdings zuvor noch deutsche Gewässer erreicht oder waren in der nicht von Englands Seemacht beherrschten Ostsee oder in der östlichen Nordsee – überwiegend in der Erzfahrt – eingesetzt. Der einzige Dampfer, der sich noch im Atlantik befand, die »Gonzenheim«, wurde noch im Oktober auf der Rückreise mit einer Ladung Weizen von Montevideo nördlich von Island von der englischen Marine aufgebracht, woraufhin der Kapitän den Befehl zur Selbstversenkung des Schiffes gab, das somit zum ersten Totalverlust im Zweiten Weltkrieg wurde. Die Besatzung kam vollständig und unversehrt in britische Gefangenschaft.

Zum 50jährigen Jubiläum im August 1940 konnte die URAG noch über zwei Frachtschiffe und ein paar Schlepper frei verfügen. Trotz der traurigen Umstände »ließen es sich zahlreiche Bremer Kaufleute nicht nehmen, persönlich zu einem Glückwunschbesuch in der Blumenthalstraße zu erscheinen«, berichtet die Firmenchronik. Bis zum Kriegsende verlor die Gesellschaft die meisten ihrer Frachtschiffe. Die Schlepperflotte sollte besser davonkommen. Von insgesamt 17 Einheiten 1939 überstanden immerhin 15 die Zeit bis Ende 1944. Das Verwaltungsgebäude in der Blumenthalstraße kam trotz eines Luftangriffs 1943 mit geringen Schäden davon; das Lager des Werkstattgebäudes in Bremen sowie die Agenturgebäude in Bremerhaven fielen allerdings den alliierten Luftangriffen im August und September 1944 vollständig zum Opfer.

Ein schwieriger Neubeginn

Die »Ginnheim«, das einzige Schiff der Reederei, das den Krieg unbeschadet überstanden hatte, wurde als Prise nach England überführt. In das intakte Verwaltungsgebäude in Bremen wurden zeitweise Truppen der Besatzer einquartiert, und der gesamte Hafen, wichtige Brücken und Verladeeinrichtungen waren, wenn nicht durch Luftangriffe, noch auf Befehl des Kampfkommandanten vollkommen zerstört worden. Die Hafenbecken waren mit Wracks übersät und bargen tödliche Gefahren wie Minen und Blindgänger. Dass die Wahl der Amerikaner auf Bremen/Bremerhaven als Versorgungs- und Nachschubhafen fiel, wirkte sich als ein Glücksfall für die URAG aus. Sie konnte das Ziel der Besatzer nach einem reibungslosen Ablauf des Schiffsverkehrs auf der Unterweser tatkräftig unterstützen und sich mit ihrem angestammten Geschäft über die Notzeiten nach dem Krieg retten. Auch bei den notwendigen Aufräum- und Bergungsarbeiten in den Häfen war die Gesellschaft voll im Einsatz. Nicht zuletzt der Einfluss des zurückgekehrten Richard Merton in das Unternehmen half im Umgang mit den Besatzungsbehörden. Neben der Wiederherstellung der zerstörten Gebäude und der Instandsetzung sowie dem Neubau von Schleppern konnte sogar der Wiederaufbau der Frachterflotte – wenngleich vorerst nur in sehr bescheidenem Umfang – aufgenommen werden. Durch den Beginn des Kalten Krieges und den Korea-Konflikt wurde ab Mitte 1950 Frachtraum wieder gefragt. Die URAG konnte ihren alten Dienst zum US-Golf wieder aufnehmen. Im Jahre 1952 wurden die von der Reederei abgeschlossenen Transportverträge auf über eine Mio. t geschätzt. Ende 1953 verfügte man über einen Schiffsraum von etwa 65.000 tdw und über 18 See-, Hafen- und Bergungsschlepper. Damit hatte das Unternehmen den Flottenbestand wieder auf den Vorkriegsstand gebracht. Dennoch gab es erhebliche Einschränkungen für deutsche Reedereien auf dem internationalen Trampmarkt, der sich zudem in den 1950er Jahren entscheidend veränderte. Die Zugehörigkeit der URAG zur Metallgesellschaft erwies sich dabei als außerordentlich hilfreich, sodass der zeitweise rapide Verfall der Frachtraten im Massengutgeschäft während der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts das Unternehmen nicht so stark traf wie einige seiner Mitbewerber.

