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Technische Entwicklungen prägen den maritimen Brandschutz. Über Brandschutzmethoden und den aktuellen Stand nach dem Halon-Verbot berichtet Karl-Heinz Hochhaus

1. Einführung

Maßnahmen, die eine Entstehung bzw. Ausweitung eines Brandes verhindern, werden als vorbeugender oder passiver Brandschutz bezeichnet[ds_preview]. Neben baulichen Maßnahmen zur Begrenzung der Brandausbreitung, zum Ersticken des Feuers und zur Evakuierung der Menschen gehören auch die Aus- und Weiterbildung der Seeleute dazu [1]. Der aktive Brandschutz beinhaltet die Brandbekämpfung. Dazu gehören neben der Aus- und Weiterbildung der Seeleute die Feuermeldeeinrichtungen und die Feuerlöschanlagen.

Der passive und besonders der aktive maritime Brandschutz lassen sich nur teilweise mit den Maßnahmen an Land vergleichen, da die Schifffahrt – und noch mehr die Meerestechnik – vor ganz anderen Problemen steht. So sind schon beim Bau von Schiffen in den verschiedenen Bereichen wie Maschinenraum, Laderäumen und Aufbauten bzw. Unterkünften aufgrund unterschiedlicher Brandstoffe und -mittel (Tabelle 1) entsprechende Vorschriften der IMO bzw. der Klassifikationsgesellschaft und der Berufsgenossenschaft Verkehr (BG Verkehr) einzuhalten [3].

Die anspruchsvollsten Vorschriften gelten für Tanker (Inertgasanlagen) und hier wiederum für Chemie- und Gastanker. Im Bereich der Meerestechnik gelten die Öl- und Gasbohrinseln sowie die als FPSO-Einhei­ten (Floating Production Storage and Off­loading Unit) bezeichneten Schiffe für die Produktion und Lagerung von Öl und Gas als besonders gefährdet.

2. Passiver Brandschutz

Mit Schotten (Längs- und Querschotten) erhalten Schiffe wasserdichte Abteilungen, wobei den oberen Abschluss das Schottendeck bildet. Schotten und Decks sind passive Brandschutzkonstruktionen, da sie im Schiff Trennflächen darstellen, welche die Brandausbreitung begrenzen. Das gilt auch für Schotten oder Decks mit Durchgängen, wenn diese mit verriegelbaren Schott-Türen oder Luken (Brandschutztüren) verschlossen werden können. Zum passiven Brandschutz gehören auch die isoliertechnisch anspruchsvollen Fluchtwege, welche eingeschlossenen Menschen im Brandfall einen sicheren Ausweg bieten sollen [4].

Vor dem Bau von Schiffen sind der Klasse und gegebenenfalls der BG Verkehr neben dem Brandschutz- und Sicherheitsplan Zeichnungen der Trennflächenanordnung und Brandisolierung (Abb. 2) sowie Zeichnungen der Klima- und Lüftungsanlage zur Prüfung einzureichen. Da Schotten aus Stahl eine gute Wärmeleitung aufweisen, werden Brandschotten in Trennflächen vom Typ A und B unterschieden und entsprechend der IMO-Vorschriften mit Dämmstoffen isoliert und im Brandschutzplan eingetragen [5].

2.1 Inertgasanlagen für Tanker

Als Inertgas wird ein sauerstoff- und reaktionsarmes Gas oder Gasgemisch bezeichnet, mit dem laut Vorschriften die Lade- und Sloptanks von Tankern vorbeugend beim Löschen der Ladung zu füllen sind, um die Feuer- oder Explosionsgefahr zu be­grenzen [5]. Hintergrund sind Tankerunglücke während der Ballastreise in den 1970er Jahren – damals explodierten mehrere Rohöl- und Produktentanker mit leeren Ladetanks.

