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Entwicklung und Neubau von Containerschiffen war seit den 60er-Jahren eine deutsche Domäne. Bei großen Neubauten endete dies ab Anfang der 90er-Jahre, bei mittleren und kleinen Einheiten gerade jetzt.

Im Oktober 1968 lieferten deutsche Werften in Bremen und Hamburg die ersten beiden Vollcontainerschiffe an die zu diesem Zeitpunkt fusionierende[ds_preview] Reederei Hapag-Lloyd. Dieser damals neue Schiffs­typ revolutionierte die Frachtschifffahrt weltweit. Er wurde auch zu einem Markenzeichen deutscher Schiffbau-Technologie beim Germanischen Lloyd, in Ingenieurbüros und bei den Werften. Er gehört noch heute zu einer der Spezialitäten deutsch-stämmiger Reedereien. Nach jetzt über 40-jähriger Bautätigkeit und Spezialisierung deutscher Werften wurden im Mai dieses Jahres die beiden vorerst letzten Vertreter dieser Kategorie »Made in Germany« in Fahrt gesetzt.

Am 25. Mai 2011 lieferte die unter anderem in Rostock-Warnemünde ansässige Nordic Yards die Bau-Nr. 163, ein Containerschiff vom Typ CS 2800, an die Hammonia Reederei ab. Am 19. November letzten Jahres hatte diese in Hamburg ansässige Reederei Nordic Yards den Auftrag erteilt, den bereits früher für eine andere Hamburger Reederei begonnenen Neubau fertigzustellen.

Typ CS 2800 von Nordic Yards

Die bereits im Rohbau fertigen Schiffsteile übernahm Nordic Yards aus der Konkursmasse der Vorgängerwerft Wadan Yards. Nach dem erfolgreichen Vertragsabschluss vollendete Nordic Yards Bau-Nr. 163 am Standort Warnemünde innerhalb von sechs Monaten. Am 27. Mai 2011 wurde das Schiff auf den Namen »Hammonia Baltica« getauft.

Es handelt sich um ein geringfügig modifiziertes Schwesterschiff des unter der Bau-Nr. 162 im vergangenen Jahr vollendeten Containerschiffes »Porto« für die Reederei Laeisz, die beide Schiffe seinerzeit bestellt hatte, vom Bauvertrag aber später zurücktrat. Ursprünglich waren weitere vier Neubauten geplant, ließen sich aber nach dem Konkurs von Wadan Yards und infolge der Finanzkrise am Kapitalmarkt nicht mehr verwirklichen.

Der Neubau ergänzt die Flotte von 41 Container-, 15 Mehrzweck / Schwergut- und zwei Massengutschiffen der Hammonia Reederei. Nach ihrer Meinung kommt dieser Neuzugang zur Vercharterung genau zum richtigen Zeitpunkt. Über den Befrachtungsmakler Peter Döhle Schiffahrts KG wurde eine zweijährige Charter mit der Independent Container Line (ICL), USA, arrangiert. Für diese Zeit trägt das Schiff den Namen »Independent Voyager«. Über die Charterrate und den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart, allerdings meinen Schifffahrtsexperten, dass der Kaufpreis etwa 30 % unter dem ursprünglichen Bauvertragspreis liegen könnte.

Typ VWS 2500.4 von P+S Werften

Bereits am 16. April 2011 meldete die P+S Werften GmbH, Stralsund, die Ablieferung eines Containerschiffes Typ VWS 2500.4: »Mit der heutigen Namensgebung des Containerschiffes, Neubau Nr. 484, Typ VWS 2500.4, wird in Stralsund die Serie dieses erfolgreichen Schiffstyps vorerst abgeschlossen. Seit der Inbetriebnahme des Schiffsliftes und dem Rollout des ersten Containerschiffes vom Typ VWS 2500 im Jahr 1997 wurde über die Hälfte der insgesamt 35 Einheiten dieses Schiffstyps an deutsche Reedereien abgeliefert.«

Der Neubau wurde nach erfolgreicher Schiffstaufe, die Frau Evrim Tanku Hakyemez im Auftrag der Reederei vollzog, Ende April an die türkische Reederei Arkas Shipping & Transport S.A. übergeben. Er ist das zweite Containerschiff dieser Größenordnung für die genannte Reederei und gehört gemeinsam mit dem ebenfalls auf der Stralsunder Werft gefertigten Schwesterschiff »Vivien A« zu den bislang größten Einheiten in der Arkas-Flotte.

