Containerverkehr flaut wieder ab

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Geringes Verkehrswachstum und Überkapazitäten auf den Container-Rennstrecken schlagen auf den Chartermarkt durch. Die Tagesraten gaben bereits deutlich nach, während die aufgelegte Tonnage zunimmt.

Die Bremsspuren am Chartermarkt für Containerschiffe sind inzwischen so tief, dass es[ds_preview] wohl einen großen Ruck bedarf, damit die Tagesraten noch einmal in Schwung kommen. Die Jahreshöchstwerte vom Frühling sind zunächst einmal in die Ferne gerückt. Bei steigender Verfügbarkeit von Tonnage und nur mäßiger Befrachtungsaktivität – was für die Urlaubszeit allerdings normal ist – rutschte der in Hamburg veröffentlichte ConTex Mitte Juli binnen einer Woche um 2,9 % ab. Per 21. Juli lag das Marktbarometer bei 635 Punkten und damit rund 12 % unter dem Jahreshöchststand von Anfang April. Der Druck war zuletzt in den oberen Größenklassen ab 2.500 TEU am stärksten. Da die Liquidität aufgrund der beschränkten Zahl an Frachtern hier am geringsten ist, reagieren diese Segmente auch am empfindlichsten auf die Veränderung von Angebot und Nachfrage. Panamaxe mit einer Behälterkapazität von 4.250 TEU verzeichneten binnen einer Woche einen Rückgang von 3,4 %, die 2.700-TEU-Typen von 4 %, während die Raten der kleineren Einheiten bis 2.500 TEU nur um gut 2 % fielen.

Die Verhandlungsposition der Tramp-Reeder verschlechtert sich, während sich die Konkurrenz durch Relet-Schiffe der Linienreedereien verschärft. Auch größere Schiffe, die bis vor kurzem noch viele Monate im Voraus reißenden Absatz fanden, laufen zunehmend in Spot-Positionen. Das wird an der Zahl der frei werdenden Chartermarktschiffe ohne Anschlussbeschäftigung deutlich. Ein Hamburger Makler taxierte die Zahl der innerhalb von zwei Wochen verfügbaren Einheiten mit Nominalkapazitäten von 2.700, 3.500 und 4.250 TEU Mitte Juli auf 1, 5 und 6. Ende Mai hingegen waren es nur 0, 3 und 1 und Mitte März 0, 2 und 3. Dabei wird die Nachfrage noch als ganz ordentlich für diese Jahreszeit bewertet.

Marktteilnehmer waren erstaunt über die hohe Zahl von Abschlüssen im Panamax-Segment, wo die meisten der von den Linien zur Weitervermietung an den Markt gebrachten Schiffe recht schnell von Wettbewerbern aufgenommen wurden. Während Carrier wie CSAV und Hanjin zahlreiche Frachter abgaben, nahmen andere wie MSC und Hapag-Lloyd deren Relets begierig auf – und das überwiegend zu noch recht anständigen Tagessätzen. MSC soll mehrere 6.600- und 5.000-TEU-Schiffe zu 30.000 und 25.000 US$ pro Tag für 8 bis 12 Monate unter Vertrag genommen haben. Hapag-Lloyd sicherte sich Wan-Hai-Tonnage á 4.253 TEU zu 22.500 bis 23.700 US$ Tagesrate. Allerdings gibt es die ersten Ausreißer nach unten. Der in Singapur ansässige Schiffsmanager Seacastle soll ein 5.100-TEU-Schiff zu nur 18.000 US$ pro Tag verchartert haben, und MSC, so wird berichtet, zahlt nur 15.000 US$ pro Tag auf Sechsmonatsbasis für das 3.500-TEU-Schiff »APL Sydney«.