Das Schleppgeschäft geht Übersee

1959 führte die URAG bei ihren Schlepperneubauten den Voith-Schneider Antrieb ein, der in den Fahrzeugen des Unternehmens bis heute gute Dienste leistet. Zudem konnte man seit 1958 auf eine Anzahl beeindruckender Übersee-Schleppaufträge zurückblicken. Dieser Geschäftsbereich entwickelte sich seitdem außerordentlich positiv. Nachdem die Metallgesellschaft auch noch die letzten privaten Anteile der URAG erworben hatte, wandelte sie das Unternehmen im Jahre 1960 in eine GmbH um. Auch weiterhin war die Trampfahrt dem ständigen – in der Schifffahrt wohlbekannten – Frachtenzyklus ausgesetzt. Damit einhergehend war ein steter Trend zu immer größerer Tonnage zu beobachten. Die Aufwertung der D-Mark in den 1960er Jahren sowie gestiegene Kosten und längere Liegezeiten zehrten allzu oft die Margen auf. 1970 erfolgte die Gründung der »Unterweser Reederei Beteiligungs-GmbH«, mit deren Kommanditkapital die beiden letzten Frachtschiffneubauten »Bockenheim« und »Griesheim« (zu je 34.000 tdw) von Verolme in den Niederlanden finanziert wurden. Die Bulker wurden 1971 resp. 1972 an die Reederei abgeliefert und gingen später an die Hapag-Lloyd AG über, die sie 1976 die neu gegründete »Kosmos (* Siehe HANSA 10/2008) Die Hapag hatte 1926 die DDG Kosmos erworben. Der Name tauchte bis zum Zweiten Weltkrieg in den Fahrplänen der Linie weiterhin auf. Das Hamburger Schifffahrtsunternehmen – das 1970 mit dem Norddeutschen Lloyd zur Hapag-Lloyd AG fusionierte, ließ dann 1976 den Namen Kosmos noch einmal aufleben, bis im Jahre 1983 der Tramp- und Tankschiffsbetrieb vollständig eingestellt wurde.) Bulkschiffahrt GmbH, Bremen« integrierte. Von ihren sechs älteren Frachtern hatte sich die URAG schon vorher getrennt. Auch wenn die Aufgabe der 60 Jahre lang betriebenen Frachtschifffahrt – und die Umstände, die dazu geführt hatten – schmerzlich waren, sollte sich dieser Schritt später als »segensreich erweisen« (Zitat aus der Firmenchronik).

Das Schleppgeschäft wird neu strukturiert

Die URAG fokussierte sich nun wieder ganz auf ihr angestammtes Schleppgeschäft, nahm die Modernisierung ihrer Flotte in Angriff und beobachtete die Märkte für die mögliche Erweiterung des Geschäftsfeldes.Schon im Jahre 1966 hatte man zwei Hochseeschlepper (»Hoheweg« und »Robbenplate«) längerfristig in Tobruk, einem lybischen Ölhafen, stationiert. Um im Überseegeschäft bestehen zu können, bestellte man 1967 den bis dahin stärksten Schlepper »Bremen« mit 7.500 PS, der zum Ende desselben Jahres in Dienst gestellt wurde. Trotz einiger beeindruckender Schleppaufträge und dem Einsetzen der Verschleppung von Ölbohrinseln verkaufte man das Fahrzeug bereits Anfang 1972 aufgrund unbefriedigender Ergebnisse. Die positive Entwicklung in den bremischen Häfen sowie in Wilhelmshaven ermöglichte die stete Erneuerung der Hafen- und Seeschlepper. Die Flexibilität bei den Einsätzen konnte Ende der 1970er Jahre dann gesteigert werden, indem mit der »Bremen« und »Bremerhaven« zwei Schlepper angeschafft wurden, die mit ihren 4.200 PS sowohl im Hafen als auch auf hoher See einsetzbar waren. Konkurrenzdruck und ständig steigenden Personalkosten führten zunehmend zu Einnahmeverlusten, sodass diese beiden Einheiten 1986/87 wieder verkauft wurden. Der Zwang zur Rationalisierung hatte zur Folge, dass man in Zusammenarbeit mit der Hapag-Lloyd Transport & Service GmgH zu Anfang der 1980er Jahre einen neuen Schleppertyp mit Voith-Schneider-Antrieb entwickelte. Der erste als so genannter standardisierter / automatisierter Seehafen-Assistenz-Schlepper für den Drei-Mann-Betrieb wurde 1982 von der Rolandwerft an die Reederei abgeliefert. 1988 erhielt die URAG mit der »Blexen« den 100. Schlepper ihrer Firmengeschichte.

