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Die auf der Fassmer-Werft gebaute »Rainbow Warrior III« soll weltweit zum Einsatz

kommen. Beim Bau des Motorseglers haben die Umweltaktivisten innen wie außen

auf ein »grünes« Design geachtet.

Passend zum 40. Geburtstag der Umwelt­organisation Greenpeace wurde Mitte Oktober auf der Fassmer-Werft nach Abschluss der Probefahrten die[ds_preview] neue »Rainbow Warrior« mit der Baunummer 4030 getauft. Bei der Feier anwesend waren nicht nur Harald Fassmer, Geschäftsführer der Werft, Ulrich von Eitzen, Projektleiter Greenpeace International, sowie Kumi Naidoo, Geschäftsführer von Greenpeace International und der erste Südafrikaner am Kopf der Organisation, sondern auch die beiden Kapitäne Mike Fincken und Joel Stewart. Zugegen war auch Grace O’Sullivan, Crewmitglied der ersten »Rainbow Warrior«, die 1985 bei einem Anschlag des französischen Geheimdienstes zerstört wurde. Als Taufpatin fungierte die kanadische Greenpeace-Aktivistin Melina Laboucan Massimo, die dem Indianervolk der Cree angehört und sich in ihrer Heimat unter anderem an Kampagnen gegen die Ölverschmutzung beteiligt.

Nach der Taufe führte die Jungfernfahrt das 57,92 m lange, 11,3 m breite und rund 5 m tiefgehende Segelschiff nach Hamburg, dem deutschen Hauptsitz von Greenpeace. Auf der Elbe wurde sie von der »Beluga II«, dem Schiff von Greenpeace-Deutschland und der Greenpeace-Schlauchbootflotte in Empfang genommen. Anschließend gab es an der Überseebrücke für die Besucher eine erste Gelegenheit, das neue Aktionsschiff zu besichtigen. Ende Oktober verließ der Neubau Hamburg in Richtung Amsterdam, dem Hauptsitz von Greenpeace International und dem Heimathafen des Schiffes. Auf dem Weg dahin nahm das Schiff schon an seiner ersten Aktion am RWE-Kohlekraftwerk im niederländischen Eemshaven teil. Um gegen den Bau des größten Kohlekraftwerks des Landes zu protestieren, reisten deutsche wie niederländische Umweltschützer zum Kraftwerk und überreichten den Mitarbeitern vor Ort eine Petition gegen den Bau. Dabei sollte das neue Schiff die Kraftwerksbetreiber dazu inspirieren, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Nach dem folgenden Besuch in Amsterdam stellte sich das Schiff noch in London und in Kopenhagen vor. Der erste größere Einsatz wird demnächst in südamerikanischen Gewässern erfolgen.

Es ist das erste Schiff, das sich die Umweltschützer komplett nach eigenen Wünschen bauen ließen. Das neue Flaggschiff, dessen Stahlrumpf auf der polnischen Maritim-Werft in Gdansk entstand, ist mit einer umweltfreundlichen Technik ausgerüstet und so konstruiert, dass es hauptsächlich als Segelschiff verwendet werden kann. Neben dem reinen Segelbetrieb ist es möglich, die »Rainbow Warrior« mit einem diesel-elektrischen Antrieb bis zu einer Geschwindigkeit von 10 kn zu fahren (siehe S. 18). Während der Probefahrten wurden unter Segeln Geschwindigkeiten von mehr als 14 kn erreicht. Die rund 54 m hohen Aluminiummasten im A-Rahmen-Design und die 1.256 m2 Segelfläche, verteilt auf fünf Stagsegel, sind auf höchste Effizienz ausgerichtet. Die Bedienung der vollautomatischen Segeltechnik erfolgt von zwei Steuerkonsolen zu jeder Schiffsseite. Das Schiff verfügt weiterhin über eine biologische Abwasseraufbereitungsanlage, zwei Schlauchboote und zwei schnelle Aluminium-Einsatzboote mit Hybridantrieb sowie einen Landeplatz für Helikopter mit einem Gewicht von bis zu 3 t. An den Bau des Schiffes hat Greenpeace hohe technische, aber auch umweltgerechte Anforderungen gestellt. So durften kein PVC und kein Tropenholz verarbeitet werden. Für den Unterwasseranstrich wurden schadstoffarme Anstriche verwendet.