In der Atmosphäre der Lade- und Sloptanks darf der Sauerstoffgehalt den Wert von 8 % nicht überschreiten. Inertgas ist beispielsweise aus der Luft erzeugter Stickstoff oder gereinigtes und gekühltes Rauchgas, das von den Haupt- oder Hilfskesseln oder von unabhängigen Brenneranlagen erzeugt wird. Der Sauerstoffgehalt des Rauchgases bzw. Stickstoffs soll 5 % nicht überschreiten.

2.2 Ausbildung, Weiterbildung und Training

Die Aus- und Weiterbildung in den Schulungseinrichtungen an Land und besonders das regelmäßige Training an Bord gehört zum passiven und aktiven Brandschutz. Zur Brandabwehr auf Schiffen erwerben die Besatzungsmitglieder einen Feuerschutzschein [1]. Sie lernen dabei neben den Maßnahmen zur Brandverhütung und Brandbekämpfung auch die Wartung sowie Hand­habung von Feuerschutzausrüs­tungen zur Brandabwehr.

Neben der Theorie ist besonders die Praxis ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung, um Angst, Stress und Panik bei der Feuerbekämpfung an Bord vorzubeugen. Im Brandhaus werden Feuer entzündet und von jedem Teilnehmer mit verschiedenen Methoden gelöscht. Da bei der Brandabwehr ein Atemschutz notwendig ist, wird auch das Feuerlöschen unter Atemschutz trainiert.

3. Aktiver Brandschutz

Eine wichtige Rolle beim aktiven Brandschutz spielen die Feuermeldeanlagen [2, 3], die mit optischen und akustischen Signalen die Überschreitung von Grenzwerten anzeigen. Je früher ein Brand gemeldet, entdeckt und die Besatzung alarmiert (Abb. 3) wird, umso größer sind die Chancen, den Brand rechtzeitig zu löschen. Hat das Feuer jedoch eine kritische Ausbreitung überschritten, kann die Besatzung den Brand nicht mehr unter Kontrolle bringen (Abb. 1).

Ein ideales Feuerlöschmittel gibt es nicht. Daher werden bei der Feuerbekämpfung auf Schiffen verschiedene Löschmittel und Methoden eingesetzt. Mit der Abkühlung und Isolierung wird dem Feuer die notwendige Wärmeenergie oder das Brandmittel entzogen. Das gelingt besonders gut kurz nach Ausbruch des Feuers. Durch Verdünnen mit Kohlendioxid oder Stickstoff lässt sich die Konzentration des zur Verbrennung benötigten Sauerstoffs in geschlossenen Bereichen wie Laderäumen oder Maschinenräumen unter die kritischen Werte bringen; das Feuer erstickt.

3.1. Wasser

Zum Entzug der Wärme­energie (Kühlen) ist Wasser ideal und auf See zudem un­begrenzt verfügbar. Daher ist das gesamte Schiff mit Feuerlöschleitungen und entsprechenden Anschlüssen versehen. In der Nähe der Anschlüsse befinden sich die flexi­blen Schläuche mit Mehrzweckstrahlrohren (Abb. 4), damit der Brandherd sehr schnell erreicht werden kann. Bei heutigen Strahlrohren mit Mannschutzbrause zum Eigenschutz kann neben dem Vollstrahl auch ein Sprühstrahl eingestellt werden, der einen guten Kühlungseffekt erzielt. Eine zusätzlich vorgeschriebene Notfeuerlöschpum­pe (Abb. 5) wird beim Ausfall der Hauptversor­gung vom (Not-)Stromaggregat angetrieben [5].

Mit Wasser betriebene Sprinkleranlagen haben den Vorteil, dass sie aufgrund des Vordruckes und der speziellen Sprinklerköpfe beim Feuerausbruch selbsttätig mit der Brandbekämpfung beginnen. Dabei dienen die Sprinklerköpfe als thermischer Sensor. Sie sind durch Glasampullen verschlossen und mit einer gefärbten, die Auslösetemperatur (50–180 °C) anzeigenden Spe­zialflüssigkeit gefüllt (Abb. 6). Bei ca. 30 °C über der zu erwartenden Raumtemperatur zerspringen die Glasampullen. Da die Ampullen nur bei der Auslösetemperatur die Sprinklerdüsen öffnen, erfolgt automatisch eine Selektion der vom Brand betroffenen Abschnitte.