Die heute zum P+S Werften Verbund gehörende Stralsunder Werft (ex Volkswerft Stralsund) wurde 1948 auf dem Gelände der zuvor enteigneten Kröger-Werft am Strelasund gegründet. Sie trug zu einem großen Teil zur Fischereischiff-Produktion der damaligen DDR sowie vorwiegend der Sowjetunion bei. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands spezialisierte sich die Werft auf den Neubau von Containerschiffen bis hin zur Panmax-Größe sowie Offshore-Versorgern, Ankerziehschleppern und anderen Spezialschiffen.

1993 erfolgte die erste Privatisierung unter Federführung des Bremer Vulkan Verbundes (BVV), der 1996 Insolvenz anmelden musste. 1997 wurde ein erstes Containerschiff des Typs »Flender FW 2500« zu Wasser gelassen. Der Entwurf folgte Plänen der damaligen Flender Werft in Lübeck, die ebenfalls eine Zeitlang zum BVV gehörte und heute nicht mehr existiert. Bis heute ist der Typ CV 2500, in zum Teil modifizierter Version, der meist gebaute Schiffstyp der Werft seit 1993.

Im Januar 1998 erfolgte die zweite Privatisierung der Werft durch den dänischen Transport-Konzern A.P. Møller/Mærsk. Er brachte viele Innovationen im Bereich Container- und Offshore-Service-Schiffe. Der vorhandene Schiffslift wurde um 40 m auf 275 m verlängert, so dass Panmax-Schiffe in Stralsund gefertigt werden konnten. Aber auch technologisch brachten die Dänen viele Neuentwicklungen an den Strelasund.

Ende Juli 2007 wechselte die Werft erneut den Besitzer und kam unter die Kontrolle der Detlef Hegemann Gruppe, zu der auch die Peene-Werft in Wolgast gehört. Infolge der weltweiten Finanzkrise am Kapitalmarkt kam es ab 2008 zu einer extremen Auftragsflaute bei den Werften, die auch Detlef Hegemann mit seinen Werften in Stralsund und Wolgast in Bedrängnis brachte. Im Juni 2010 entstand die P+S Werften GmbH neu, in der nur noch 7 % der Anteile von der Hegemann-Gruppe gehalten werden.

Gemeinsame Entwicklung

Wie zuvor teilweise schon erwähnt wor, wurden die verschiedenen ostdeutschen Werften, unter anderem in Wismar, Rostock, Warnemünde, Stralsund und Wolgast, nach der Wiedervereinigung Deutschlands privatisiert. Werften in Wismar, Rostock und Stralsund kamen unter die Regie des Bremer Vulkan Verbundes (BVV). Wolgast kam zur Hegemann-Gruppe sowie Rostock-Warnemünde zur norwegischen Kvaerner-Gruppe. 1996 meldete der BVV mit allen Werften Insolvenz an. Wismar kam ab1998 unter die Kontrolle der norwegischen Aker Yards Gruppe, die 2002 mit Kvaerner fusionierte, so dass beide Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde unter dem Management von Aker Ostsee gemeinsam geführt wurden.

Die Volkswerft in Stralsund wurde nach dem Konkurs von BVV von der dänischen Odense Stahlschiffswerft (OSS), die zum dänischen A. P. Møller/Maersk-Konzern gehört, übernommen. Als die Dänen mit ihren Reederei- und Schiffbau-Aktivitäten vorübergehend in finanziell schwieriges Fahrwasser gerieten, verkauften sie die Volkswerft an die deutsche Hegemann-Gruppe, die in der ersten Privatisierung bereits die Peene-Werft in Wolgast übernommen hatte.

Die beiden Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde gehörten zu den Vorzeigebetrieben des damaligen Kombinates Schiffbau. Sie waren 1946, direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, aus kleineren Schiff- bzw. Bootsbaubetrieben entstanden. Seit ihrer Gründung stellten beide Werften über 900 Schiffe in 74 unterschiedlichen Ausführungen fertig. Ab dem Ablieferungsjahr 1996 zählte Warnemünde und ab 2000 auch Wismar jeweils ab Baunummer 001 neu. Bis Mitte 2004 erreichte Warnemünde Bau-Nr. 035 und Wismar Bau-Nr. 025.

