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Vom 13. bis zum 17. September 2010 fand in London die 15. Sitzung des Subcommittees on Dangerous Goods, Solid Cargoes[ds_preview] and Containers (DSC 15) der International Maritime Organization (IMO) statt. Im Folgenden wird ein Bericht über die dortigen Beratungen gegeben.

Auf der Tagesordnung von DSC 15 standen im Wesentlichen folgende Themen:

• Beratungen zum IMDG-Code

• Beratungen zum IMSBC-Code

• Richtlinien für Chemikalienschutzkleidung

• Neufassung des Code of Practice für Schiffe, die Holzdeckslast befördern

• Empfehlungen für das Betreten geschlossener Räume

• Überarbeitung der Richtlinien für das Packen von Beförderungseinheiten

• Wirksamkeit der Kontrollen von Beförderungseinheiten

• Beratungen zum Internationalen Übereinkommen über sichere Container (CSC).

Beratungen zum IMDG-Code

Der IMDG-Code (International Maritime Dangerous Goods Code) wird alle zwei Jahre an die technische Entwicklung angepasst. Es haben nun die Beratungen zum 36. Amdt begonnen, das am 1.1.2014 verbindlich in Kraft treten wird, auf freiwilliger Basis jedoch schon ab dem 1.1.2013 angewendet werden kann.

Eine umfassende Diskussion ergab sich zur Freistellung von Natriumnitrat (UN 1486), Kaliumnitrat (UN 1498) und der Mischung beider Stoffe (UN 1499). Auf Grund eines chilenischen Antrags, der bereits im letzten Jahr von DSC 14 angenommen wurde, können diese Stoffe mit Inkraftreten des 35. Amdts. (1.1.2011 freiwillig bzw. 1.1.2012 verbindlich) von den Vorschriften des IMDG-Codes freigestellt werden, wenn sie als Granulat befördert werden und wenn durch einen Laborversuch nachgewiesen wurde, dass sie die Kriterien für brandfördernde Stoffe der Klasse 5.1 des UN Manual on Tests and Criteria nicht erfüllen. Diese Entscheidung der IMO, die sich nur auf den IMDG-Code auswirkt, ist im UN Committee of Experts on the Transport of Dangerous Goods kritisiert worden und nicht in die UN-Modellvorschriften, die die Grundlage aller Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter in verpackter Form mit den unterschiedlichen Verkehrsträgern darstellen, übernommen worden. Eine Mehrheit der Delegationen des UN-Komitees war der Ansicht, dass aufgrund von Erfahrungswerten (»known experience«) die Zuordnung dieser Stoffe zur Klasse 5.1, unabhängig von den Testergebnissen, weiterhin angezeigt sei. Das UN-Komitee wird sich nun weiter mit den Kriterien der Zuordnung zur Klasse 5.1 befassen, die überarbeitungsbedürftig erscheinen. Aufgrund der Diskussion im UN-Komitee wurde nun die Frage der Freistellung der genannten UN Nummern vom IMDG-Code bei DSC 15 nochmals behandelt. Es gab jedoch keine Mehrheit für eine Rücknahme der bei DSC 14 getroffenen Entscheidung.

Bei der Beförderung von Produkten der UN-Nummern 2211 und 3314 (schäumbare Polymerkügelchen und Kunststoffpressmischung) haben sich wiederholt Zwischenfälle ereignet. Diese Produkte geben geringe Mengen von Pentandämpfen ab, die in einem geschlossenen Container zur Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre führen können. Eine gasdichte Verpackung der Stoffe ist nicht möglich, da sich bei hermetischer Umschließung ein gefährlicher Überdruck in den Verpackungen aufbauen würde. Die Gefahr lässt sich daher nur durch Belüftung der Beförderungseinheit vermeiden. Der hierzu von Deutschland eingebrachte Antrag, für diese Produkte die Verwendung von offenen oder belüfteten Beförderungseinheiten (open or vented cargo transport units) vorzuschreiben, wurde grundsätzlich angenommen. Die Einzelheiten sind von der Editorial & Technical Group noch auszuarbeiten.

Ein weiteres Problem stellt die (zukünftige) Verwendung von RFID (radiofrequency identification and detection) Einrichtungen dar, die außen an Frachtcontainern angebracht sein können. Die gegenwärtigen Standardisierungsbemühungen sind auf die zu verwendenden Sendefrequenzen gerichtet. Es ist aber festzustellen, dass der Einsatz von derartigen Einrichtungen, die nicht explosionsgeschützt ausgeführt sind, in Schiffsladeräumen, aus denen Zündquellen auf Grund der SOLAS Regel II-2/19 ferngehalten werden müssen, ein Sicherheitsproblem darstellt. DSC 15 hat daher das Sekretariat der IMO aufgefordert, diese Problematik dem für die Normung zuständigen TC 104 der ISO (International Organization for Standardization) zur Kenntnis zu bringen und darauf hinzuwirken, dass die Normen für RFID Einrichtungen die Anforderung »certified safe type« vorsehen.

