WSV begrüßt jüngsten Flottenzuwachs

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Die Taufe eines weiteren Lotstentenders fand Anfang Dezember bei A&R statt. Zudem stellte die Werft die Weiterentwicklung von SWATH zu SWASH vor.

Am 1. Dezember 2011 taufte die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) ihr jüngstes[ds_preview] Flottenmitglied in Lemwerder bei der Bauwerft Abeking & Rasmussen (A&R) auf den Namen »Groden«, benannt nach einem Cuxhavener Ortsteil. Gleichzeitig stößt mit dem Neubau das achte Schiff in SWATH- (Small Waterplane Area Twin Hull)-Bauweise zu den deutschen Seelotsen. Getauft wurde das Versetzboot von Edelgard Lemke, die den Taufspruch aussprach und die obligatorische Champagnerflasche an einem Poller an Deck des Tenders zerschellen ließ und nach altem Schiffsbrauch den abgebrochenen Hals der Taufflasche an den Kapitän der »Groden«, Uwe Rautenberg, übergab. Die 59-jährige Mitarbeiterin der WSV wird von den Lotsen liebevoll »Mama Pilot« genannt, denn jede Bewerbungsmappe bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord geht über ihren Schreibtisch: »Für mich ist diese Paten­schaft eine ganz besondere Anerkennung meiner Arbeit mit den angehenden und fertigen Lotsen.«

Die »Groden« soll im Elbe- und bei Bedarf auch im Weser-Revier Dienst tun. Der 25,65 m lange und 14,26 m breite Neubau muss hier die Vertretung des 1999 gebauten Vorgänger SWATH-Schiffes »Duhnen« übernehmen. Das war kürzlich beim Übersetzen eines Lotsen auf ein Containerschiff bei 4 m hoher See in der Elbmündung stark beschädigt worden. Verletzt wurde dabei glücklicherweise niemand. Seit Ende November 2011 werden in der Werfthalle von A&R die Reparaturen ausgeführt. Der Geschäftsführer des Lotsbetriebsvereins Elbe, Andreas Schoon, hofft, dass das Boot im Januar wieder zum Einsatz kommen kann.

Die Anforderungen an die relativ kleinen Versetzeinheiten und ihre Mannschaften sind erheblich. Allein mit der »Duhnen« sind seit ihrer Indienststellung vor rund zwölf Jahren 222.400 Versetzungen durchgeführt worden. Aufgrund des wieder zunehmen­den Schiffsverkehrs lag die Zahl der Versetzungen im vergangenen Jahr bei 27.643 für die Elbe-Range.

»Es ist ein stabiles, robustes Arbeitssystem«, betonte der Sprecher der Lotsenbrüderschaft Elbe, Kapitän Albrecht Kramer. Anlässlich der Übergabe und Taufe dankte er den Behörden und der Werft für das neue Fahrzeug. Laut Kramer hat das SWATH-System sich auch vor dem Hintergrund der verringerten Kosten bestens bewährt. Gegenüber den vier bereits seit Jahren in Betrieb befindlichen Schiffen »Duhnen«, »Döse«, »Borkum« und »Wangerooge« wurden bei der neuen »Groden« weiterentwickelte MTU-Motoren und ein verbesser­tes Brückenlayout eingebaut.

Motoren weiterentwickelt

»Die Schiffe sind zwar gleich und doch nicht gleich«, erklärt A&R-Vorstandsmitglied Karsten Fach: »Raum für Verbesserungen ist immer vorhanden, und die haben wir in die ›Groden‹ einfließen lassen.«

Wie seine Vorgänger hat auch der neue Lotsentender einen diesel-elektrischen Antrieb. Erhielten diese noch MTU-Dieselmotoren der Baureihe 2000 PLD, so kamen auf der »Groden« erstmalig weiterentwickelte 12-Zylinder-MTU-Dieselmotoren vom Typ 12V2000 M72 mit Common-Rail-System zum Einbau, die jeweils eine eingestellte mechanische Leistung von 820 kW bei 2.100 U/min an die Generatoren von AEM (Anhaltische Elektromotorenwerk in Dessau) abgeben. Bei diesen Motoren handelt es sich um eine komplette Neuentwicklung.

Im Sinne einer kontinuierlichen Leistungsabstufung wurde für die Baureihe 2000 CR ein Baureihenkonzept mit 8-, 10-, 12- und 16-Zylinder-Motoren in V-90°-Bauweise umgesetzt. Wegen der beabsichtigten Leistungssteigerung auf 112 kW (bzw. 121 kW) pro Zylinder (2000 PLD: 93 kW) musste der Hubraum von 1,99 l auf 2,33 l pro Zylinder angehoben werden. Dazu wurden Bohrung und Hub vergrößert, von 130 x150 mm auf 135 x156 mm.