Im Bereich der Containerschiffe fertigte Warnemünde bis Anfang 2004 den Typ »Warnow CV 2500«, der auf einer Eigenentwicklung basierte, während Wismar den um 1993 vom BVV entwickelten Typ »BV 2500«, der auch von anderen BVV-Werften gefertigt wurde, als ständig modernisierten »MTW 2500« bis Juli 2004 lieferte.

Beide Schiffstypen waren im Gebrauchswert ähnlich, im Design aber unterschiedlich. Die jeweiligen Zahlen hinter dem Typ-Kürzel gibt jeweils aufgerundet die Containerkapazität an. Bis zum Zusammengehen beider Betriebe nummerierte jede Werft ihre Neubauten getrennt durch. Mit der Fusion führte man für zukünftige Neubauten eine Zählweise ab Baunummer 100 neu ein.

Um der Werftenfusion innerhalb Aker Yards ein technisches Fundament zu geben und die beschlossenen Vorbereitungsprozesse an einem praktischen Beispiel zu erproben, wurde nach Auswertung aller vorliegenden Bau- und Reederei-Erfahrungen entschieden, für das zukünftige gemeinsame Containerschiff »Baltic CS 2500« als Design-Grundlage die Linien und den Stahlschiffkörper des »MTW 2500« und das neu entwickelte Deckshaus des »Warnow CV 2500« vorzusehen sowie einen komplett neuen Maschinenraum in zuvor ausgerüsteten Modulen zu entwickeln.

Dabei galt es, Schiffe unter Einhaltung der neuesten Vorschriften und unter Annahme vielfältiger Modifikationsmöglichkeiten und konsequenter Berücksichtigung der optimalen Bautechnologien an beiden Werftstandorten zu konstruieren. Auf dieser Basis entstand ein sehr erfolgreicher Standardentwurf, der bei allen Verhandlungen mit den Reedern als Ausgangspunkt galt und gemeinsam mit dem jeweiligen Reeder bis zur Vertragsreife modifiziert werden konnte.

Da die Werft bereits vor den ersten Verhandlungen zahlreiche Modifikationsmöglichkeiten bedacht und kalkuliert hatte, war es möglich, schnelle Verhandlungsergebnisse zu erzielen. Das gemeinsame neue Design »Baltic CS 2500« konnte dann Anfang Juni 2003 mit dem Vertragsabschluss für die ersten Neubauten mit der Reederei Hartmann in Leer erstmalig erfolgreich vermarktet werden.

Synergien durch konsequente Produktionsteilung

Das sich im Laufe des Jahres 2003 stetig füllende Auftragsbuch von Aker Ostsee mit Schiffen des Typs »Baltic CS 2500« (siehe HANSA 11/2004, S. 29) sowie der um eine 14,20 m (eine 40-Fuß-Bay) lange Mittelsektion vergrößerten Modifikation »Baltic CS 2700« (siehe HANSA 2/2006, S. 8) führten zur Konsequenz, im Interesse der Effektivität beim Bau dieser langen Serien eine auf maximale Produktivität zielende Arbeitsteilung zwischen den beiden Standorten durchzusetzen.

So wurde schon bei den Schiffen der auslaufenden Serie des »MTW 2500« (MTW-Bau-Nr. 022-025) für die iranische Reederei IRISL (Islamic Republic of Iran Shipping Lines) eine Arbeitsteilung erprobt, die den Bau der vorderen Schiffshälfte in Warnemünde und die der hinteren in Wismar beinhaltete.

Die Montage beider Rumpfhälften zum kompletten Schiff sowie die Endausrüstung, Inbetriebnahme und Erprobung erfolgten in Wismar. Diese Bauweise wurde dann für alle Neubauten des folgenden Auftragsbestandes an Containerschiffen mit 2.500 bzw. 2.700 TEU umgesetzt. Wenn auch ein zusätzlicher Transport der vorderen, komplett zuvor ausgerüsteten Schwimmsektion von Warnemünde nach Wismar notwendig war, wurde doch durch den Effekt der steileren Lernkurve an beiden Standorten sehr schnell insgesamt eine höhere Effizienz erreicht.

Das Deckshaus konnte wahlweise an beiden Standorten gefertigt werden, wurde aber immer in Warnemünde produziert. Ebenso wie die Herstellung der maschinenbaulichen Module wurde auch die gesamte Rohrfertigung in Warnemünde zentralisiert, so dass in Wismar nur noch Passrohre und Rohre kleinerer Durchmesser hergestellt wurden.