Diskutiert wurde auch der von INTERTANKO vorgelegte Antrag, Amylnitrit als Antidot zur Behandlung von Cyanidvergiftungen in den MFAG (Medical First Aid Guide) aufzunehmen. Dieses Antidot war bei der Neufassung des MFAG im Jahr 1998 gestrichen worden, weil man damals der Ansicht war, dass Antidote grundsätzlich nur durch medizinisches Fachpersonal verabreicht werden sollen und da außerdem die Wirksamkeit von Amylnitrit als Antidot gering ist, verglichen mit den Nebenwirkungen, die es verursachen kann. Die Diskussion bei DSC 15 ergab, dass sich diese Einschätzung nicht geändert hat; die beantragte Änderung des MFAG wurde abgelehnt.

Bereits bei DSC 14 wurde beschlossen, den Teil 7 des IMDG-Codes grundlegend zu überarbeiten, mit dem Ziel, die Regelungen klarer und anwenderfreundlicher zu gestalten. Es war eine Correspondence Group eingerichtet worden, die nun einen Entwurf für einen neuen Teil 7 vorgelegt hat. Diesem Entwurf wurde von DSC 15 grundsätzlich zugestimmt. Lediglich einzelne Detailfragen blieben noch ungeklärt. Die Editorial & Techical (E&T) Group soll diese Detailfragen auf ihrer nächsten Sitzung im April 2011 klären. Es ist beabsichtigt, das Ergebnis der E&T Group bei DSC 16 zu diskutieren und dann einen komplett überarbeiteten Teil 7 des IMDG-Codes vorzulegen. (Die Struktur des neuen Teils 7 ist in der Übersicht 1 dargestellt).

Beratungen zum IMSBC-Code

Der IMSBC-Code (International Maritime Solid Bulk Cargo Code) wird am 1. Januar 2011 verbindlich in Kraft treten. Er kann bereits schon jetzt auf freiwilliger Basis angewendet werden. Dieser Code wird zukünftig alle zwei Jahre an die technische Entwicklung angepasst. DSC 15 hat jetzt die Beratungen zu den am 1.1.2013 in Kraft tretenden Änderungen abgeschlossen Vorbehaltlich der Annahme durch das Maritime Safety Committee (MSC) werden dies folgende Änderungen sein:

1. Neue Stoffseiten für die folgenden in den IMSBC-Code aufzunehmenden Stoffe:

• Destillers dried grains with solubles, group C

• Ferrous sulphate heptahydrate, group C

• Fly Ash, wet, group A

• Granular ferrous Sulphate heptahy­drate, group C

• Magnesium sulphate fertilizer, group C

• Wood products general (i.e. logs, saw logs, round wood, timber, wood pulp), group B (diese Stoffe wurden wegen der Gefahr des Sauerstoffabbaus der Gruppe B zugeordnet);

2. Umfassende Änderungen in den vier Stoffseiten für Ammoniumnitrat und Ammoniumnitrat-haltige Düngemittel;

3. Geringfügige redaktionelle Überarbeitung einer Vielzahl von Stoffseiten.

Mit der verbindlichen Einführung des IMSBC-Codes zum 1.1.2011 hat die Frage nach den Kriterien für die Einstufung von Stoffen als MHB (material hazardous in bulk) eine erhebliche Bedeutung angenommen. Bei den MHB-Stoffen handelt es sich um Stoffe, die nicht die Kriterien für die Einstufung in eine Gefahrklasse des IMDG-Codes erfüllen, bei der Beförderung unverpackt als Bulk-Ladung jedoch gefährliche Eigenschaften haben, beispielsweise dadurch, dass sie den Sauerstoff im Laderaum abbauen oder dadurch, dass durch Kontakt mit dem Stoff die Haut oder die Augen gereizt werden. Es fehlen aber verbindliche Kriterien und Grenzwerte, deren Überschreitung zur Einstufung eines Stoffes als MHB führt. Es wurden nun erste Vorschläge für derartige Kriterien beraten und eine Correspondence Group unter Leitung der Vereinigten Staaten eingerichtet, in der hierüber weiter diskutiert werden soll.