Eingebaut wurden an Bord Einrichtungen zur Trinkwassererzeugung und auch eine biologische Abwasserbehandlungsanlage. Für die Aufnahme von Grau- und Schwarzwasser steht ein Tank mit einem Volumen von 59 m3 zur Verfügung. Die gesamte Beleuchtung, einschließlich der Navigationslichter, ist mit energiesparender LED-Technik ausgestattet. Die Navigations- und Funkausrüstung entsprechen den Anforderungen für einen weltweiten Einsatz. Dazu trägt auch die Satellitenanlage und das Fleet Broadband bei, die eine schnelle und umfangreiche Daten- und Telefonübertragung ermöglicht. Zusätzlich wurde ein LAN- und WLAN-Netzwerk eingerichtet.

Direkt hinter der Brücke befindet sich der sogenannte »Kampagnen-Raum« mit einer Größe von 23,4 m2, weiterhin verfügt das Schiff über einen 67 m2 großen Konferenzraum mit Beamer und Sitzmöglichkeiten für bis zu 50 Besucher. In 17 Kabinen finden bis zu 32 Personen Unterkunft, inklusive Waschbecken und Dusche. Weiterhin steht ein kleines Hospital für den Notfall zur Verfügung.

Die erste »Rainbow Warrior« kam 1978 für eine Kampagne von Greenpeace gegen den isländischen Walfang zum Einsatz. In den folgenden Jahren hatte die Crew mit vielen Unwägbarkeiten zu kämpfen. Sie wurden mit Harpunen beschossen, widerrechtlich in Gewahrsam genommen, von einem französischen Marineschiff gerammt, als Greenpeace gegen die Entladung japanischen Atommülls im französischen La Hague protestierte. Zu trauriger Berühmtheit gelangte die »Rainbow Warrior« 1985 durch einen Anschlag des französischen Geheimdienstes. Das Schiff wurde zerstört und der Greenpeace-Fotograf Fernando Perreira dabei getötet. Mit einem Teil der Entschädigung von 8 Mio. $ kaufte Greenpeace im Jahr 1989 den ehemaligen englischen Fischkutter »Grampian Fame«, der nach einem Umbau zum Dreimaster als zweite »Rainbow Warrior« aktiv eingesetzt wurde – so zum Beispiel bei Kampagnen gegen die französischen Atomtests. Auch dabei wurde das Schiff von der französischen Marine gerammt und unter Einsatz von Tränengas und Gewalt geentert. Bis vor kurzem war das fast 60 Jahre alte Schiff für Greenpeace auf den Weltmeeren unterwegs. Dabei protestierte die Crew nicht nur, sondern transportierte auch Nahrung und Hilfsgüter für Hilfsorganisationen in Katastrophengebiete, wie beispielsweise nach dem Tsunami in Südostasien.

Die neue rund 23 Mio. € teure »Rainbow Warrior« wurde durch über 100.000 Einzelspenden finanziert. Dabei konnten die Spender festlegen, für welches Schiffsteil oder welchen Einrichtungsgegenstand ihr Geld verwendet werden sollte. Das Schiff soll nun weltweit im Kampf gegen Umweltzerstörung und Walfang eingesetzt werden und die bisherige »Rainbow Warrior« ersetzen. Diese wurde am 16. August 2011 von Greenpeace an die Nichtregierungsorganisation Friendship übergeben. Nach 22 Jahren im Dienst von Greenpeace fährt dieses Schiff nun unter dem Namen »Rongdhonu«, dem bengalischen Wort für »Regenbogen«. Friendship baut das Schiff zu einer schwimmenden Versorgungsstation um. In Bangladesch soll sie dann in schwer zugängliche Gebiete vordringen, wo die Menschen bereits heute die Auswirkungen der Klimaveränderung spüren. Das schwimmende Krankenhaus wird Erste Hilfe, Arzneimittel und ärztliche Unterstützung zur stark gefährdeten Bevölkerung bringen, die bislang wenig oder keinen Zugang zu medizinischer Grundversorgung hat.


Christian Eckardt