Horn-Linie, Hamburg 1879 – 2009 (Fortsetzung aus HANSA 10 / 2010)

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Die Reederei in Schleswig behauptete sich vor dem Ersten Weltkrieg weiterhin erfolgreich mit ihrer Flotte, die es insgesamt auf über[ds_preview] 120.000 tdw brachte, als eine der führenden deutschen Trampreedereien und als größter Schiffseigner im Ostseeraum. Zum Ende des Krieges verfügte H.C. Horn noch über elf Dampfer – sieben davon aus der Vorkriegszeit. Außer der 19 Jahre alten »Irmgard Horn« wurden sämtliche Schiffe an die Siegermächte abgeliefert. Mit dem mühevollen Wiederaufbau ging in der Schifffahrt ein Strukturwandel einher. Man rückte ab von der Finanzierung durch Parten und die Reeder finanzierten ihre Schiffe nun überwiegend in eigener Regie. Im Jahre 1921 entschloss sich Henry Horn, mit der Reederei von Schleswig nach Flensburg umzusiedeln, da das Finanzamt am bisherigen Stammsitz höhere Steuern angekündigt hatte. Schleswig verlor damit die einzige in der Stadt ansässige Seereederei. Schließlich veräußerte Henry Horn auch das Kohlenhandelsunternehmen, das einmal den Grundstock für die späteren Reede-reiaktivitäten gelegt hatte.

Vor dem Ersten Weltkrieg besaß Flensburg hinter Hamburg und Bremen mit 117.000 BRT die drittgrößte Flotte. Als Folge des Krieges und der damit verbundenen Verschiebung der Grenze zu Dänemark war ein Großteil des Hinterlandes verloren gegangen und Flensburg zu einer Grenzstadt geworden. Der Reederei-Abfindungsvertrag des Reiches bewirkte einen Neubauboom und allein im Jahre 1922 wurden 25 neue Schiffe in das Flensburger Schiffsregister eingetragen.

Regelmäßig in die Karibik

Ab 1920 verwirklichte Henry Horn seinen bereits vor dem Krieg gefassten Plan, einen Liniendienst in die Karibik einzurichten. Mit der 1902 gebauten 2.500 tdw großen »Irmgard Horn« sowie gecharterten Schiffen, die nach und nach durch eigene Tonnage ersetzt wurden, begannen die Abfahrten vom Nordkontinent nach Westindien. Ausgehend bestand die Ladung aus Stückgütern, Eisen und gesacktem Zement, einkommend wurden Baumwolle und Kaffee oder Phosphat transportiert.

Der Umstand, dass in der Karibik ausreichend und günstig Öl zu haben, Kohle dort hingegen unverhältnismäßig teuer und knapp war, mag bei H.C. Horn den Umstieg von der Dampfmaschine zum Dieselmotor beschleunigt haben. Die Reederei bestellte jedenfalls zwischen 1924 und 1932 insgesamt 12 Motorschiffe in der Größe zwischen 4.600 tdw und etwa 5.000 tdw, was für die damalige Zeit als ein mutiger Schritt galt. Denn der Motorenantrieb dieser Größe für die Seeschifffahrt befand sich noch am Anfang der Entwicklung. Fünf der Schiffe lieferte die Germania-Werft in Kiel, vier die Schichau-Werft in Elbing, zwei kamen von der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft und eines von der Reiherstiegwerft in Hamburg. Wegen der bestehenden Hafenbeschränkungen in der Karibik durften die Schiffe eine Länge von 100 m nicht überschreiten. Sie erreichten Geschwindigkeiten von 13 kn bis 15 kn. Ihre modernen Flettner-Ruder machten sie besonders manövrierfähig. Zudem verfügten sie über komfortable Passagiereinrichtungen für bis zu 40 Fahrgäste.

Die Umstellung des Reedereigeschäftes auf den regelmäßigen Linienverkehr erforderte grundlegende Veränderungen. Ein Agenturnetz musste aufgebaut, der Fahrplan auch dann eingehalten werden, wenn die Frachter nicht ausgebucht waren. Dies geschah zu Beginn des Linienbetriebes und besonders während der Weltwirtschaftskrise nach 1929 häufiger. Dennoch erzielte die Reederei mit dem regelmäßigen Verkehr bald bessere Ergebnisse als zuvor in der freien Fahrt.

Von der Förde an die Elbe

Die Schiffe von H.C. Horn waren mittlerweile überwiegend in Hamburg registriert. In der Hansestadt an der Elbe, dem Ausgangshafen der Linienverkehre, hatten sich nach und nach fast alle Abteilungen der Reederei niedergelassen, bis 1933 auf Druck der Banken auch die Geschäftsführung dorthin umzog. Henry Horn hingegen wäre gern in Flensburg geblieben. Nachdem er die Reedereigeschäfte an seinen Sohn übergeben hatte, kehrte er in sein Domizil in Glücksburg zurück, wo er im Jahre 1937 nach einer kurzen schweren Krankheit im Alter von 65 Jahren verstarb.

