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Die Verlagerung von verderblichem Frachtgut wie Obst, Fleisch und Fisch in Reefer-Container schreitet ungebremst voran. Dies geht zu Lasten der Kühlschiffbetreiber, die den Container-Reedern Dumping-Preise vorwerfen.

Die britische Beratungsfirma Drewry rechnet in ihrem neuen Reefer Shipping Markt Review damit, dass die Con­tainerisierung im Kühlwarenbereich erst[ds_preview] ab 2015 an ihre Grenzen stoßen werde. Bis dahin dürfte der Marktanteil der Container-Carrier am Reefer-Ladungsaufkommen auf rund drei Viertel anwachsen. Bezogen auf die Frachtraumkapazität für verderbliche Ware werde der Anteil sogar auf 95 % zulegen, prophezeien die Experten. Der Verdrängungswettbewerb zwischen Container und Breakbulk-Reefer hat nun auch das Bananen-Segment mit voller Wucht erfasst. Das volumenträchtige Geschäft mit der gelben Frucht bildet noch das wichtigste Standbein vieler Kühlschiffsbetreiber. Gerade hat Maersk Line die Einführung eines reefer-lastigen wöchentlichen Direktverkehrs zwischen Ecuador und der Schwarzmeerregion angekündigt, der sich schwerpunktmäßig an die Bananen-Exporteure richten soll.

Als potenzieller Großkunde für den russischen Markt gilt die Handelsgruppe JFC, die ihre Importe allerdings schon vorher auf Container umgestellt hatte. Ein hohes Angebot an noch nicht containerisierter Importware finden die Dänen laut Branchenkreisen in der Ukraine mit ihren rund 49 Mio. Konsumenten vor. Im Verkehr zwischen Zentralamerika und Nordeuropa hat der US-Fruchthändler Chiquita kürzlich seine zwei konventionellen Liniendienste zu einem verschmolzen. Ein erklecklicher Anteil der bisherigen Mengen werde künftig bei MSC im Containerdienst nach Bremerhaven gebucht, wird spekuliert.

Die Zeichen der Zeit sind so eindeutig, dass die konventionellen Reefer-Reeder sich kaum mehr trauen, zu investieren. So ist das Neubau-Orderbuch für konventionelle Reefer-Tonnage laut Drewry erstmals auf null geschrumpft. Angesichts der gesunkenen Frachten rentiert sich der Betrieb gerade älterer Schiffe ohnehin nicht mehr, so dass immer mehr von ihnen zur Verschrottung nach Asien verkauft werden. Von 2008 bis 2010 seien pro Jahr durchschnittlich 36 Einheiten abgewrackt worden. Sollte dieser Trend – wovon zunächst einmal auszugehen ist – anhalten, werde sich die weltweite Reefer-Flotte bis 2015 von derzeit 691 auf dann nur noch 476 Frachter verringern. Die Reeder können sich den Experten zufolge Hoffnung machen, dass sich die Situation dann stabilisiert. So gebe es nach wie vor bestimmte saisonale Verkehre mit hohen Volumina (Zitrusfrüchte, Fisch etc.), die mit spezialisierten Schiffen günstiger abgefahren werden könnten als im Container.

Dieses Nischengeschäft werde nur deutlich kleiner als früher sein, so Drewry. Allerdings sei nicht ausgemacht, dass das verstärkte Reefer-Geschäft den Containerlinien kurz- bis mittelfristig wirklich Freude bereiten wird, warnt Drewry-Beraterin Susan Oatway. »Die Linien stehen bei der Preisbildung vor einem Dilemma«, erklärt sie. Die Carrier seien auf eine hohe Auslastung ihrer Reefer-Plugs und Kühlcontainer angewiesen, damit sich die Investitionen überhaupt rechnen. So schnell wie die Kapazitäten derzeit wachsen, dürften die erzielbaren Frachtraten aber wie im normalen Stückgutbereich unter hohem Druck stehen.

Der an der Londoner Börse notierte Kühlschiffbetreiber Star Reefers wirft den Container-Reedern bereits Dumping-Preispolitik vor. Die Branche sei konfrontiert mit »unhaltbar niedrigen Preisen, mit denen sich die Containerlinien Marktanteile und Marktdominanz erkaufen wollen«, warnte die Firma ihre Aktionäre bei der Vorlage der Halbjahreszahlen. Dabei hatte das Jahr eigentlich gut begonnen. Im ersten Quartal zogen die Durchschnittsraten der Kühlschiffe deutlich über Vorjahresniveau an. Im zweiten Quartal stürzten die Raten dafür umso tiefer, was Marktteilnehmer auch auf einen Nachfrageeinbruch in Folge der Unruhen in Nordafrika und dem Nahen Osten zurückführen.

Auf den Routen ins Mittelmeer sei viel Ladung weggefallen, »das war ein absoluter Einbruch«, berichtet ein Hamburger Befrachtungsmakler, der die Situation als »weiterhin sehr angespannt« bezeichnet. »Bei durchschnittlichen Spotraten von 50 bis 60 US-Cent pro Kubikfuß können die älteren kleinen Schiffe nicht einmal ihre Betriebskosten decken«, so der Experte. Wegen der dürftigen Beschäftigungslage seien in der ruhigen Sommersaison weltweit rund 50 Kühlschiffe aufgelegt worden – eine im Vergleich zu früheren Jahren recht hohe Anzahl.

Gleichwohl gibt es für die konventionellen Carrier seit ein paar Wochen wieder Hoffnungsschimmer. Für langfristige Zeitchartern hätten Befrachter bei den jüngsten Abschlüssen wieder tiefer in die Tasche greifen müssen. So sollen einige Schiffe im Karibik-Europa-Verkehr für mehrere Jahre zu rund 85 US-Cent pro Kubißkfuß aus dem Markt gegangen sein. Die Reeder, deren Schiffe zum Teil noch gut zahlende Verträge aus den Vorjahren abfahren, hoffen kurzfristig auf weitere Steigerungen. Die alten Raten sind noch nicht in Reichweite. Vor vier Jahren hätten sie für große moderne Reefer-Schiffe noch mehrjährige Beschäftigung zu 100 US-Cent pro Kubikfuß bekommen, berichten Makler.


Michael Hollmann