Veränderungen des Schleppgeschäftes in den deutschen Häfen

Der rückläufige Schiffsverkehr in den 1970er Jahren hatte zu Rationalisierungen und zum Einsatz so genannter 3-Mann-Schlepper geführt. Es wurde das Konzept eines Schleppers entwickelt, der sowohl für die Hafenschleppassistenz als auch für Seeverschleppungen geeignet war. 1978 wurden die ersten Schlepper dieser Art abgeliefert, die in der Folgezeit auch zahlreiche Bohrinselverholungen und Dockverschleppungen durchführten.

1989 übertrug die »Metallgesellschaft« ihren 100%igen Anteil an der URAG auf die Lehnkering Montan Transport AG. Im Jahre 1995 verkaufte Hapag-Lloyd ihre Lütgens & Reimers Anteile zu 100 % an die URAG, während ihre Transport- und Service GmbH, der ehemalige Schleppbetrieb des NDL in den Unterweserhäfen, zu 20 % an die URAG und zu 80 % an die Bugsier Reederei ging. In der Folge konzentrierte die Geschäftsleitung der URAG die Schlepperaktivitäten von Lütgens + Reimers auf die Häfen von Bützfleth und Hamburg und trennte sich vom Betrieb der Pontons

Einen erheblichen Einschnitt mit nachhaltigen Auswirkungen für die deutschen Reedereien bis heute bewirkte der Eintritt eines holländischen Mitbewerbers in Hamburg und Bremerhaven zum Ende der 1990er Jahre. Dessen größere Schlepper, die einen Pfahlzug von über 50 t gegenüber den bisher eingesetzten Einheiten mit 30–35 t hatten, zwangen die alteingessenen Reedereien, ihre Betriebskosten drastisch zu senken und ebenfalls erheblich in größere Tonnage zu investieren.

In den 1990er Jahren

1999 wurde die VTG-Lehnkering innerhalb des Preussag Konzerns der Hapag-Lloyd AG angegliedert. Die Muttergesellschaft war jedoch nur noch an der Weiterführung der Container- und Passagierschifffahrt bei der Traditionsreederei interessiert. Der Verkauf der Spezialbereiche ging glücklicherweise nicht an ausländische Interessenten, sondern das mittelständische Familienunternehmen Linnhoff Schiffahrt GmbH & Co. KG, Buxtehude, übernahm im Jahre 2001 die URAG zusammen mit der RF Reedereigemeinschaft Forschungsschiffahrt GmbH und der Wiking Helikopter Service GmbH.

Seither unternahm die URAG weitere bedeutende Investitionen in starke kombinierte See- und Hafenschlepper. »Weser« und »Jade« mit über 6.800 PS wurden 2000 von der Hitzlerwerft geliefert– im Jahr 2006 erhielt die Reederei von Astilleros Zamakona die Neubauten »Elbe« und »Ems« mit einer Maschinenleistung von 7.200 PS.

Derzeit hat die URAG zwei weitere Schiffe, die im Herbst 2010 in Deutschland erwartet werden, bei ASL in Singapur bestellt.


GF