Am 12. August 2004 lieferte Aker Ostsee den Prototyp des »Baltic CS 2500«, Bau-Nr. 100, die »Frisia Kiel« (Chartername »Cap Doukato«) pünktlich an die Hartmann Schiffahrts GmbH & Co. KG in Leer ab. Weitere Schwesterschiffe folgten bis zum Jahresende. Im Jahr 2004 wurden elf Neubauten dieses Typs geliefert. Waren zuvor an beiden Standorten jeweils vier bis sechs Schiffsablieferungen üblich, bedeutete die neue gemeinsame Fertigung dann einen Neubau pro Monat. Dies stellte eindeutig einen gewichtigen Vorteil im Wettbewerb dar, konnte hiermit doch Kunden mit dem Wunsch nach längeren Schiffsserien eine kurze Lieferzeit geboten werden.

Die Auswirkungen dieser hohen Lieferfrequenz wurde jedem Beteiligten sehr schnell vor Augen geführt, als das Auftragsbuch von Aker Ostsee Kunden wie IRISL, Hartmann, T. Schulte, Norddeutsche Vermögen, Schoeller, Thien & Heyenga, König, C. Rehder, Gebr. Winter aufwies, die Anspruch darauf hatten, ihre teilweise unterschiedlichen Schiffstypen und Vorstellungen in den jeweiligen Verträgen realisiert zu bekommen. Bei einer Bauzeit von ca. siebeneinhalb bis acht Monaten pro Schiff befanden sich nun durchschnittlich acht bis zehn Neubauten parallel in der Fertigung, womit der Übergang zum industriellen Serienschiffbau vollzogen war.

Neben dem Grundtyp »Baltic CS 2500« bzw. »Aker CS 2500« und der verlängerten Version CS 2700, kamen kleinere Varianten des ­Typs »Aker CS 1700« (siehe HANSA 8/2006, S. 14) und »Aker CS 2100« (siehe HANSA 5/2007, S. 86) hinzu. Durch Verkürzung des Typs CS 1700 wurden auch kleinere Versionen, z. B. CS 1500 bzw. CS 1300, geplant, die dann allerdings auf der ukrainischen Werft entstehen sollten.

Zielstellung der Werften war es, nach Auslaufen der von der EU ursprünglich auferlegten Kapazitätsbeschränkungen (197.000 cGT) Ende 2005 den Ausstoß von Neubauten zu erhöhen, um zum einen den Gemeindeckungsgrad beider Standorte weiter zu verbessern und zum anderen den Reedern noch frühere Lieferzeiten anbieten zu können.

Bereits vertraglich fixiert war eine Steigerung des Produktionsausstoßes an beiden Standorten in 2006 um etwa 10 % und 2007 um weitere 20 %. Bis 2010 sollten die Umsätze aus der schiffbaulichen Produktion um 80 % im Vergleich zu 2004 gesteigert werden. Es kam jedoch anders. Infolge der Finanzkrise am Kapitalmarkt brach ab Anfang 2008 die Auftragstätigkeit für Containerschiffe komplett zusammen, es kam sogar zu Stornierungen. Die norwegische Muttergesellschaft versuchte gegenzusteuern und schleuste Fährschiffsaufträge nach Deutschland.

Als die Krise sich rasant schnell ausweitete, verkaufte Aker Yards seine Anteile an den beiden deutschen und einer ukrainischen Werft gerade noch rechtzeitig zum größten Teil an russische Interessenten. Aker Yards selbst wurde mit den Werften in Norwegen, Finnland, Frankreich, Brasilien, Rumänien und Vietnam an den südkoreanischen Großkonzern STX veräußert. Rückwirkend zum 1. Januar 2008 erhielten die deutschen Werften sowie der ukrainische Standort den Namen Wadan Yards. Infolge Auftragsmangels stellten die beiden deutschen Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde im Sommer 2009 Insolvenzanträge beim Amtsgericht Schwerin.

Diese Insolvenz ermöglichte einigen Reedern den Rücktritt von ihren Verträgen unter bestimmten Bedingungen. In Nachverhandlungen erzielten sie deutliche Rabatte oder stiegen komplett aus. So lagen in 2010 einige Containerschiffe komplett fertig oder in Rumpfteilen an den Kais in Wismar und Warnemünde. Vier dieser Auflieger wurden zwischenzeitlich anderweitig veräußert, wozu jetzt auch Bau-Nr. 163 gehört. So scheint dieses erfolgreiche Kapitel deutschen Schiffbaus jetzt zunächst abgeschlossen zu sein.


Klaus Nienaber