Wassernebelanlagen arbeiten mit hohen Drücken über 100 bar ebenfalls selbsttätig und erzeugen in speziellen Düsen einen feinen Wassernebel, wodurch ein sehr wirksamer Kühleffekt erreicht wird. Zur Reduzierung von Wasserschäden werden sie mit Frischwasser betrieben und vorwiegend in den Kabinen, Messen und Restaurants von Passagierschiffen eingesetzt. Sprühflutanlagen mit geringeren Drücken kommen vorwiegend auf den Fahrzeugdecks der RoRo-Schiffe und Autotransporter zum Einsatz. Sie arbeiten mit geringeren Drücken und größeren Wassermengen.

Sprinkler- oder Wassernebelanlagen mit der entsprechenden Sensorik werden nun auch auf den Balkonen von Passagierschiffen (Abb. 7) verwendet, nachdem sich auf dem Kreuzfahrtschiff »Star Princess« im März 2006 ein Feuer über die Schiffsbalkone auf über 100 Kabinen ausgeweitet hatte. Ein Passagier kam dabei ums Leben, elf weitere Reisende erlitten Rauchgasvergiftungen.

Bei Schaumfeuerlöschanlagen wird mit Wasser und einem Schaummittel gearbeitet. Je nach Verschäumung (20- bis 1.000-fach) wird zwischen Schwer-, Mittel- und Leichtschaum unterschieden. Durch den Löschschaum werden mehrere Löscheffekte ausgenutzt. Neben einer geringen Kühlwirkung wird das Feuer erstickt, da die Schaumentwicklung Luft verdrängt wird, der Schaum das Feuer abdeckt und zwischen Flamme und Luft fließt. Diese Eigenschaften sind ideal für die Brandlöschung von flüssigen Brennstoffen. In Abb. 8 wird eine Löschstation für ein komplexes Hybrid-Feuerlösch­system gezeigt, das aus einem Druckwassersprühsystem mit Schaummittelbeimischung besteht. Es wird vorwiegend auf neuen Marineschiffen verbaut bzw. als Halonersatz bei älteren Marineschiffen nachgerüstet und zum Brandschutz in Maschinenräumen und Hangars für Hubschrauber eingesetzt.

3.2. Pulverfeuerlöscher

Die Trennung von Feuer und Luftsauerstoff kann bei der richtigen Anwendung des Pulverfeuerlöschers (Abb. 9) zu einem sehr schnellen Verlöschen führen. Die kleinen Körner des Löschpulvers verhindern die für den Brandvorgang notwendige chemische Reaktion. Allerdings wird dieser Vorteil durch den Nachteil einer hohen Staubbeläs­tigung erkauft. Die anschließende Reinigung der technischen Anlagen und hier besonders von elektrischen und elektroni­schen Anlagen ist sehr aufwendig.

3.3. Kohlendioxid (CO2)

Wird der Sauerstoffanteil der Luft durch Verdünnung mit CO2 unter den für die Verbrennung notwendigen Wert von etwa 15 % gesenkt, beginnt das Feuer zu ersticken. Wenn weiterhin kein Sauerstoff mehr zugeführt wird, erfolgt ein sicheres Verlöschen des Feuers. Voraussetzung dafür sind geschlossene Räume, daher wird diese Methode vorzugsweise für Laderäume und Maschinenräume vorgesehen.

Zudem sind die Folgeschäden im Vergleich zu anderen Löschmitteln wie Wasser, Schaum oder Pulver gering – damit ist CO2 zur Anwendung in geschlossenen Räumen in der Schifffahrt ein ideales Feuerlöschmittel. Das CO2 befindet sich beim CO2-Hochdruck-Feuerlöschsystem in Druckflaschen (ca. 60 bar), die in separaten Räumen aufgestellt sind (Abb. 10) oder seltener bei dem CO2-Niederdruck-Feuerlöschsystem in ei­nem gekühlten Drucktank (ca. 20 bar).