Ein weiteres Thema war die Zertifizierung von Bulkcarriern hinsichtlich der Übereinstimmung mit den Anforderungen des IMSBC-Codes. Der IMSBC-Code sieht ein solches Verfahren nicht vor. Vielfach bitten jedoch die Reeder die Klassifikationsgesellschaften, derartige Zertifikate auszustellen. Daher ist zu überlegen, ob der IMSBC-Code hierzu ein einheitliches Verfahren vorsehen sollte. Die Diskussion bei DSC 15 ergab hierfür jedoch keine Mehrheit. Somit bleibt es den Klassifikationsgesellschaften überlassen, ob und ggf. in welcher Form sie solche Bescheinigungen erteilen.

Im Rundschreiben MSC/Circ.1146 werden Ladungen aufgelistet, bei deren Beförderung die Verwaltung des Flaggenstaates ein Schiff von der Ausrüstung mit einer fest eingebauten Gas-Feuerlöschanlage befreien kann. Ferner sind in diesem Rundschreiben Ladungen aufgelistet, bei denen eine Gas-Feuerlöschanlage unwirksam ist und die Verwaltung des Flaggenstaates bei der Beförderung alternative Feuerlöschmöglichkeiten vorschreiben muss. DSC 15 hat einen Entwurf für eine Neufassung dieses Rundschreibens erstellt, die dem Maritime Safety Committee (MSC 89) zur Annahme zugeleitet wird.

Schließlich wurden zwei Zwischenfälle diskutiert, die sich bei der Beförderung von feinkörnigem Eisenerz (Iron ore fines) ereigneten. Die Ladung war jeweils als Iron ore, group C zur Beförderung aufgegeben worden, begann aber aufgrund eines zu hohen Feuchtigkeitsgehalts bei der Beförderung breiartig zu werden. Offensichtlich nimmt sehr feinkörniges Eisenerz die physikalischen Eigenschaften eines Erzkonzentrats (Gruppe A) an, so dass vor der Beförderung der maximale Feuchtigkeitsgehalt für die Beförderung (transportable moisture limit – TML) und der aktuelle Feuchtigkeitsgehalt bestimmt werden müssen. DSC 15 hat ein Rundschreiben verfasst, in dem auf diese Gefahr hingewiesen und in dem die Mitgliedstaaten und die maritime Wirtschaft aufgefordert werden, Vorschläge zur Berücksichtigung dieser Problematik in den Stoffseiten des IMSBC-Code einzureichen. Das Rundschreiben wird vom Sekretariat der IMO in Kürze veröffentlicht.

Richtlinien für Chemikalien-

schutzkleidung

Nach SOLAS Kap. II-2 Regel 19 und auch nach Abschnitt 7.17.3.6.1 des HSC-Codes wird bei der Beförderung gefährlicher Güter die Vorhaltung von Chemikalienschutzkleidung verlangt. Es gibt aber keine näheren Bestimmungen der IMO, welche Anforderungen diese Schutzkleidung erfüllen muss. DSC 13 hat sich dafür ausgesprochen, auf Grundlage der Normen EN 943-2, ISO/FDIS 16602 und ACGIH 0460 einen eigenen IMO-Standard zu entwickeln. DSC 15 hat nun beschlossen, zunächst das Ergebnis der Normfortentwicklung in den ISO TC 94 und TC 8 abzuwarten, bevor mit der Erarbeitung eines IMO Standards begonnen wird.

Neufassung des Codes of Practice für Schiffe, die Holzdeckslast

befördern

Die Arbeiten zur Neufassung dieses Code of Practice (Timber Deck Cargo Code) wurden nun abgeschlossen. Vorbehaltlich der Annahme durch die 27. Sitzung der Versammlung der IMO im Herbst 2011 (A 27) kann der Code dann ab 2011 angewendet werden. (Das Inhaltsverzeichnis der Fassung 2011 des Timber Deck Cargo Code (2011 TDC Code) ist in der Übersicht 2 dargestellt.

Überarbeitung der Richtlinien für das Packen von Beförderungseinheiten

Bereits bei DSC 13 wurden die gefahrgutrelevanten Teile dieser Richtlinien überarbeitet. Da diese Richtlinien aber eine gemeinsame Veröffentlichung von IMO, ILO und UNECE sind, war noch eine Abstimmung mit den Gremien dieser Organisationen erforderlich. In diesem Zusammenhang wurde von UNECE eine grundsätzliche Überarbeitung der Packrichtlinien durch eine gemeinsame Arbeitsgruppe der drei Organisationen vorgeschlagen. DSC 15 hat sich jedoch gegen eine gemeinsame Arbeitsgruppe ausgesprochen. Konkrete Vorschläge zur Überarbeitung der Richtlinien sollen von den beteiligten Gremien gesondert beraten, die Arbeiten sollen durch die Sekretariate der drei Organisationen koordiniert werden.