Mit diesen entwicklungstechnischen Maßnahmen konnte eine Leistungssteigerung von vormals maximal 1.492 kW bei 2.350 U/min auf nun 1.790 kW (1.940 kW) bei 2.450 U/min erreicht werden. Gleichzeitig schafften die Friedrichshafener Entwickler eine Reduzierung des spezifischen Kraftstoffverbrauchs um rund 6 %. Die mit einer Registeraufladung aufgeladenen und ladeluftgekühlten Motoren erhielten, je nach Zylinderzahl, zwei bzw. drei Turbolader. MTU ist auch Lieferant des Motorüberwachungssystems Callosum-MC. Es überwacht und steuert die Antriebsanlage, die Bordaggregate sowie alle weiteren möglichen Sub-Systeme des Schiffes.

Der AEM-Elektro-Fahrmotor gibt die angeforderte Antriebsleistung über ein Wende-Untersetzungsgetriebe von Reintjes an je einen Schaffran-Festpropeller ab. Komplett ausgerüstet erreicht die »Groden« eine Geschwindigkeit von 18 kn. Die umfangreiche Bordelektrik wurde von IS Interschalt installiert. Für eine bessere Manövrierfähigkeit kommt erstmalig bei einem deutschen Lotsenversetztender in beiden Schwimmkörpern je ein Querstrahler von Jastram zum Einsatz.

Der Germanische Lloyd klassifizierte die »Groden« nach GL • 100 A5 HSDE OC3, PILOT TENDER, GL • MC AUT. Abeking & Rasmussen drückte dem Schiff die Typ-Bezeichnung in Form von SWATH@A&R auf.

Von SWATH zu SWASH

Inzwischen wurden mehr als 20 Schiffe mit dieser bis zu 60 m langen Doppel-Rumpfform abgeliefert oder befinden sich zurzeit im Bau. Nun will die Werft ein neues Einsatzfeld erschließen und eine kleinere Variante für den Einsatz von Polizei, Zoll, Lotsen oder Offshore-Windparks in Küstengewässern bauen. Dabei stehen weitere Reduzierungen bezüglich Widerstand, Antriebsleistung und damit verbunden Kraftstoffverbrauch und CO2-Emission im Fokus. Doppelrumpfschiffe mit einer Länge von 20 m will A&R aber nicht bauen. »Da passt einiges nicht mehr«, sagt Vorstandsmitglied Karsten Fach. »Es wäre zu schwer für die Größe. Und die gewünschte Sicherheit und Seetüchtigkeit wollen wir natürlich optimieren.«

Die Konstrukteure von A&R haben das SWATH-Konzept weiterentwickelt und das Ergebnis »SWASH@A&R« (Small Waterplane Area Single Hull) getauft: ein 20 m langes Schiff mit nur einem der bewährten Rümpfe aus der »SWATH@A&R«-Reihe. Dort hinein kommt der Antriebsmotor. Um dem »Einrumpf«-Schiff Stabilität zu geben, erhält es zwei seitliche Ausleger, ähnlich einem Trimaran.

Schiffe dieses Typs gibt es bislang nur auf dem Papier. Die Ergebnisse der Computersimulationen waren nach Angaben von Karsten Fach erfolgversprechend, sodass mit der Realisierung begonnen werden kann. »Wir werden zeigen, wie das Prinzip funktioniert.« Im Anschluss an die Taufe der »Groden« wurden die Gäste Zeugen der Kiellegung der ersten »SWASH@A&R«. Dazu wurde die Baunummer 6496 in den Alu-Rumpf geschlagen sowie ein Rohr mit der Kiellegungsurkunde an einem Spant im Schwimmkörper verschweißt. Das Schiff wird Karsten Fach zufolge zunächst auf eigene Rechnung gebaut. Nächstes Jahr im Herbst sollen Interessenten das fertige Schiff in Augenschein nehmen können.

Am Rande der Taufe äußerten sich Karsten Fach und Vorstandskollege Erich Bischoff zur Auslastung der Werft. Demnach ist die »Überlast« der vergangenen Monate mit Unterstützung von Leiharbeitnehmern abgearbeitet. Mit vorliegenden Aufträgen sei die Werft bis ins dritte Quartal 2014 gut ausgelastet. Die Kapazitäten könnten aber auch noch erhöht werden. A&R beschäftigt zurzeit 430 Mitarbeiter, darunter 44 Auszubildende.