4. Feuerlöschmittel nach dem Halonverbot

Chemische Löschmittel sind für Menschen und Tiere ungefährlicher als die herkömmlichen Gaslöschmittel. Sie bewirken einen Wärmeentzug aus der Flamme. Das chemische Löschmittel Halon ist seit 2004 für zivile Anwendungen verboten, da es die Ozonschicht zerstört. Als Halonersatz wurden Löschmittel mit ähnlichen Eigenschaften von Herstellern wie etwa 3M, DuPont und Solvay Fluor entwickelt.

Novec 1230 ist ein eingetragenes Warenzeichen von 3M mit der ISO-Kennzeichnung FK-5-1-12. Es ist eine klare, farblose, fast geruchlose Flüssigkeit, die im Molekül Kohlenstoff, Fluor und Sauerstoff enthält. Novec 1230 wird als Löschmittel von verschiedenen Firmen wie beispielsweise Minimax (MX 1230), Kidde (KD1230) und Siemens (Sinorix 1230) genutzt. Es wird in stationären Feuerlöschanlagen eingesetzt, die Löschwirkung beruht auf dem inhibitorischen Löscheffekt (lat. inhibere; unterbinden). Das Molekül besitzt keine elektrische Leitfähigkeit. Es hat kein Ozonab-

baupotenzial (ODP=0) und von den bisher zugelassenen chemischen Löschmitteln besitzt es mit dem GWP-Wert=1 das gerings­te Treibhauspotenzial. In der Atmosphäre zerfällt es unter Sonneneinstrahlung innerhalb weniger Tage (Tabelle 2).

Unter der ISO-Bezeichnung HFC-227ea wird das chemische Löschmittel von Great Lakes Chemicals mit dem Markennamen FM-200 von den Unternehmen DuPont als FE-227 und Solvay Fluor als Solkaflam 227 angeboten. Es wird in Löschsystemen von z. B. Minimax (MX 200 Marine) und Siemens (Si­norix 227) verwendet. Mit einer ähnlichen Funktion wie das Löschmittel Novec 1230 wird durch Wärmeentzug eine schnelle Löschwirkung erzielt. HFC-227ea hat kein Ozonabbaupotenzial (ODP = 0) und besitzt ein Treibhauspotenzial von GWP = 3500.

Da beide Löschmittel elektrisch nicht leitend sind, erfolgt der Einsatz vorwiegend in sensiblen Bereichen wie in Maschinenkontrollräumen, Rechnerräumen und in Elektro-Schalträumen (Tabelle 2).

5. Zusammenfassung

Zum passiven Brandschutz gehören neben baulichen Vorschriften auch Maßnahmen zur Evakuierung der Menschen und die Aus- und Weiterbildung der Seeleute. Feuermeldeanlagen und Anlagen zur Bekämpfung des Feuers zählen zum aktiven Brandschutz. Als Löschmittel dienen Wasser, Schaum, CO2 und Pulver.

Auf Passagierschiffen werden selbsttätige Sprinkleranlagen und mit hohem Druck betriebene Wassernebelanlagen eingesetzt, die geringe Wasserschäden verursachen. Diese Löschverfahren werden neuerdings auch auf den bis vor kurzem als ungefährdet betrachteten Schiffsbalkonen verwendet. Auf Frachtschiffen finden in geschlossenen Räumen zunehmend Wassernebelanlagen Anwendung, in evakuierten Räumen ist CO2 ideal.

Nach dem Verbot des Feuerschutzmittels Halon wurden von der Industrie Ersatzlösungen angeboten. Sie setzen sich in der Schifffahrt jedoch erst langsam durch.


Karl-Heinz Hochhaus