Das umfangreiche und kostspielige Neubauprogramm und der durch die Wirtschaftskrise verursachte Ladungsrückgang im Liniengeschäft belasteten die Reederei finanziell immer stärker. Heinz Horn überstand die schwierige Zeit, indem er sehr sparsam wirtschaftete und einige Schiffe verkaufte. 1933 beteiligte er den jungen Erich Müller-Stinnes an dem Unternehmen. Gemeinsam mit ihm gründete er auch das »Westindische Schiffahrtskontor«, das die Horn-Schiffe zeitweise treuhänderisch als Korrespondentreeder verwaltete. Die Frachter waren durch gute Beziehungen der Reederei zu Banken in den Niederlanden und in Großbritannien zu einem Großteil dort kreditfinanziert. Nun bestand die Befürchtung, dass die politische Entwicklung in Europa diese Geschäftsverbindungen stören könnte. Tatsächlich erfolgte im Dezember 1939 in Curaçao die durch eine britische Gesellschaft initiierte erste Beschlagnahme von zwei Schiffen, die erst nach Hinterlegung von Sicherheitsleistungen wieder aufgehoben wurde.

Zuvor hatte die Reederei noch zwei Schiffe der Reederei Arnold Bernstein (s. HANSA 01/08) erworben. Aus der »Gerolstein« (Baujahr 1906) wurde die »Consul Horn«, die »Gravenstein« (Baujahr 1904) behielt ihren Namen. Letztere gehörte bis 1941 zur H.C. Horn-Flotte. Der Ankauf dieser kombinierten Fracht- und Passagierdampfer erfolgte deshalb, da Horn über Devisen verfügte, die für die Ablösung der ausländischen Hypotheken erforderlich waren. Es waren die seinerzeit größten Einheiten der Reederei-Flotte.

Zusammenbruch und Wiederaufbau

Über das Schicksal der Reedereiflotte im Zweiten Weltkrieg berichtete Heinz Horn:

»Der Zweite Weltkrieg machte Neubauplanungen einen raschen Strich durch die Rechnung. »Consul Horn« machte 1940 durch einen gelungenen Blockadedurchbruch von sich reden: Mit einer Ladung Tabak, Kaffee und Zucker aus Westindien segelte er unter russischer Flagge durch isländische Gewässer, verstand Prisenkommandos abzuschütteln und kehrte, nachdem aus Kohlenmangel die Kessel teilweise mit aus der Ladung stammendem Zucker befeuert wurden, mit nicht mehr ganz kompletter Ladung heim«.

»Mimi Horn« ging im März 1940 durch Selbstversenkung zwischen Haiti und Jamaika verloren. »Henry Horn« wurde im Mai des selben Jahres in Willemstad beschlagnahmt und die »Consul Horn« sank im Juli 1942 vor Borkum, nachdem sie auf eine Mine gelaufen war. Im Juli 1944 fiel »Ingrid Horn« im Kieler Hafen einer Fliegerbombe zum Opfer. Der erst 1943 in Fahrt gesetzte Neubau von der Nakskov Skibsvaervt A/S, »Mimi Horn« (das fünfte Schiff der Reederei dieses Namens), lief im Januar 1945 vor Danzig auf eine Mine und sank ebenfalls.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bestand die Flotte noch aus fünf Schiffen, die alle abgeliefert werden mussten. Somit erlebte H.C. Horn zum zweiten Mal den Zustand, seine gesamte Flotte durch einen Krieg verloren zu haben. Hinzu kam, dass auch das Kontorhaus am Baumwall 3 nach einem Bombenangriff zerstört worden war. Ein weiteres Problem stellten die ausländischen Hypotheken dar, für die Heinz Horn als persönlicher Komplementär haftete. Die Hypothekenrückzahlungen waren schon vor Kriegsbeginn nicht mehr von Berlin nach Großbritannien transferiert worden. Ein Neuanfang war blockiert, bis es Mitte der 1950er Jahre endlich zu einer Klärung in dieser Frage kam.

Heinz Horn hatte 1949 seine Anteile am »Westindischen Schiffahrtskontor« an Erich Müller-Stinnes abgetreten und war aus dem väterlichen Unternehmen ausgeschieden. 1956 gründete er unter dem Namen »Heinrich C. Horn« eine eigene Reederei. Er ließ kurz hintereinander 19 kleinere Kühlschiffe bauen, die er in der weltweiten Fahrt einsetzte. Gemeinsam mit Partnern verfolgte er das Prinzip, diesen Markt durch eine genügende große Flotte konkurrenzlos zu beherrschen. Die Kühleinrichtung für die Schiffe lieferte Brown, Boveri & Cie. Mit dieser Firma hatte die Reederei schon seit Jahrzehnten im Kühlschiffsbereich kooperiert.

In den 1960er Jahren musste das Unternehmen aufgrund mangelnder Kühlladung für die relativ kleinen Schiffe auch konventionale Ladung akzeptieren, die jedoch nicht die hohen Betriebskosten dieser Spezialfrachter verdienen ließ. Heinz Horn fand in der Reederei »Hamburg Süd« einen Partner, mit dem er gemeinsam Einschiffsreedereien für einige Schiffe gründete und an die er 1965 die Bereederung der Kühlschiffe gänzlich übergab. Er schied als Gesellschafter aus den Einschiffsgesellschaften aus. Nachdem die Hamburg Süd diese Schiffe nacheinander alle veräußert hatte und die Reederei Heinrich C. Horn, die zu diesem Zeitpunkt nur noch über ein eigenes Kühlschiff verfügte, im Jahre 1969 Konkurs anmelden musste, endete erneut ein Kapitel der Reeder-Familie Horn.