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Europäische Unternehmen wollen auf der Leitmesse dem Konjunkturabschwung trotzen

Während die Vorbereitungen zur SMM 2012 Anfang September auf Hochtouren laufen, steht der europäische Schiffbau unter Druck: 2011 überstieg die[ds_preview] Zahl der Ablie­ferungen, bezogen auf die Tonnage, mit ca. 2,45 Mio. CGT zum vierten Mal in Folge die Menge der Bestellungen (1,8 Mio. CGT). Damit schrumpfte das Orderbuch inner­halb von fünf Jahren auf ein Drittel (rund 5,7 Mio. CGT). Dennoch ist die Bedeutung der Industrie für Europa beträchtlich – immerhin beträgt der Umsatz der Branche mit europaweit mehr als 500.000 Beschäftigten 80 Mrd. € pro Jahr.

Nun haben der europäische Werftenverband CESA (Community of European Ship­yards Associations) und der Zulieferverband EMEC (European Marine Equipment Council) angekündigt, eine gemeinsame Interessenvertretung für die maritime Schiffbau­industrie zu gründen. In dem neuen Verband werden nach dem in Kürze erwarteten Zusammenschluss nahezu 100 % der maritimen Industrie aus 18 Ländern vertreten sein.

Unterdessen fokussiert sich die europäische Schiffbauindustrie immer stärker auf den Bau technologisch anspruchsvoller Schiffstypen: So haben sich die Meyer Werft und der italienische Wettbewerber Fincantieri auf den Kreuzfahrtschiffbau spezialisiert, STX Europe baut in Norwegen außerdem Fähren, Offshore-Versorger und Marineschiffe. Die deutsche Werft Sietas und Crist aus Polen arbeiten an Offshore-­Errichterschiffen, während die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft diesen Sommer ihre vierte Seatruck-Fähre fertigstellt und u. a. Aufträge für zwei Schwerlastschiffe in den Büchern hat. Nordic Yards baut für Siemens die dritte Offshore-Konverterplattform. Und ein interessantes Aufgabenfeld tut sich zudem bei LNG-Tankern auf. Die Experten der Deutschen Shipping erwarten hier mittelfristig einen signifikanten Bedarf. Die Industrie hat schon reagiert: Die Meyer Werft wird Ende des Jahres ihren ersten LNG-Tanker an die niederländische Reederei Anthony Veder abliefern. Das Geschäftsprinzip der niederländi­schen Damen-Gruppe, die unter anderem auf Schlepper und Offshore-Versorger spezialisiert ist, gilt stellvertretend für die ganze Branche: »Wir operieren in jedem Nischenmarkt, denn wenn wir die Gelegenheit haben, uns zu verbessern, innovativ zu sein oder zu investieren, ergreifen wir sie.«

Globale Orientierung

Die Hamburger SMM findet in diesem Jahr zum 25. Mal statt. Zur Jubiläumsausgabe der maritimen Weltleitmesse werden auf rund 90.000 m2 Ausstellungsfläche mehr als 2.000 Aussteller aus über 60 Ländern und mehr als 50.000 Fachbesucher erwartet.

Auch 2012 werden europäische Unternehmen wieder prominent vertreten sein: Gemessen an der gebuchten Fläche liegt Deutschland an der Spitze, gefolgt von den Niederlanden, Norwegen und Großbritannien. Die Volksrepublik China, Weltschiffbaunation Nummer eins, folgt auf Platz fünf und hat hier Dänemark (auf Platz sechs) bereits überholt.

Die Aussteller begegnen auf der Messe nicht nur ihren Wettbewerbern und Geschäftspartnern, sondern auch mögliche Kunden aus aller Welt. »Die SMM ist so global ausgerichtet wie die maritime Branche«, sagt Peter Bergleiter, Geschäftsbereichsleiter des Veranstalters Hamburg Messe und Congress (HMC). Deutschlands Schiffbau- und Offshore-Zulieferer etwa nehmen weltweit eine Spitzenposition ein und machen rund drei Viertel ihres Umsatzes außerhalb des Landes. Ein neuer Schwerpunkt der Zulieferindus­trie ist der energie- und kostensparende Betrieb von Schiffen und Offshore-Anlagen. Hier hat die deutsche Industrie einen technologischen Vorsprung zu verteidigen. »Die Entwicklungen am Antriebsstrang und speziell am Motor liefern dazu exzellente Beispiele«, sagt Klaus Deleroi von MAN Diesel & Turbo.

Auf der SMM 2012 werden nicht nur die deutschen Aussteller auf diesem Gebiet Innovationen präsentieren können. Das gilt auch für die asiatischen Wettbewerber: So werden neben zahlreichen Unternehmen aus China die beiden größten Schiffbaugruppen CSIC und CSSC vertreten sein. Außerdem dabei: der koreanische Werftenverband Koshipa und ein großer koreanischer Pavillon mit Zulieferfirmen. Neben japanischen Werften präsentiert sich der Zuliefererverband JSMEA. Die Schiffbaustandorte China, Südkorea und Japan repräsentieren nach Berechnungen der Branchenanalysten von Clarkson Research auf Tonnagebasis nahezu 90 % des weltweiten Orderbuchs.

Sicherheit im Fokus der Messe

Am Vortag der Messe, dem 3. September, findet bereits zum vierten Mal das Ship ­Finance Forum statt, veranstaltet von HMC und der »Financial Times Deutschland«. Der gmec-Kongress am 3. und 4. September ist als Premium-Event zum zweiten Mal fester Bestandteil des Programms.

Der 4. und 5. September ist u. a. der Konferenz MS&D (International Conference on Maritime Security and Defence) vorbehalten, die in diesem Jahr wieder in die SMM integriert wird. Der erste Tag steht unter dem Motto des Panels »Wandel der maritimen Umwelt«, mit Analysen zur Lage der maritimen Sicherheit und Verteidigung, zu den Auswirkungen des Klimawandels und zu sicherheitspolitischen Implikationen der dynamischen Entwicklung des Offshore-Sektors u.a. auch in der Arktis. Der zweite Konferenztag startet mit dem Themenblock »Sicherheit der maritimen Logistikketten«, der den aktuellen Stand und die zukünftige Entwicklung hinsichtlich Technik und Sicherheit beleuchten wird – und dabei auch die Thematik so­genannter asymmetrischer Bedrohungen durch Piraterie und Terrorismus. Das Panel drei soll einen Ausblick auf die künftigen Möglichkeiten des maritimen Sektors geben. Die ökonomischen Potenziale stehen hier im Vordergrund. Fachleute diskutieren die Chancen, die in einem Zusammenwachsen des zivilen und des militärischen Bereichs liegen. Vorgestellt wird ferner die technische Gestaltung eines »Schiffs der Zukunft«. Den Abschluss der diesjährigen Messe macht am 6. September der SMM Offshore Dialogue.