Zum Teil werden große Schiffe auch wieder vorübergehend aufgelegt. So zum Beispiel drei 6.500-TEU-Schiffe von Maersk, die für einen neuen Transpazifik-Loop bestimmt waren, dessen Einführung aufgrund der schlechten Marktverhältnisse auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Die drei Einheiten seien der Hauptgrund für einen Anstieg der stillgelegten Containerschiffsflotte von 96.000 auf 120.000 TEU Mitte Juli gewesen, berichtet der Fachdienst Alphaliner. Der Anteil der Auflieger an der Gesamtflotte liege mit 0,8 % allerdings noch sehr niedrig. Bislang taten die Charterer alles, um Ersatzbeschäftigung für Schiffe zu finden, die für sie auf bestimmten Routen überflüssig wurden. Doch nun kommen sie immer stärker unter Druck, deutliche Kapazitätseinschnitte vorzunehmen. Denn von der Ladungsseite kommen nicht ausreichend Impulse, so dass die Frachtraten weiter dahinsiechen und die Verluste im Tagesgeschäft anschwellen.

»Die Umschlagszahlen der Häfen sind enttäuschend. Die Hochsaison im Herbst wird der nächste Test sein«, sagte ein Londoner Makler. »Angesichts der Flut von Relets muss der Ladungsaufschwung aber ganz erheblich sein, damit der Trend bei den Charterraten umgekehrt wird«, warnte er. Eigentlich sollte die Hochsaison schon anlaufen. Denn der Einzelhandel in den westlichen Staaten deckt sich schon ab Sommer kräftig mit Ware für die Vorweihnachtszeit ein. In zahlreichen großen asiatischen Exporthäfen ist das Umschlagaufkommen jedoch im Juni gegenüber dem Vormonat gesunken. Auch von der US-Westküste wurden zuletzt Rückgänge gemeldet. Das könnte an saisonalen Verschiebungen liegen, meinen Optimisten. Denn im Vorjahr trat die Hochsaison bei den Containerimporten in den USA bereits ein paar Monate früher ein. Das lag Experten zufolge an verschiedenen Faktoren wie dem simultanen Wiederaufbau der Lagerbestände, die in der Krise stark zurückgefahren worden waren, und am Slow Steaming und den damit verbundenen längeren Transitzeiten. Die Importeure hätten sich früher als üblich mit Ware eingedeckt, um Kapazitätsengpässe und Verspätungsrisiken zu vermeiden, heißt es. Dieses Jahr könnte das wieder anders sein. So gehen der US-Einzelhandelsverband und das Beratungsbüro Hackett Associates davon aus, dass der Verkehr von Fernost zur Westküste Nordamerikas erst zum Herbst wieder auf zweistellige Wachstumsraten kommen wird.

Wie sich auch den Relets ablesen lässt, verlieren immer mehr Linienreeder die Geduld. Fünf Transpazifik-Dienste wurden bereits dichtgemacht, offenbar weil den Carriern die Verluste über den Kopf wuchsen. Den Auftakt machte CSAV, gefolgt von der inzwischen unter Gläubigerschutz stehenden Containership Company (TCC), Hainan PO/TS Lines und zuletzt Hyundai.

Die kleineren Charterschiffsegmente bieten aktuell ein gemischtes Bild. Im Bereich der Midsize-Tonnage zwischen 1.300 und 2.000 TEU herrscht nach Maklerangaben immer noch vergleichsweise hohe Aktivität in Asien, welche die Raten stützt. Wenchong-Typen (1.740 TEU nominal) erzielen noch 11.000 bis 11.500 US$ pro Tag je nach Periode und Position. Allerdings sind die Reeder angesichts der unsicheren Lage so erpicht auf Beschäftigung, dass sie bei den Vertragskonditionen Abstriche machen. So sind derzeit wieder flexible Perioden zu beobachten, die dem Befrachter die Rücklieferung des Schiffs nach einer festen Anfangsperiode freistellen. Beispielsweise sicherte sich CMA CGM die »Hansa Salzburg« (1.740 TEU) zu 11.500 US$ pro Tag für 6 bis 12 Monate. Ähnlich flexible Abschlüsse mit noch kürzeren Laufzeiten wurden für das 2.500-TEU-Segment gemeldet.

Bei den kleineren Feeder- und Handy-Typen zwischen 900 und 1.300 TEU Kapazität ist der Druck offenbar noch größer. Für die CV-1.100-Typen sind Abschlüsse unter 9.000 US$ wieder an der Tagesordnung – sofern überhaupt Schiffe geschlossen werden. Derzeit seien nur wenig aktive Befrachter im Markt, heißt es in Maklerkreisen.
Michael Hollmann