Werften spüren starken Gegenwind

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Der Auftragseingang für die erfolgsverwöhnte chinesische Schiffbauindustrie, eine Zeit lang die Nummer[ds_preview] eins in der Welt und nun wieder hinter den Konkurrenten Südkorea auf den zweiten Rang zurückgefallen, zeigt weiter bedenklich nach unten. Nach Angaben des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie ist mit 10,74 Mio. dwt in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres 50,3 % weniger neue Tonnage akquiriert worden als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Im ersten Halbjahr 2012 lieferten Chinas Schiffbauer Neubauten mit zusammen 32,2 Mio. dwt ab. Das ist zwar ein Plus von 4,2 % gegenüber den entsprechenden Monaten 2011, aber der Auftragsbestand schrumpfte mit Stand von Ende Juni auf nur noch 125,87 Mio. dwt. Dies waren 30,7 % weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres und bedeutet rein rechnerisch noch Arbeit für 1,8 Jahre, wobei die Situation der einzelnen Betriebe naturgemäß sehr unterschiedlich ist. »Der Schiffbauin­dustrie geht es immer schlechter«, wird ein nicht genannter Offizieller zitiert. »Die Regierung hat es versäumt, Instrumente zu schaffen, mit denen dieser Entwicklung entgegengewirkt werden kann.«

Wie prekär die Lage der chinesischen Schiffbauindustrie ist, wird deutlich an den fallenden Stahlpreisen als Folge der schwindenden Neubauaktivitäten. So ist der Preis für eine Tonne 20-mm-Schiffbaustahl in Ostchina nach Angaben eines dortigen Produzenten innerhalb von zwei Wochen auf 71 $ gefallen. Eine ganze Reihe mittlerer und kleiner Werften in den östlichen Provinzen Jiangsu und Zhejiang hätten inzwischen wegen fehlender Auftragseingänge ihre Tore schließen müssen. Insgesamt seien vor allem Werften bedroht, die sich ausschließlich auf den Schiffneubau konzentriert und es versäumt hätten, Reparatur und Umbau zu betreiben. So fehle ihnen ein wichtiges ausgleichendes Standbein. Auch für den Bau von Massengutschiffen, der bislang wesentlich zur Auslastung vieler Werften beigetragen habe, gebe es keine ins Gewicht fallende Zukunft mehr. Die liege beim Bau spezieller Schiffe, wie Öl- und Gastankern oder vermehrt bei Offshore-Fahrzeugen.

Im Zuge der sich anbahnenden krisenhaften Entwicklung der Branche suchen auch die bislang ebenfalls verwöhnten Stahlhersteller nach neuen Absatzmärkten, etwa dort, wo Offshore-Plattformen gebaut werden. Für die heimischen Werften prognostizieren sie mindestens für das laufende und kommende Jahr einen weiteren Rückgang.
HJW