Horn-Linie, Hamburg 1879 – 2009

Die seit 1998 zum weltweit agierenden Unternehmen »Del Monte Fresh Produce Company«, Coral Gables, Florida, USA, gehörende Traditionsreederei Horn-Linie wurde nach 130 Jahren ihres wechselvollen Bestehens von der Muttergesellschaft aufgelöst. Zum Jahresende 2009 stellte die Gesellschaft alle Aktivitäten des Reedereibüros in der Hammerbrookstraße in Hamburg ein. Ihre RoRo-Container-Kühlfrachter »Horncap« und »Hornbay« gingen im Oktober zum letzten Mal von Antwerpen aus für die Horn-Linie auf die fünfwöchige Costa-Rica-Rundreise. Jahrelang hatten sie neben Stückgut und Fahrzeugen ausgehend und Bananen heimkehrend auch jeweils zwölf Passagiere befördert. Die beiden 1990/1992 gebauten Frachter von je 9.100 t plante Fresh Del Monte jetzt nur noch für die Bananenfahrt zwischen Costa-Rica, Dover und Antwerpen ein. Der ausgehende Verkehr mit Stückgut und Fahrzeugen sowie die bei Passagieren ausgesprochen beliebten Frachtschiffsreisen wurden eingestellt.

Vom Kohlenhandel zur Reederei

Ihren Ursprung hatte diese alteingesessene Reederei in einem 1864 von Heinrich C. Horn in[ds_preview] Schleswig gegründeten Kohlenhandelsgeschäft. Im Jahre 1879 übernahm der 1837 in Kiel geborene und 1871 zum schwedisch-norwegischen Konsul ernannte H.C. Horn seine ersten drei Schiffe, die er auf der Schlei einsetzte. Die »Schleswiger Nachrichten« berichteten in ihrer Ausgabe vom 1. Juli 1879 darüber wie folgt:

»Nachdem vor einigen Wochen die Dampfschiffe »Princess Louise« und » Marie« seitens Konsuls Horn von der alten Schlei-Dampschifffahrtsgesellschaft angekauft wurden, ist nunmehr auch das Dampfschiff »Valparaiso« im hiesigen Register eingetragen. Die »Valparaiso«, 23 m lang, war 1875 auf ‚Alleinrechnung des Dampfschiffsbesitzers Tietje zu Schleswig’ von der Norddeutschen Schiffbau Aktiengesellschaft in Kiel-Gaarden erbaut worden. Die 25 m lange »Princess Louise« war 1861/62 auf der Reiherstieg-Werft in Wilhelmsburg entstanden, die 18 m lange »Marie« 1865 auf der Carlshütte bei Rendsburg von Hartwig Hollern & Co.«

1882 konnte Horn durch die erfolgreiche Einwerbung von »Parten« (Anteilen) seinen ersten Neubau, die »Stadt Schleswig« ,bei der Werft H.F. Ulrichs in Vegesack bestellen. Der 536 BRT große Frachtdampfer wurde Ende 1883 übernommen und fuhr bis 1901 unter der H.C. Horn-Flagge. Die Wahl war auf die kleine Werft in Vegesack gefallen, da sie sich nach eingehender Prüfung und dem Vergleich mit anderen Schiffbauern als die »sich in Betreff solidester und billigster Bauausführung als für den Abschluss günstigste herausstellte«. Es sollte nicht nur das erste Schiff des Reeders, sondern auch das erste in Schleswig registrierte Seeschiff werden.

Obwohl H.C. Horn sein Geschäft sehr gewissenhaft führte, konnte er mit dem Schiff erst ab 1887 soviel Geld verdienen, dass auch die letzten Stimmen der Partner, die den Dampfer bis dahin gern wieder verkauft hätten, endlich verstummten.

Seinen nächsten Neubau, die 603 BRT große »Therese Horn«, bestellte der Reeder bei der Rostocker AG für Schiffs- und Maschinenbau. An diesem Schiff hielt er mit 117 der insgesamt 180 gezeichneten Anteile eine deutliche Mehrheit. Nach Zuteilung einer Postbeförderungs-Konzession setzte er seine Schiffe dann auch in der Nord- und Ostseefahrt ein.

Mit einem weiteren Neubau erzielte die Reederei nicht den erwünschten Erfolg. Die Ablieferung der ebenfalls bei der Rostocker Werft gebauten »Minna Horn« (699 BRT) verzögerte sich unter anderem wegen des westfälischen Kohlenarbeiterstreiks von 1889 bis Anfang 1890 erheblich und das Schiff fuhr in eine der üblich wiederkehrenden Flauten in der Schifffahrt hinein, die bis 1895 andauern sollte. Danach bestellte der Schleswiger Reeder neben zahlreichen weiteren Neubauten auch solche, die größer waren und damit einen größeren Aktionsradius hatten. Die Söhne von H.C. Horn, Franz und Henry, waren zwischenzeitlich in das Unternehmen eingetreten. Ihre Mitarbeit und vor allem ihre Auslands­erfahrung dürften den Senior darin bestätigt haben, bis zur Jahrhundertwende noch mehrere Schiffe in einer Größe von über 2.000 BRT bauen zu lassen.