Empfehlungen für das Betreten

geschlossener Räume

Aufgrund häufiger Unfälle, bei denen Mitglieder von Schiffbesatzungen beim Betreten geschlossener Räume durch Sauerstoffmangel zu Tode gekommen sind (93 Todesfälle seit November 1997), wurden Vorschläge zur Überarbeitung der diesbezüglichen Empfehlungen eingebracht und bei DSC 14 eine Correspondence Group eingerichtet. Basierend auf dem Bericht dieser Gruppe wurden die Beratungen bei DSC 15 fortgesetzt und eine überarbeitete Fassung der »Recommendations for enter­ing enclosed spaces aboard ships« erstellt, die von der 27. Versammlung (A 27) im Herbst 2011 beschlossen werden soll. Die Empfehlungen enthalten allgemeine Regelungen zum Sicherheitsmanagementsystem der Reederei und detaillierte Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung, zur Gewährung der Betretungserlaubnis für geschlossene Räume, zur Messung von Sauerstoffgehalt und Schadstoffen in der Raumat-

mosphäre und zu speziellen Sicherheits-

vorkehrungen im Zusammenhang mit dem Betreten solcher Räume, auch im Hinblick auf besondere Eigenschaften der beförderten Ladung. In einem Anhang zu den Empfehlungen ist ein Beispiel für ein »enclosed space entry permit« enthalten. (Diese Mustererlaubnis ist in der Übersicht 3 wiedergegeben.)

Verbindliche Übungen zum

Betreten geschlossener Räume

Parallel zur Überarbeitung der Empfehlungen zum Betreten geschlossener Räume ist von einer Gruppe von Staaten der Antrag gestellt worden, durch eine Änderung von SOLAS Kapitel III bzw. Kapitel XI Übungen zum Betreten geschlossener Räume verbindlich vorzuschreiben. Dies wären dann Übungen, die zusätzlich zu den Übungen zum Brandschutz und zum Verlassen des Schiffes im Seenotfall durchzuführen und zu dokumentieren wären. Die Frage, ob derartige Übungen geeignet sind, die Anzahl von Unfällen beim Betreten solcher Räume zu verringern, oder ob dieses Ziel nicht zweckmäßiger durch Verbesserung der Sicherheitskultur im Rahmen des ISM-Codes zu erreichen ist, wurde kontrovers diskutiert. Die Beratungen hierüber sollen bei DSC 16 fortgesetzt werden.

Wirksamkeit der Kontrollen von

Beförderungseinheiten

Durch MSC Rundschreiben MSC.1/Circ 1202 werden die zuständigen Behörden aufgefordert, durch Kontrollen von Beförderungseinheiten den Vollzug der Gefahrgutvorschriften zu verbessern und für die Beachtung des IMDG-Codes durch Versender und andere Ladungsbeteiligte zu sorgen. Es wurden Vorschläge unterbreitetet, durch eine Präzisierung der im Rahmen von derartigen Kontrollen durchzuführenden Maßnahmen die Wirksamkeit dieser Kontrollprogramme zu verbessern. Die Diskussion hierüber soll in einer Correspondence Group unter Leitung der Vereinigten Staaten fortgeführt und bei DSC 16 abgeschlossen werden.

Beratungen zum Internationalen Übereinkommen über sichere Container (CSC)

Aufgrund der Beratungen bei DSC 14 sind die Rundschreiben CSC/Circ.100 und 124 (Harmonized interpretation and implementation of the International Convention for Safe Containers), CSC/Circ.123 (material characteristics of CSC appoval plate) und CSC/Circ.134 und 137 (Guidance on serious structural deficiencies in containers) zurückgezogen und durch das aktuelle Rundschreiben CSC/Circ. 138 (Revised recommendations on harmonized interpretation and implementation of the International Convention for Safe Containers) abgelöst worden. Dieses Rundschreiben bietet nun eine umfassende Hilfe für die Auslegung des CSC Übereinkommens, insbesondere auch im Hinblick auf strukturelle Mängel, die zur sofortigen Stilllegung eines Containers führen müssen. Im Zuge der Beratungen bei DSC 14 hatte sich allerdings die Ansicht durchgesetzt, dass die in diesem Rundschreiben aufgeführten Grenzwerte nicht so zu verstehen sind, dass ein Container mit Mängeln knapp unter diesen Grenzwerten als uneingeschränkt sicher anzusehen ist und ohne zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen auf einem Seeschiff befördert werden kann. Es besteht somit die Notwendigkeit, in einer weiteren Tabelle Grenzwerte aufzulisten, deren Überschreitung zwar nicht die sofortige Stilllegung eines Containers erfordert, jedoch ggf. zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen (wie z. B. Beförderung ohne Überstauen) notwendig macht. Da bei DSC 15 hierzu keine konkreten Vorschläge eingereicht wurden, wurde die Behandlung des Themas auf DSC 16 vertagt.


Uwe Kraft