Generationswechsel – ein Bruder geht nach Lübeck

1899 verstarb H.C. Horn plötzlich im Alter von nur 61 Jahren, und seine beiden Söhne übernahmen das Geschäft. Franz Horn jedoch verließ die Firma bald wieder, um in Lübeck eine eigene Reederei aufzubauen. Die 1901 gegründete Lübecker »Dampfschiffs-Rhederei ‚Horn’ AG« entwickelte sich gut. Henry Horn führte die Reederei in Schleswig mit der mittlerweile auf acht Schiffe angewachsenen Flotte allein weiter.

Laut einer Lübecker Dokumentation aus dem Jahre 1906 betrieben die beiden von Schleswig und Lübeck aus operierenden Reedereien zusammen 38 Schiffe. Die Dampfer führten zwar eine gemeinsame Reedereiflagge und Schornsteinmarkierung, wirtschaftlich gehörten sie allenfalls durch die gegenseitigen Anteile, die die Brüder hielten, zueinander.

Zu diesem Zeitpunkt besaß die Familie Horn eine der größten Frachtdampferflotten in Deutschland, die zudem ein sehr niedriges Durchschnittsalter von nur drei Jahren aufwies. Beide Reedereien betrieben ihre Tonnage immer noch ausschließlich in der so genannten Trampfahrt.

Erste Erfahrungen im Liniengeschäft

Als willkommene Ergänzung für die Beschäftigung ihrer Schiffe, die größtenteils in langfristigen Kontrakten eingebunden waren, sah man das Liniengeschäft. Franz Horn beteiligte sich daher im Jahre 1905 an der unter dem Einfluss vom Norddeutschen Lloyd gegründeten Roland-Linie AG in Bremen. Mit seinen größeren Dampfern wollte er im Dienst zur Westküste Südamerikas Fuß fassen. Die starke Konkurrenz der DDG »Kosmos« führte jedoch noch im selben Jahr zu einer Einigung zwischen den beiden konkurrierenden Linien, die daraufhin mit ihrem eigenen vorhandenen Schiffsraum weiterfuhren. (DDG »Kosmos« s. HANSA 10/2008).

Die im Jahre 1904 ebenfalls von Franz Horn in Lübeck ins Leben gerufene Fruchtdampfer AG, die ihre sechs speziell für die Fruchtfahrt ausgerüsteten Dampfer zwischen Deutschland, Großbritannien, den Kanarischen Inseln und dem Mittelmeer einsetzte, wurde im Jahre 1912 wieder aufgelöst und aus dem Handelsregister gelöscht, da sie nicht den erwünschten Erfolg gebracht hatte.

Bis 1917 hielten die Brüder noch gegenseitig Anteile am jeweils anderen Unternehmen, die sie jedoch aufgaben, nachdem Herbert, der Sohn von Franz Horn, der den Firmenteil seines Onkels in Lübeck einmal leiten sollten, im Ersten Weltkrieg gefallen war.

Übernahme durch den Norddeutschen Lloyd

Die Lübecker Dampfschiffs-Rhederei »Horn« hatte den Ersten Weltkrieg relativ unbeschadet überstanden. An einen Flottenausbau war allerdings nicht zu denken, da weder die Werften neue noch der An- und Verkaufsmarkt gebrauchte Tonnage zu liefern vermochten. Warum nicht gleich eine ganze Reederei übernehmen? Bei dem Unternehmen handelte es sich um die 1869 gegründete Flensburger Dampfschifffahrtsgesellschaft, deren Aktienmehrheit man nach und nach erworben hatte. Die vollständige Übernahme scheiterte jedoch am Widerstand der beteiligten Banken, aber Franz Horn konnte zumindest die Aktien gegen drei neue Dampfer eintauschen.

Der Norddeutsche Lloyd in Bremen hatte die Aktivitäten der Lübecker Reederei beobachtet und seinerseits durch den Ankauf von DR »Horn«-Aktien mehr und mehr die Kontrolle über das Unternehmen gewonnen. Auf die Aktienmehrheit im Jahre 1921 folgte 1926 die komplette Übernahme der »Dampfschiffs-Rhederei ‚Horn’ AG«, Lübeck, die mit ihren 12 Schiffen im NDL aufging, und das »Kapitel Lübeck« der Familie Horn war damit beendet.

Wenn Sie wissen wollen, wie es weitergeht, lesen Sie den zweiten Teil der Geschichte um die Horn-Linie hier.